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Imperator

Imperator

Titel: Imperator
Autoren: Stephen Baxter
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dein Haus.«
    »Das geht nicht«, erwiderte Ban hastig. »Angeblich wird man verflucht, wenn man einen Druiden hinauswirft.«
    »Ob das nun stimmt oder nicht«, sagte Nectovelin, »es gäbe Ärger, weil genug Menschen es glauben. Keine Sorge, mein Enkelsohn. Wir werden den Priester ebenso verkraften wie den römischen Pisswein, den dein Bruder nach Hause bringt. Und wir werden mit dem weitermachen, was wichtig ist – für deinen Jungen
zu sorgen.« Ein widerwilliges Lächeln zerknitterte sein narbiges Gesicht. »Brica hat mir erzählt, dass ihr ihn nach mir benennen wollt.«
    »Nun ja, du bist auf den Tag genau siebzig Jahre alt, Großvater. Was bleibt uns da anderes übrig?«
    »Dann wollen wir hoffen, dass er so ein starker Bursche wird wie ich und die Gelegenheit bekommt, ein paar große Römernasen zu brechen, denn ich weiß, dass er zum Kämpfen geboren ist.«
    Cunovic sagte: »Und wenn es ein Mädchen ist, das dir auch nur annähernd ähnlich sieht, Nectovelin, wird sie noch Furcht einflößender sein.«
    Sie lachten gemeinsam.
    Dann schrie Brica, ein Laut, der die stille Nachtluft durchbohrte. Und sie begann hastig zu reden, ein hohes, schnelles, seltsames Gebrabbel, das Cunovic das Blut gefrieren ließ.
    Ban schrie auf und rannte zum Haus zurück. Cunovic lief mit ihm, und Nectovelin stapfte schwerfällig hinter den beiden her.

III
    Im Innern des Hauses lag Brica auf ihrem Lager aus Fellen. Die Frauen, die im Kreis um sie herumsaßen und nach den langen Wehen offenkundig erschöpft waren, lehnten sich hilflos zurück.
    Die Blässe von Bricas Gesicht stand in lebhaftem Kontrast zu dem purpurroten Fleck zwischen ihren Beinen, als weiche dort alle Lebenskraft aus ihr. Aber Cunovic sah einen kleinen Kopf, beschmiert mit grauer Flüssigkeit und noch verformt von dem mühsamen Weg durch den Geburtskanal. Sula, die Großmutter des Säuglings, dessen Körper sich noch in Brica befand, stützte ihn mit ihrer starken Hand. Wie seine Mutter sah das Kind sehr blass aus, und es hatte einen rötlichen Haarschopf.
    Und Brica, deren Augen sich ebenso unruhig bewegten wie zuvor die des betenden Druiden, gab diesen rasenden Monolog von sich. Die Frauen waren entsetzt; einige von ihnen hielten sich die Ohren zu, um die Laute nicht hören zu müssen. Selbst der Priester war mit großen Augen in den dunklen Teil des Hauses zurückgetaumelt.
    Cunovic nahm den Anblick gebannt in sich auf. Bricas Monolog war unverständlich und sehr schnell,
ein hässliches Bellen – aber er war überzeugt, einzelne Wörter zu erkennen.
    Sula, die den Kopf ihres Enkels hielt, blickte in müder Verzweiflung zu Ban auf. »Oh, Ban, das Kind ist schwach, sein Herz flattert wie das eines Vogels, und es will immer noch nicht herauskommen. Sie ist bald zu müde, um weiter zu pressen.« Sie musste die Stimme heben, um sich über Bricas Gebrabbel hinweg verständlich zu machen.
    »Dann müsst ihr sie aufschneiden«, sagte Ban.
    »Das wollten wir gerade«, sagte Sula. »Aber dann fing sie mit diesem Geschnatter an, und nun kann keine von uns mehr einen klaren Gedanken fassen!«
    Nectovelin knurrte. Mit zwei Schritten war er bei dem Druiden, schloss seine riesige Hand um einen Knäuel Stoff vom Gewand des Priesters und zog ihn ganz nah zu sich heran. »Du! Ist das dein Werk? Sind das Flüche, was sie da von sich gibt?«
    »Nein, nein! Beim Leben meiner Mutter!« Der dünne, bleiche Druide mit dem schütteren Haar mochte um die vierzig Jahre alt sein, und er zitterte in Nectovelins kraftvollem Griff.
    »Nectovelin!« Cunovics Ton war so scharf, dass sein Großvater sich umdrehte. »Das wird nichts nützen. Es hat nichts mit ihm zu tun. Lass ihn in Ruhe.«
    »Und woher weißt du das?«
    »Weil ich verstehe, was sie sagt. Das sind nicht die Worte von Göttern – jedenfalls nicht die unserer Götter.«
    »Was dann?«

    »Latein . Sie spricht Lateinisch.«
    Eine Stille trat ein, nur unterbrochen von Bricas unaufhörlichem Geplapper.
    Nectovelin ließ das Gewand des Druiden los, der beschämt zu Boden sank. »Wie ist das möglich?«, sagte Nectovelin mit schwerer Stimme. »Wer von uns beherrscht denn die lateinische Sprache?«
    »Keiner außer mir«, erwiderte Cunovic, »abgesehen von ein paar Wörtern, die ihr von mir oder den Händlern aufgeschnappt habt.« Und schon gar nicht die stille Brica, die sich in ihrem ganzen Leben wahrscheinlich nicht weiter als eine Tagesreise von ihrem Geburtsort fortgewagt hatte.
    »Was hat das dann zu bedeuten?«
    »Ich habe
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