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in China

in China

Titel: in China
Autoren: Dorothy Gilman
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Programm. Also, wenn Sie mich fragen, ich würde am liebsten die ganze dämliche Tour sausen lassen und nach Hause zurückfliegen.« Er lächelte. »Ich mache nämlich große Fortschritte. Ich kann jetzt schon wieder drei Löffel Tee bei mir behalten. Ich bin also praktisch gesund.«
    George Westrum sah sie feindselig an, als sie zu ihm hereinschaute. »Ich bin bald soweit, daß ich die Gesellschaft verklage«, fuhr er wütend auf. »Das verdammte Reisebüro, das das alles organisiert hat, soll dafür büßen, daß so etwas geschehen konnte. Heute ist mir der
    ›Himmlische See‹ entgangen, und morgen geht es schon in die Innere Mongolei, und sollte irgend jemand dafür plädieren, daß die ganze Reise abgeblasen wird, kriegt er es mit mir zu tun. Diese Reise hat mich eine Menge Geld gekostet, und dafür will ich China jetzt auch sehen!«
    »Selbstverständlich, George«, sagte Mrs. Pollifax und überließ ihn seiner ohnmächtigen Wut.
    Am Nachmittag wurde sie noch einmal zum Verhör geholt.

16. Kapitel
    Am nächsten Morgen um Punkt fünf Uhr kreuzte Mr. Li mit sorgenvoller Miene bei ihr auf und weckte sie. »Sie werden im Sicherheitsbüro erwartet«, berichtete er. »Der Wagen steht schon draußen. Sie sollen umgehend kommen. Sofort!«
    Mrs. Pollifax fing an zu zittern. »Noch vor dem Frühstück?« fragte sie erschrocken. »Jetzt gleich?«
    Mr. Li nickte. »Ja, so leid es mir tut«, erwiderte er. Seine Stimme klang mitfühlend. Ihr Mut sank. Die Zeit schien zu drängen. Sie schlugen beim Verhör ein immer rasanteres Tempo an.
    Vielleicht würde sie diesesmal nicht ins Hotel zurückkehren dürfen. Sie müssen Peter gefunden haben, dachte sie. Irgend etwas muß da vorgefallen sein, irgendwas ist schiefgelaufen.
    »In zwei Minuten bin ich fertig«, versprach sie Mr. Li. Sie zog sich eine Jacke an, die Taschen hatte. In diese Taschen stopfte sie ihre letzte Tafel Schokolade, eine Handvoll Erdnüsse, die vom gestrigen Frühstück übriggeblieben waren und Schnappschüsse von Cyrus und ihren Enkelkindern. Sie ging ganz allein den dunklen Flur entlang durch die Halle, verließ das Hotel und stieg in die wartende graue Limousine. Es war ein dunstiger Morgen, die Sonne wärmte noch nicht. Man hatte ihr wieder den Wagen mit dem Brandloch im Polster geschickt. Sie versuchte sich zu erinnern, ob die bisherigen Fahrten in dieser Limousine vielversprechend gewesen waren oder nicht. Sie hätte gern gewußt, ob sie schon
    herausgefunden hatten, daß Peter noch am Leben war. Es lag schon vierzig Stunden zurück, daß sie Abschied voneinander genommen hatten.
    Sie wurde wieder in den spartanisch eingerichteten Raum geführt, den sie schon kannte, doch diesmal wurde sie dort nur von Mr. Chang erwartet. Er saß dort, wo vorher Mr. Pi gesessen hatte. Ein paar Protokolle lagen vor ihm auf dem Tisch. Er hatte die Ellenbogen darauf und den Kopf in die Hände gestützt. Mrs. Pollifax geriet in Panik. Er hatte ins Leere gestarrt, blickte aber gleich auf, als sie den Raum betrat. Er sprach in scharfem Ton mit dem Wachposten und schickte ihn fort. Dann wartete er, bis sie sich gesetzt hatte. Der Stuhl war hart und unbequem. Er sagte kurz angebunden »Guten Morgen« und schob die Papiere vor sich hin und her.
    Mrs. Pollifax saß da und wartete. Nach außen hin wirkte sie ganz ruhig, doch in ihrem Inneren tobte ein Tumult.
    Endlich sah er auf und sagte: »Sie haben mit bemerkenswerter Beharrlichkeit wiederholt behauptet, sie seien zur Tatzeit bewußtlos gewesen, Mrs. Pollifax - in eine tiefe Ohnmacht gesunken.« Er machte eine Pause, der Anflug eines Lächelns erschien auf seinem Gesicht.
    »Dazu möchte ich Ihnen jetzt folgendes sagen, Mrs. Pollifax: mir war schon bei Ihrem ersten Verhör klar, daß Sie gelogen haben.«
    »Es tut mir leid, daß Sie dieser Auffassung sind«, entgegnete sie höflich. Insgeheim dachte sie: Jetzt ist er nicht mehr zu bremsen. Da haben wir die Bescherung! »Ich kann mir jedoch beim besten Willen nicht vorstellen, wie Sie zu einer solchen Behauptung gekommen sind.
    Darf ich vielleicht fragen, woraus Sie das schließen?«
    Mr. Chang lächelte. »Ich will mich einmal so ausdrücken: ich habe das aus ganz bestimmten Nuancen und Feinheiten geschlossen. Aus gewissen Techniken und Methoden, die mir gut vertraut sind. Mit deren Hilfe habe ich erkannt, daß Sie uns bisher zum besten gehalten haben.« Er schwieg und sah sie an, doch keineswegs unfreundlich. Er beugte sich vor. Sie erschrak.
    Doch er sagte: »Das Gespräch,
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