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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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braune Papier ab und reichte ihm den Rahmen. Als er das Bild zurechtgerückt hatte, traten sie einen Schritt zurück und betrachteten es.
    »Oh, das sieht aber gut aus, was?«, meinte May mit glänzenden Augen.
    Cassandra beugte sich vor und rückte es zurecht. »Allerdings.«
    »Sie sieht keinen Tag älter aus als damals, als ich sie geheiratet habe.« Walton legte den Arm um Mays Schultern.
    »Nicht ich bin wichtig«, wiegelte May ab, »sondern die Schildkröten. Sie sind es, die zählen. Sie werden noch hier sein, wenn wir längst nicht mehr am Leben sind.«
    Mays Babys, dachte Cassandra. All die Eier, all die kleinen Schildkröten. Sie hatte beschlossen, May im nächsten Jahr bei ihren Kontrollgängen zu begleiten. Sie wollte die kleinen Kerlchen selbst sehen, wie sie sich aus der Grube im Sand befreiten und über den Strand wuselten, nur mit dem einen Ziel - so schnell wie möglich ins Wasser zu kommen.
    Jemand trat hinter sie. Ein Mann mit einer Angel. Er blieb stehen, um herauszufinden, was sie sich ansahen, und las laut
die Schlagzeile. »Lokalheldin nimmt sechsstellige Spende für Schildkrötenhospital in Empfang.« Der Mann sah von der Farbfotografie zu May und wieder zurück. »Das sind ja Sie«, stellte er fest, worauf May errötend nickte und lächelte.
    »Und wer hat das Geld gespendet?«, erkundigte sich der Mann.
    Geheimnisvoll zuckte May die Achseln. »Anonym.«
    Cassandra legte sich eine Hand auf den Mund, um ihr Grinsen zu verbergen, während sie an Evelyn dachte, die in dieser Sekunde gemeinsam mit ihrem Sohn und einem Versicherungsagenten unten am Strand war und sich ansah, was von ihrem Haus übrig geblieben war. Im Grunde hatte sie das Ausmaß der Zerstörung recht gefasst aufgenommen. »Tj a, ich wollte es sowieso verkaufen«, hatte sie lediglich gemeint. »Jetzt werde ich es wohl dem Nationalen Küstenschutz stiften.«
    Cassandra ließ May und Walton allein, damit sie Mays Titelfoto bewundern konnten. Skeeter stand hinter dem Tresen und schmirgelte etwas ab, das wie der Teil eines Stuhls aussah. »Ein Baumumarmer?«, fragte Cassandra und blieb an der Tür zum Pier stehen. Skeeter nickte, ohne aufzusehen. Es kümmerte sie noch nicht einmal, dass er ihren hübschen sauberen Fußboden mit Schmirgelmehl einstäubte. Er fegte gern, und sie war diejenige, die ihn ermutigt hatte, seine Holzarbeiten hier im Laden zu verkaufen.
    Sie trat nach draußen und ging die Stufen zum Strand hinunter. Ein Glück, dass sie ihren Badeanzug darunter trug. Noch einen Monat, dann würde das Wasser allmählich kalt werden, so dass sie nicht mehr häufig Gelegenheit bekäme, schwimmen zu gehen.
    Hector und Annie Laurie winkten ihr zu. Sie winkte zurück und machte Anstalten, Shorts und T-Shirt auszuziehen, während ihr der Abend wieder einfiel, als sie mit May und Annie Laurie nackt gebadet hatte. Wie heiß es damals gewesen war, wie nervös es sie gemacht hatte, sich auszuziehen, und wie
herrlich es sich angefühlt hatte, als sie ihre Bedenken über Bord geworfen hatte und einfach ins Wasser gegangen war. Vielleicht sollten sie und Hector ja bei Gelegenheit einmal nackt baden gehen. Allein bei der Vorstellung überlief sie ein wohliger Schauder.
    Der warme Sand fühlte sich wie Seide unter ihren Füßen an, und Cassandra hielt einen Moment inne, um ihre roten Zehennägel zu bewundern. Früher hatte sie sich nie die Mühe gemacht, sich die Nägel zu lackieren. Bei ihren Füßen? Wozu sollte das gut sein?, hatte sie stets gedacht. Doch inzwischen hatte sie sich eines Besseren belehren lassen. Obwohl sie es früher nie geglaubt hatte, stimmte es, was sie zu Annie Laurie gesagt hatte: Schönheit entsteht immer nur in den Augen des Betrachters.
    Wie zum Beispiel der Iron Steamer Pier. Er mochte nicht elegant und strahlend sein wie manch anderer Pier, trotzdem war er wunderschön. Sie liebte die Art, wie er an manchen Stellen durchhing und sich leicht neigte, liebte das von Wind und Wetter gegerbte Holz. Und besonders liebte sie die Menschen, die herkamen, um zu angeln, aufs Meer hinauszusehen, in Erinnerungen zu schwelgen. Für sie hatte ein Pier stets etwas Tapferes an sich, etwas, was allen Gefahren zum Trotz dastand, als Teil des Festlandes und zugleich auch des Wassers. Eine Brücke, das war er in Wahrheit.
    Als sie so dastand und den Leuten zusah, kam ihr ein Gedanke, der ihr wie eine Offenbarung vorkam: Cassandra Moon, das ist dein Leben! Dein Leben! Ein Schauder der Erregung überlief sie, dicht gefolgt von einem
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