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Vorsätzlich verliebt

Vorsätzlich verliebt

Titel: Vorsätzlich verliebt
Autoren: Jill Mansell
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1. Kapitel
    Schon komisch. Manchmal weiß man sofort, dass etwas nicht stimmt, sobald man die Haustür aufgestoßen hat.
    Tilly blieb auf der Schwelle stehen und tastete mit der Hand nach dem Lichtschalter. Sie kam an diesem kalten Donnerstagabend im Februar gegen sechs von der Arbeit und hatte keinerlei Grund zu der Annahme, dass etwas anders sein könnte als sonst.
    Aber etwas
war
anders, das spürte sie. Sie
wusste
es.
    Mit einem
Klick
legte sie den Schalter um, und das Licht ging an. So viel zum mysteriösen sechsten Sinn. Dass sich das Öffnen der Tür anders anfühlte als sonst, lag daran, dass der Teppich im Flur fehlte.
    Der Teppich im Flur? Hatte Gavin etwas verschüttet? Tilly stutzte. Auf dem Weg zum Wohnzimmer klackerten ihre Absätze auf den blanken Dielen.
    Was war hier los? Sie sah sich um, registrierte alles – oder besser gesagt, nichts. Also gut, entweder waren sie Opfer besonders wählerischer Einbrecher geworden oder …
    Er hatte den Brief auf dem Kaminsims deponiert. Gavin war ja so was von vorhersehbar. Wahrscheinlich hatte er irgendeinen Etikette-Guru konsultiert: Liebe Miss Prim, ich möchte meine Freundin ohne Vorwarnung verlassen – wie soll ich ihr erklären, was ich vorhabe?
    Woraufhin Miss Prim wohl geantwortet hätte: Lieber Gavin, ach herrje, Sie Armer! In einer solchen Situation hinterlässt man korrekterweise einen handgeschriebenen Brief – keine E-Mail und
bitte
keine SMS ! – mitten auf dem Kaminsims, wo er nicht übersehen werden kann.
    Denn mal ganz ehrlich, konnte es einen anderen Grund geben? Tilly führte rasch Inventur durch. Warum sonst war das DVD -Gerät – ihres – immer noch da, aber das Fernsehgerät – seines – nicht? Warum sonst fehlten drei Viertel der DVDs (Kriegsfilme, Sciencefiction und dergleichen) und nur die schnulzigen Tränendrüsendrückerfilme und die romantischen Komödien nicht? Warum sonst war der Couchtisch, den ihnen Gavins Mutter geschenkt hatte, verschwunden, aber der …
    »Tilly? Hallo! Ich bin’s!«
    Verdammt, sie hatte die Tür nicht richtig geschlossen. Und jetzt kam Babs aus dem Apartment auf der anderen Treppenseite völlig übertrieben vorsichtig auf Zehenspitzen hereingeschlichen, als ob es dadurch akzeptabel wurde, uneingeladen eine fremde Wohnung zu betreten.
    »Hallo Babs.« Tilly drehte sich um. Vielleicht hatte Babs eine Nachricht von Gavin für sie. Oder vielleicht wollte sie sich nur vergewissern, ob es ihr gutging. »Willst du dir ein paar Teebeutel leihen?«
    »Danke nein, du Liebe, mir kommen die Teebeutel schon aus den Ohren. Ich wollte nur nachsehen, wie es dir geht. Ach, du Arme, und ich habe immer geglaubt, ihr zwei seid so glücklich miteinander … ich hatte ja keine Ahnung!« Knallgrüne Ohrringe gerieten ins Baumeln, als Babs den Kopf schüttelte, von Gefühlen überwältigt. »Der Liebe junger Traum, so haben Desmond und ich euch immer genannt. Du meine Güte – und all die Zeit habt ihr es in euch hineingefressen. Ich wünschte, du hättest mir etwas gesagt. Du weißt doch, wie gut ich den Problemen anderer zuhören kann.«
    Gut zuhören? Babs
lebte
für die Sorgen und Kümmernisse anderer. Klatsch und Tratsch waren ihr zweiter und dritter Vorname, ihr liebstes Hobby. Andererseits musste man sie einfach gernhaben; sie war eine großherzige, wohlmeinende Seele von Mensch – auf eine übereifrige, sich stets einmischende Art und Weise.
    »Ich hätte es dir ja gesagt«, meinte Tilly, »wenn ich es selbst gewusst hätte.«
    » GROSSER GOTT !« Babs stieß einen durchdringend ungläubigen Schrei aus. »Willst du damit sagen …?«
    »Gavin hat sich heimlich aus dem Staub gemacht. Tja …« Tilly griff nach dem Brief auf dem Kaminsims. »Entweder das, oder er wurde entführt.«
    »Als ich heute Nachmittag sah, wie er seine Sachen in diesen Leihwagen lud, waren aber keine Entführer bei ihm.« Babs schaute mitfühlend drein. »Nur seine Mum und sein Dad.«
     
    Am folgenden Abend fuhr der Pendlerzug ab Bahnhof Paddington in Roxborough ein. Es war Freitag, es war Viertel nach sieben, und alle waren auf dem Weg nach Hause.
    Nur ich nicht, ich fliehe vor meinem Zuhause.
    Erin stand auf dem Bahnsteig, zog ihren leuchtend pinkfarbenen Mantel gegen die Kälte enger um ihre Schultern und winkte wie verrückt, als sie Tilly durch das Zugfenster ausmachte.
    Schon allein der Anblick von Erin hob Tillys Stimmung. Sie konnte sich nicht vorstellen, Erin nicht als ihre beste Freundin zu haben. Als sie vor zehn
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