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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis
Autoren: Marjorie M. Liu
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untergegangen, alles was wir waren und schufen, unsere Welten und Mythen, all dies ist untergegangen, und auch wir selbst sind zum Untergang verdammt.
    Labyrinth, nimm mich auf.
    Die Fingerrüstung loderte weiß glühend. Grants Stimme brach.
    Und die Essenz von Mr. Koenig, seine Unsterblichkeit, löste sich in Luft auf.
    So wie wir das einen Augenblick später ebenfalls taten.

22
    I ch erwachte in der Dunkelheit. Aber ich war nicht allein. Neben mir schlug ein Herz, ganz sacht im Schatten, ein stetiger Puls, der an meinen eigenen gebunden war, der derselbe war wie meiner, für immer mit mir verbunden.
    Grant , sagte ich müde.
    Ich bin hier , flüsterte er. Ruh dich aus, Maxine.
    Ruhe , murmelte Zee.
    Ruhe , hauchte auch meine Mutter.
    Also gehorchte ich.
     
    Als ich die Augen das nächste Mal öffnete, war es Nacht, und die Jungs waren wach. Ich lag gut zugedeckt unter weichen Flanelldecken, auf einer weichen Matratze - zusammengerollt. Die Kissen unter meinem Kopf rochen nach Grant. Zee kuschelte sich unter die Decken, während Rohw und Aaz wie schwere Klumpen auf dem Bett lagen, hinter meinen Knien und auf meinem Bauch. Sie alle nuckelten an ihren Krallen und hielten Teddybären und kleine Baseballschläger in den Händen. Popcornbeutel und Hot-Dogs-Kartons bedeckten den Boden um das Bett herum. Dek und Mal summten die Melodie von Madonnas Live to Tell.

    Ich blieb regungslos liegen und genoss das Gefühl, am Leben und zu Hause zu sein. Zu Hause, also in Seattle. Zu Hause in dem Loft. Zum ersten Mal fühlte ich mich hier heimischer als in meinem Wagen oder einem Hotelzimmer. Ich hörte den Fernseher im anderen Zimmer laufen und … gedämpfte Stimmen, das Klappern von Tellern und das Knarren des Holzbodens. Das waren heimelige Geräusche, aber gleichzeitig auch fremd. In der Dunkelheit des Raumes, in dem ich da lag, fühlte ich mich fehl am Platze, wie in den Kokon einer vollkommen anderen Welt gehüllt.
    Es war genauso wie mit meinem Herzen. Ich lauschte in mich hinein, suchte nach der Dunkelheit, dem gierigen, wütenden Geist, der ich war, und dennoch war nicht ich es, dieser Geist, der Mr. Koenig verurteilt und ihm dieses fürchterliche Entsetzen eingeflößt hatte. Ich spürte die gefährliche Präsenz ebenso leicht auf, wie ich atmete. Er schlief wie ein Fragment des Labyrinths in mir. Daneben schmiegte sich ein neuer Gefährte, eine kleine, goldene Rose, verschlungen und brennend. Sie pulsierte im Rhythmus meines Herzschlags.
    Grant, dachte ich und hörte eine Bewegung hinter mir. Die Matratze sank ein, und eine starke, warme Hand strich mir über das Gesicht.
    »Mein süßes Mädchen«, murmelte Jack.
    »Alter Wolf«, flüsterte ich und drehte mich um, um ihn anzusehen. Ich sog den Anblick seines blassen Gesichtes und seiner glitzernden Augen ein, ebenso wie das schwache Lächeln auf seinen Lippen.
    »Also«, sagte er. »Wir leben wieder.«
    Ich suchte in meinen Erinnerungen, aber alles, was ich fand, war nur Mr. Koenigs Stimme in meinem Kopf und der Widerhall seines Todes.

    »Wie sind wir denn hergekommen?« Meine Stimme brach. Zee zog eine Wasserflasche unter der Decke hervor, eine Flasche, die mit Sicherheit vorher nicht da gewesen war. Und Jack nahm sie, schraubte den Verschluss auf und hielt sie an meine Lippen. Das schmeckte gut. Wasser tröpfelte aus meinem Mundwinkel auf das Kissen.
    »Langsam«, sagte Jack ruhig. »Ich habe uns nach Hause gebracht, einen nach dem anderen. Wir waren in Schweden, in dem exzentrischen Traum eines reichen Mannes. Es war ein privates Haus, einem berühmten Hotel nachgebildet, das aus Eis bestand. Ich glaube, sein Besitzer wurde getötet. Ich habe Fotos gefunden. Es war ein kleiner, fetter Mann mit einer Brille und einem ausgesprochen schlechten Geschmack, was seine Anzüge betrifft. Ich nehme an, das kommt dir jetzt bekannt vor?«
    Allerdings. »Was ist mit dem … Was ist mit diesem anderen Ort? Dem Tempel?«
    »Es war eine Schleife im Raum«, antwortete Jack ganz ruhig. »Das war sein ehemaliges Gefängnis, das, in das ich ihn gesteckt hatte. Er konnte dort ein und aus gehen, wie es ihm gefiel. Ich nehme an, dass es sich für ihn nach so vielen Jahren ein bisschen wie ein Heim anfühlte.«
    Ein kurzer Stich des Bedauerns durchfuhr mich, ebbte jedoch rasch ab. »Mich überrascht, dass du nicht krank bist, nachdem du so viele Leute transportiert hast.«
    Der alte Mann rutschte auf der Matratze unbehaglich hin und her. »Grant hat mir … Energie gegeben, die ich
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