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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers
Autoren: Megan McFadden
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stets so unbeweglichen Zügen einen leisen Widerhall fand. Es war viel zwischen ihnen gesagt worden, sie hatten einander vergeben, und Wilhelm hatte sich der sanften Bitte seiner Freundin nicht widersetzen können. Rodena, ihre gemeinsame Tochter, sollte mit dem Mann vereinigt werden, den sie liebte.
    „Kira wird uns begleiten“, sagte Thore zu Rodena. „In der Höhle am Bach wird sie eurer Göttin dienen, und wie ich dich kenne, wirst du sie oft dort besuchen.“
    Die Mönche spannten bereits dienstfertig den Wagen an, man sah ihnen an, wie erleichtert sie waren, dass der Zorn des Herzogs sich gelegt hatte. Mochte er diese verfluchte Druidin auch schützen – die Hauptsache war, dass er ein frommer Christ bleiben und das Kloster weiterhin fördern würde. Derweil würde der Abt mit seinen Mönchen für seine arme Seele beten, wie es seine Aufgabe war.
    Thore wartete, bis Wilhelm und seine Krieger den Hof verlassen hatten, dann hob er Rodena mit raschem Schwung auf seine Arme.
    „Was hast du vor?“, rief sie lachend.
    „Nun, das kommt auf dich an, meine süße Frau. Möchtest du reiten oder fahren, wenn wir jetzt nach Westen in unsere neue Heimat ziehen?“
    Sie blinzelte ihn missmutig an, denn sie ahnte, weshalb er fragte.
    „Ich werde vielleicht besser neben meiner Mutter auf dem Wagen fahren“, gestand sie. „Ich bin das Reiten noch nicht so recht gewohnt.“
    Lachend trug er sie zu dem Gespann hinüber und setzte sie hinauf. „Wenn wir miteinander allein sind, werde ich ein Mittel wissen, deine Schmerzen zu lindern“, murmelte er und küsste sie so heftig, dass die Klosterbrüder erschüttert die Blicke zum Himmel wandten. Würden diese Heiden jetzt endlich das Kloster verlassen?
    Erleichtert sahen sie, dass der große Wikinger auf den Wagen stieg und die Pferde antrieb. Rumpelnd und knarrend bewegte sich das Gefährt vom Klosterhof und nahm den Weg nach Westen, vorbei an Wäldern, die der Rauhreif mit glitzernden Eiskristallen geschmückt hatte, dem Bachlauf folgend, der unter einer dünnen Eisdecke leise rauschte und gluckste.
    Rodena hatte sich neben Thore gesetzt und schmiegte sich während der Fahrt zärtlich an seine Seite. Während er mit Feuereifer seine Pläne schmiedete, davon redete, dass man in Falaise Papia und Ubbe mitnehmen und dann gemeinsam die Festung wieder aufbauen würde, lauschte sie lächelnd auf das zufriedene Kichern ihrer Göttin.
    ***
    Ein Chor von Waldvögeln sang im dicht belaubten Gezweig über Sironas Heiligtum, gelbe Sumpfdotterblumen und bräunliche Schachtelhalme säumten das Bachufer, neben dem grauen Stein der Göttin reckten leuchtend grüne Farne ihre fedrigen Wedel. Nach einem langen, kalten Winter hatte der Frühling endlich an Kraft gewonnen, und der Atem der Göttin erfüllte Wald und Wiesen mit neuem Leben.
    Rodena und ihre Mutter waren mit Opfergaben und bunten Wiesenblüten zum Heiligtum gegangen, hatten ihre Geschenke vor dem Stein abgestellt, und danach hatte Rodena die Zeremonie für ihre Göttin vollzogen. Als sie wieder aus dem Bach stieg und ihr Gewand anlegte, war sie nachdenklich, denn Sironas Weissagungen waren vielfältig gewesen, Glück und Unglück, Tod und Leben würden ineinandergreifen und vieles, das ihnen bevorstand, würde kluge Entscheidungen fordern.
    Die beiden Frauen nahmen den schmalen Weg, der vom Heiligtum zur Burg führte, bogen vorsichtig die überhängenden Zweige der jungen Buchen beiseite und atmeten den Duft von Waldmeister und Spitzmorchel.
    „Er wird nicht mehr lange leben, nicht wahr?“, fragte Kira in bangem Ton. „Ich spüre es, Rodena. Wilhelm Landschwert geht seinem letzten Tag entgegen.“
    Rodenas Herz war schwer, doch sie konnte die Botschaft der Göttin nicht vor ihrer Mutter verheimlichen. Ja, sie hatte den baldigen Tod ihres Vaters gesehen, von Mörderhand würde er fallen, Opfer eines listigen Betruges. Sie würde ihn warnen, zur Vorsicht mahnen, doch sie ahnte, dass sie sein Schicksal nicht wenden konnte.
    „Er hat seine Liebe zu dir über all die Jahre bewahrt, Mutter“, sagte sie betrübt zu Kira. „Seine Liebe wird dich auch weiterhin umgeben und mit dir sein, solange du lebst.“
    Kira blickte schweigend zu den Baumwipfeln hinauf, die sich sacht im Wind bewegten. In ihrem Laub spielte das Sonnenlicht, ließ das Blattwerk silbrig schimmern und sandte gleißende Blitze zu ihr hinab, die in den Augen schmerzten. Durch Tränen hindurch sah sie ein Eichhörnchen, das wie ein roter Pfeil zum nächsten Baum
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