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Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig

Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig

Titel: Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
Autoren: Ina Linger , Cina Bard
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Flug gelohnt hätte – wenn Colin auch ein wenig eingeschnappt deswegen war; wenn möglich, würde er sogar einen Jet zur Uni nehmen. Ich dagegen war zum Fliegen einfach nicht geboren – oder eher nicht zum Landen. Der Start war stets okay, ich bekam keine Panikattacken, wenn es ab und an mal etwas ruckelte, mir wurde nicht schlecht – aber sobald es in den Landeanflug ging (also etwa eine halbe Stunde lang) spielten meine Ohren verrückt.
    Ich hatte alles ausprobiert und sowohl die Pharmaindustrie als auch die Naturheilkundler hatten es bis jetzt versäumt, mir für einen finanziellen Aufschwung persönlich zu danken. Ich war bei vier Ärzten gewesen, hatte unzählige Stunden in Wartezimmern und Behandlungsräumen verbracht und immer wieder die gleiche Antwort bekommen: „Das ist eben bei Ihnen so. Nehmen Sie ein hochdosiertes Schmerzmittel“. Nach jahrelangen Migräneanfällen hasste ich nichts mehr als Tabletten, doch letztendlich verbrachte ich Flüge unter dem Einfluss von sehr viel Ibuprofen und wurde nach der Landung erst durch gefühlte vier Liter starken Kaffees wieder lauffähig.
    So fuhren wir also eines schönen Vormittages von unserem Apartment in Horfield nach Temple Meads und bestiegen dort den Zug nach London, St. Pancras.
    „Nervös?“ fragte Colin grinsend.
    „Wieso? Weil ich zur größten Lüge meines Lebens unterwegs bin?“ giftete ich ihn an. Zu sagen, ich sei aufgeregt, war die Untertreibung des Jahres. Auch wenn es erst März war.
    Er zuckte die Schultern. Colin war vieles, aber nicht nachtragend und wenn das nicht größtenteils daran gelegen hätte, dass er mich oft nicht ernstnahm, wäre das ein recht liebenswerter Charakterzug gewesen.
    Ich ließ den Kopf hängen. Normalerweise hätte ich mich in einer solch vertrackten Situation in meinem Chat eingeloggt und geschaut, ob Night da war, um mich bei ihr auszuheulen, aber das ging ja jetzt schlecht. ‚Heeey, ein Freund von mir trifft sich demnächst mit seiner Internetfreundin, die er jahrelang angelogen hat. Wärst du sauer an ihrer Stelle? Waas? Neiiiin! Echt! Es geht nur um einen Freund…‘ – wäre wohl nicht die glaubhafteste Einleitung.
    Ich fuhr mir mit einer Hand über das Gesicht. Seit ich Kontaktlinsen hatte, war das endlich auch möglich, ohne dabei seltsam aussehende halbe Kreisbewegungen um das zugehörige Gestell herum zu machen.
    „Sorry“, wandte ich mich wieder an Colin, doch er winkte nur mit seinem typischen ‚Pfff‘ ab, ein Laut, der mir zeigen sollte, für wie bedeutungslos er das Ganze hielt.
    „Onkel Colin holt dich da schon wieder raus, lass mich mal machen“, fügte er hinzu und legte mir großvät… onkelig eine Hand auf die Schulter.
    „Mach nicht zuviel“, ermahnte ich ihn sofort und erntete einen echauffierten Blick.
    „Du erinnerst dich an den tosenden Applaus während meiner Schauspielzeit, ja? Ich war ein umjubelter Star, von allen geliebt und bewundert!“
    „Du warst fünf und hast einen Baum gespielt.“ Ich rollte mit den Augen.
    Er blätterte unbeeindruckt eine Seite seines Sportmagazins um. „Kunstbanause.“
    Ich schüttelte den Kopf und legte ihn dann an Colins Schulter, woraufhin er mir liebevoll-ruppig das Haar verwuschelte.
    „Wieso stöpselst du nicht deine Kopfhörer ein und genießt eine Folge ‚Outnumbered‘?“ schlug er vor und deutete auf die kleinen Bildschirme, die jeweils am Rückenteil des Vordersitzes angebracht waren.
    Ich war in meiner Kindheit und Jugend nicht so häufig mit einem der Züge dieser Linie gefahren und als ich die Bildschirme das erste Mal gesehen hatte, hatte ich ganz verschüchtert einen der anderen Passagiere gefragt, ob ich versehentlich in der ersten Klasse gelandet sei. Es hatte mir ein kopfschüttelndes Lachen und die ersten unzähliger Stunden, in denen ich beinahe das gesamte angebotene Programm rauf und runter schaute und hörte, eingebracht.
    Doch irgendwie wollte es mir diesmal nicht gelingen, mich auf eine der Episoden zu konzentrieren, dazu war ich viel zu aufgeregt, und auch die schöne Landschaft, die draußen vorbeiflog, konnte mich nicht ablenken.
    Night war mir wichtig, sie war mir sogar verdammt wichtig. Ich wollte sie auf keinen Fall verlieren und von daher durfte nichts – rein gar nichts – schiefgehen. Patzer waren nicht erlaubt, von keiner Seite.
    „Wie heißt du noch mal im Chat?“ fragte ich Colin, der gerade eine Tüte Chips hervorkramte: Shrimps Cocktail. Ich schüttelte verständnislos den Kopf. Er liebte diese
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