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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers
Autoren: Megan McFadden
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Lichts im kreisrunden Schacht, und als sie verwundert näher trat, stellte sie fest, dass das Brunnenwasser bis zum Rand der Ummauerung angestiegen war.
    Ein leises Plätschern und Glucksen war zu hören, die silbrige Oberfläche des Brunnenwassers bewegte sich, und Rodena hörte ihre Göttin in der Tiefe des Wassers fröhlich kichern.
    „Herrin ...“
    Der kleine Mönch musste sich räuspern, denn die Stimme versagte ihm. Die Aufgabe, die man ihm zugedacht hatte, war für ihn eine harte Prüfung, denn er fürchtete sich vor der schönen, schwarzhaarigen Frau.
    „Was willst du?“, gab Rodena unfreundlich zurück.
    „Ich … soll Euch die Kammer zeigen.“
    „Was für eine Kammer?“
    „Die Kammer für die Nacht, Herrin. Unser Herzog hat befohlen, dass Ihr Euch zur Ruhe legen sollt.“
    Sie machte eine ungeduldige Bewegung, dann fiel ihr ein, dass der Mönch nicht die Schuld an dem Starrsinn ihres Vaters trug, und sie beherrschte sich.
    „Meinetwegen.“
    Er ging hastig voraus, als wolle er vor ihr davonlaufen und führte sie in eine schmale Vorratskammer, die sich gleich neben der Klosterküche befand. Eine kleine Öllampe erleuchtete den winzigen Raum, Säcke, Töpfe und gefüllte Körbe standen umher, dazwischen hatte man Felle und Tücher ausgebreitet, von der Decke hingen getrocknete Kräuterbündel, Zwiebeln und allerlei anderes Zeug herab.
    „Der Abt bittet Euch, mit dieser bescheidenen Unterkunft vorliebzunehmen, denn das Kloster ist arm und auf den Besuch von Frauen nicht eingestellt.“
    „Schon gut“, sagte sie freundlich. „Vielen Dank und eine gute Nacht.“
    „Gesegnete Ruhe“, murmelte der Mönch und eilte erleichtert davon.
    Sie würde kein Auge zutun, dessen war sie sich sicher. Aufstöhnend lehnte sie den Rücken gegen die Tür, verschränkte die Arme vor der Brust und schloss verzweifelt die Augen. Wieder stürzten unzählige Fragen auf sie ein, Hoffnung wechselte sich mit tiefster Niedergeschlagenheit ab. Trotz der dicken Mauern vernahm sie immer noch die Geräusche der zechenden Krieger oben im Refektorium, nach einer Weile hörte sie das Läuten einer Glocke und die Schritte der Klosterbrüder, die an ihrer Tür vorbei in die Kirche liefen, um dort zu beten.
    Es konnte doch nicht so schwer sein, die Wachen vor Thores Gefängnis auf irgendeine Weise fortzulocken, um ihn zu befreien. Sollte sie es nicht wenigstens versuchen – alles war besser, als hier tatenlos herumzusitzen und den Dingen ihren Lauf zu lassen.
    Sie zuckte heftig zusammen, denn jemand hatte an die Tür geklopft.
    „Rodena!“
    „Mutter!“
    Vor Aufregung riss sie so heftig an der hölzernen Tür, dass sie sich verkeilte und sie beide eine Weile schieben und zerren mussten, um das Hindernis zwischen ihnen zu beseitigen. Dann lag Rodena in den Armen ihrer Mutter und schluchzte zum Steinerweichen. Alle Angst, alle Sorge, alle Verzweiflung flossen in diesem Augenblick des Wiederfindens aus ihr heraus, und Kira hielt sie geduldig und zärtlich umschlungen, streichelte ihr Haar und flüsterte ihr leise, tröstende Worte zu.
    „Komm“, sagte Kira dann. „Ich bin sehr müde. Lass uns schlafen und auf die Göttin vertrauen.“
    „Aber Thore wird sterben, wenn wir ihm nicht helfen ...“
    „Sei ohne Sorge, Kind.“
    Kira hatte sich schon auf das Lager gelegt, und Rodena verspürte jetzt eine solch tiefe Erschöpfung, dass sie sich an die Seite ihrer Mutter schmiegte, wie sie es als kleines Mädchen oft getan hatte. Der Schlaf hüllte sie ein wie eine weiche Decke, ließ alle Sorgen und Ängste in ihrem Inneren vergehen und zog sie tief hinab in sein dunkles, erlösendes Reich.
    Der schrille Klang der Kirchenglocke weckte sie am Morgen, und sie stellte fest, dass Kira nicht mehr neben ihr lag. Ein schwaches, kühles Licht fiel schräg durch eine winzige Mauerlücke in den kleinen Raum, nebenan waren Fußtritte und das scharrende Geräusch von Töpfen zu vernehmen, es roch nach einem Holzfeuer und angebranntem Gerstenbrei.
    Jemand klopfte sacht an der Tür, und sie begriff, dass es einer der Mönche sein musste, der für das Frühmahl Hafer und Gerste aus der Vorratskammer benötigte.
    „Komm herein“, sagte sie mürrisch. „Ich beiße nicht.“
    Die Tür wurde langsam aufgeschoben, ein sehniger Arm wurde sichtbar, und sie schrie leise auf.
    „Thore!“, hauchte sie.
    Sie fuhr vom Lager hoch und stürzte zur Tür, die er jetzt mit einem festen Ruck öffnete. Atemlos starrte sie ihn an, dann warf sie sich in seine
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