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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers
Autoren: Megan McFadden
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auf ihren Gesichtern zu sehen. Der Herzog war zornig geworden, weil sie eine Heidin gefangen gesetzt hatten! Wie konnte das sein? War Wilhelm Langschwert nicht überall im Land als guter Christ bekannt, der die Klöster förderte und den Unglauben bekämpfte? Selbst sein Vater Rollo – daran erinnerten sich noch die ältesten der Mönche – hatte einst eine Druidin verfolgen lassen. Und Rollo war noch ein halber Wikinger gewesen, der sich nur deshalb zum Christentum bekannte, weil sein Lehensgeber, der französische König Karl, es von ihm forderte.
    „Herr, stärke den Glauben unseres Herzogs und lass ihn nicht wieder zum Heiden werden“, hörte Rodena es leise murmeln.
    Wilhelm hielt sich jedoch nur kurze Zeit im Keller auf, schon bald erschien er wieder im Hof, gefolgt von dem Abt, dessen Gesicht allergrößte Verzweiflung ausdrückte. Die kurzen Befehle des Herzogs schufen Ordnung, beruhigten die Gemüter der aufgescheuchten Klosterbrüder jedoch nicht im Mindesten. Der Abt musste die Gefangene in seine eigene Klosterzelle führen, wo sie mit warmer Kleidung und den besten Speisen versorgt werden sollte. Der Wikinger wurde von Wilhelms Kriegern in den Keller geschleppt, um dort hinter Schloss und Riegel gesperrt zu werden, danach befahl Herzog Wilhelm, seine Männer im Refektorium wie gewohnt mit Speis und Trank zu bewirten. Er selbst jedoch aß keinen Bissen, sondern begab sich in die Zelle des Abts, um dort mit der Heidin zu sprechen.
    „Der Herr schütze uns“, flüsterte der zitternde Abt. „Die Hexe hat unseren guten Herrn verzaubert. Betet für unsere Seelen, Brüder, damit der Teufel nicht auch über uns Gewalt bekommt!“
    Wie betäubt huschten die Mönche um die Krieger herum, die nun alle ohne Scheu ins Klostergebäude eintraten und sich im Refektorium einrichteten. Man war nicht zum ersten Mal hier und wusste, was das Kloster den Kriegern des Herzogs schuldig war. In der Klosterküche wurde eifrig gesotten und gebraten, und das Mahl, das man den Gästen vorsetzte, war so reichhaltig, dass es einen guten Teil der klösterlichen Vorräte verschlang. Sogar Wildschwein wurde aufgetischt, eine Speise, die den Mönchen selbst nach den Regeln des Ordens streng verboten war.
    Rodena stand indessen immer noch im Klosterhof und schwankte zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Ihre hartnäckigen Versuche, zu Thore hinunterzugehen, prallten an seinen Bewachern ab, denn sie hatten von Wilhelm die strenge Order erhalten, niemanden, vor allem nicht Rodena, in den Keller einzulassen. Gleichmütig hockten die beiden Männer vor der Kellertür, schlugen sich die Mägen mit den Speisen voll, die ein Mönch ihnen brachte, und tranken dazu den mit Wasser gemischten und gewürzten Klosterwein.
    „Verdammte Kerle“, murmelte Rodena und trat zornig mit dem Fuß gegen eine der Schüsseln, in der sich frisch gebackenes Brot befand.
    „Du kannst noch so sehr keifen und zetern“, sagte der Wächter mit vollem Mund. „An uns kommst du nicht vorbei, meine Hübsche.“
    „Ich bin die Tochter des Herzogs!“
    „Und wenn du seine Mutter wärst. Wir befolgen den Befehl unseres Herrn!“
    Ärgerlich wandte sie sich ab, warf einen kurzen Blick zum Treppenaufgang, der hinauf ins Refektorium führte und hatte wenig Lust, sich zwischen die schmausenden und lärmenden Krieger an die Tafel zu setzen. Was würden Kira und Wilhelm miteinander reden, oben in der Zelle des Klosterabts? Würden sie gar streiten? Wer sagte ihr denn, dass Wilhelm ihr die Wahrheit erzählt hatte? Vielleicht sah die Sache aus Kiras Sicht ja völlig anders aus. Nicht umsonst war sie nie wieder in die Normandie zurückgekehrt.
    Rodena seufzte tief und trat einige Schritte auf den Hof hinaus. Die Fackeln links und rechts des Eingangs waren niedergebrannt und flackerten heftig, dennoch schien ihr, als läge der Hof in einem sanften Dämmerlicht. Jetzt fiel ihr in einer entfernten Ecke auch ein flacher, gemauerter Brunnen auf, den sie vorhin nicht wahrgenommen hatte. Die Mönche hatten den Schacht mit einem Gitter abgedeckt, das sie beiseite schoben, wenn sie den Eimer hineintauchten, jetzt hatte man in der Aufregung vergessen, den Schutz wieder auf den Brunnenschacht zu legen, und Rodena glaubte zu sehen, wie sich das Licht der Fackeln auf der Wasseroberfläche spiegelte.
    Das ist gar nicht möglich, dachte sie verwundert. Das Wasser befindet sich gewiss tief unten im Schacht, von hier aus kann man es auf keinen Fall sehen.
    Dennoch blinkte der Widerschein des
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