Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immer wenn er mich berührte

Immer wenn er mich berührte

Titel: Immer wenn er mich berührte
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
schon zweimal geschlagen hatte, trat nahe vor ihn hin: »Deine Puppe hat die Nachrichten im Radio gehört und die Meldung der Polizei, da hat sie sich allein aus dem Staub gemacht …«
    Liebe, dachte Jürgen. Das hatte er mal für Liebe gehalten …
    Sein Gehirn war leer, ausgebrannt. Er war am Ende. Er stellte sich keine Fragen mehr. Er konnte nicht einmal Gaby hassen. Alles, was er empfand, war Ekel vor sich selbst.
    Als die Polizisten kamen und ihn abführten, atmete er fast auf.
    Gaby hatte das Gefühl, daß es klappen konnte. Sie saß im Führerhaus eines Lastzugs, allein mit dem Fahrer.
    Nicht ohne Absicht hatte sie ihren Mantel ausgezogen und nach hinten geworfen. Ihr Rock war kurz, und wenn sie die Beine übereinanderschlug, konnte der Mann seine Freude daran haben. Seine Augen wanderten auch oft genug zu ihr herüber.
    Sie war eine Anhalterin, wie man sie nicht alle Tage traf. Als sie in Garmisch aus dem Schatten eines Baumes heraus auf die Straße trat und mit dem Daumen andeutete, daß sie mitgenommen werden wollte – da stand dieser Lastzug fast auf einen Ruck.
    »Wohin denn, Fräulein?« rief der Fahrer grinsend zum Fenster heraus.
    »Wohin fahren Sie denn?«
    »Nach Bozen.«
    »Darf ich mit?«
    »Mit dem größten Vergnügen.«
    Ja, so war es gewesen. Und jetzt hatte sie ihm auch schon erklärt, daß sie keinen Ausweis besaß, und daß er sie im Laderaum über die Grenzen schmuggeln sollte.
    »Es ist allerhand Risiko für mich dabei, Fräulein«, sagte er.
    Gaby griff nach seinem Arm. »Und wenn ich Sie sehr darum bitte?«
    Seine schwere Hand tätschelte nach ihr. »Na ja, vielleicht. Sagen Sie mal ehrlich, sucht Sie die Polente?«
    »Ja«, gab sie zu.
    »Warum denn?«
    »Ich habe einen Mann verlassen«, log sie kurz entschlossen, »und um sich zu rächen, will er mir einen Diebstahl anhängen.«
    Gaby konnte nicht beurteilen, ob er es ihr glaubte. Überhaupt war er ihr nicht besonders sympathisch. Ein untersetzter, kräftiger Mann, knapp Fünfzig. Er hatte eine niedere Stirn, und er grinste unentwegt.
    Aber ob er ihr Typ war, darauf kam es jetzt wirklich nicht an. Es kam darauf an, ihn bei Laune zu halten. Dazu war ihr jedes Mittel recht. Wenn sie erst in Bozen war. Wie es dann weitergehen sollte, daran konnte sie im Augenblick noch nicht denken. Nur erst mal raus aus Deutschland.
    Gaby zog einen Ring vom Finger. »Nehmen Sie den«, sagte sie, »er ist ziemlich wertvoll.«
    »Schenken Sie ihn mir«, antwortete er, »wenn wir gut 'rübergekommen sind.«
    Sein Grinsen ging ihr auf die Nerven. Und es war heiß in dieser Kabine. Und es roch nach Öl, nach Leder und Tabak.
    »Gib mir mal einen richtigen Kuß«, forderte er sie plötzlich auf.
    Er hatte schlechte, gelbe Zähne. Aber es hatte keinen Sinn, die feine Dame zu spielen. Sie mußte jetzt eine Puppe sein, ihm gewisse Hoffnungen machen. Sie gab ihm den Kuß.
    Eigentlich hätte sie da schon gewarnt sein müssen. Ein Mann, der eine Situation so schamlos ausnützte, konnte der nicht zu allem fähig sein? Aber sie konnte von Glück reden, daß sie so einen getroffen hatte. Ein anderer hätte sie doch glatt der Polizei übergeben. Es war nicht der Augenblick, sich zu zieren …
    Gaby lächelte ihn an, tat so, als gefiele er ihr. Und wenn er noch zehn Küsse will, meinetwegen, ich werde mir mit Odol den Mund ausspülen.
    Angst?
    Ja, die kam, als er plötzlich von der Straße abbog und in einen verlassenen Holzladeplatz hineinfuhr. Da stand in seinem Gesicht plötzlich so ein merkwürdiger Ausdruck, und seine Hände erschienen ihr wie die Pranken eines Tieres.
    »Was soll das?« fragte sie.
    »Na ja, ich muß Sie doch hinten verstauen. Dazu kann ich doch nicht auf der Straße stehenbleiben. Ich muß ein paar Fässer wegrollen, denn Sie müssen möglichst weit nach hinten.«
    Es klang ganz logisch.
    Sie stand neben ihm, als er die Gurte der Plane öffnete. Er kletterte voraus hinauf und zog sie nach. Die Plane fiel wie ein Vorhang herunter und es war stockdunkel im Laderaum.
    Er keuchte, faßte nach ihr, riß ihr fast das Kleid herunter, wollte seinen Vorschuß kassieren und da war es plötzlich aus mit ihrem Spiel.
    Gaby stieß ihn zurück, schlug ihm in das Gesicht und fing an zu schreien.
    »Hilfe!« schrie sie.
    Sein Atem war ganz nahe, heiß und keuchend. Und seine Hände, seine Hände …
    Ihr Schrei hörte auf. Alles hörte auf. Auch ihr Leben. Als er sie losließ, war sie tot.
    Der Lastzug rollte mit einer halben Stunde Verspätung zur Grenze. Ihre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher