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In den Faengen der Nacht

In den Faengen der Nacht

Titel: In den Faengen der Nacht
Autoren: Sherrilyn Kenyon
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hätte sie geglaubt, er drohte ihr, aber das würde tatsächlich Handeln von seiner Seite voraussetzen. Und Leo war jemand, der ausschließlich delegierte. Seine Maxime war stets gewesen: Warum soll ich etwas selber machen, wenn ich jemanden beauftragen oder herumkommandieren kann, damit er es für mich erledigt?
    »Leo! Hör auf damit, alles sofort in billige Schlagzeilen zu verwandeln.« Und ehe er antworten konnte, fügte sie rasch hinzu: »Ja, ich weiß, ich weiß, von billigen Schlagzeilen kannst du deinen Porsche bezahlen.«
    »Ganz genau!«
    Angewidert rieb sie sich den Kopf, denn plötzlich verspürte sie Schmerzen hinter dem rechten Auge.
    »Schau mal, Sue«, sagte er, als ob er ungewöhnliches Mitgefühl für sie verspürte. »Ich weiß, wie hart die letzten Jahre für dich gewesen waren. Aber du bist jetzt einfach keine investigative Journalistin mehr.«
    Sie bekam ein beklemmendes Gefühl in der Brust. Diese Worte musste sie wirklich nicht ausgesprochen hören, denn sie verfolgten sie Tag und Nacht. Vor zweieinhalb Jahren war sie eine der herausragenden investigativen Journalistinnen des Landes gewesen. Ihr voriger Chef hatte ihr den Spitznamen »Spürhund-Sue« verpasst, denn sie konnte eine Geschichte aus einer Entfernung von einer Meile erschnüffeln, ihr nachjagen und sie in einen Artikel verwandeln.
    Und in einem Moment offenkundiger Dämlichkeit war die ganze Welt um sie herum zusammengefallen. Sie war so gierig nach einer Geschichte gewesen, dass sie überstürzt in eine Falle getappt war und ihren Ruf völlig zerstört hatte.
    Es hätte sie fast das Leben gekostet.
    Sie rieb sich die Narbe am Handgelenk und zwang sich, nicht an diese schreckliche Nacht im November zu denken – die einzige Zeit in ihrem Leben, in der sie tatsächlich schwach gewesen war. Sie war zur Besinnung gekommen und hatte geschworen, dass es niemandem je gelingen sollte, sie ihre Machtlosigkeit noch einmal so spüren zu lassen. Wie auch immer, es war ihr Leben, und sie würde es nach ihren eigenen Regeln leben.
    Wäre Leo nicht gewesen – sie lernten sich im College kennen, als sie beide für die Campuszeitung geschrieben hatten –, sie hätte nie wieder als Journalistin arbeiten können. Nicht dass man die Arbeit beim Daily Inquisitor als Journalismus bezeichnen konnte, aber zumindest konnte sie einen Teil ihrer hohen Schulden und Gerichtskosten zurückzahlen. Und obwohl sie den Job hasste, ernährte er sie, und sie saß nicht auf der Straße. Dafür war sie der kleinen Kröte etwas schuldig.
    Leo riss ein Blatt vom Block ab und schob es zu ihr hinüber.
    »Was ist das?«, fragte sie und nahm es vom Schreibtisch.
    »Eine Webseite. Ein Mädchen, das auf dem College ist, nennt sich Dark Angel und behauptet, sie arbeitet für die Untoten.«
    Sie starrte ihn an. »Sie arbeitet für einen Vampir?«
    »Nicht ganz. Sie sagt, er ist ein unsterblicher Krieger, der seine Gestalt ändern kann und der sie zu Tode nervt. Sie ist von hier, und ich will, dass du der Sache nachgehst und dir anhörst, was sie sonst noch zu sagen hast. Dann berichtest du mir alles.«
    Das konnte doch nicht wahr sein – und schon lachte sie die alte innere Stimme in ihr aus. »Er kann seine Gestalt verändern, ja? Passiert das, bevor oder nachdem sie das LSD eingeworfen hat?«
    Leo gab einen gereizten Laut von sich. »Warum versuchst du nicht wenigstens mal, ein Gefühl für den Job zu kriegen? Weißt du, es ist wirklich nicht schlecht. Es ist sogar sehr unterhaltsam. Probier’s mal aus, Sue. Lass das Gift aus dir raus. Hab Spaß an der Sache.«
    Hab Spaß … Spaß daran, eine Witzfigur zu sein, nachdem sie für die Washington Post gearbeitet hatte … na klar. Es war schwierig, am Scheiß Spaß zu haben, denn das, was sie eigentlich wirklich wollte, war, sich ihren Ruf zurückzuerobern.
    Aber das war vorbei. Sie würde nie wieder eine ernst zu nehmende Journalistin sein.
    Das war’s. Ihr Leben. Spaß – die böse Fee hatte ihr wirklich alles versaut.
    Nein, dachte sie, und wieder fühlte sie die Beklemmung in der Brust, das stimmte nicht. Sie selbst hatte sich alles versaut, und das wusste sie auch. Betrübt drehte sie sich um, ging an ihren Schreibtisch zurück und schaute auf die Webadresse des Blogs.
    Es ist bescheuert. Tu das nicht. Geh nicht auf diese Webseite …
    Aber nach kurzer Zeit tat sie es doch, und sie sah eine schwarze Seite mit einem handgemalten Gothic-Emblem auf einer Webseite namens deadjournal.com. Aber am besten gefiel ihr die
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