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Im Zimmer wird es still

Im Zimmer wird es still

Titel: Im Zimmer wird es still
Autoren: Jan Walther
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»Ja.« Er geht zur Tür und lässt ihn herein.
    »Hey«, Mark küsst ihn. »Ich wollte vor meiner Schicht noch schnell reinschauen.«
    Er geht an ihm vorbei ins Wohnzimmer, begrüßt Peter liebevoll, umarmt ihn und Peter klammert sich einen Moment an seinen Hals. Dann nimmt Mark Pfirsiche aus einer Tüte, drapiert sie auf dem Tisch. Er setzt sich neben das Bett, schneidet einen Pfirsich in samtige Stücke. Erzählt etwas über den Obstverkäufer und über Stiefs, seinen jungen Hund. Ein Labradormischling mit einem Fell, das die Farbe von Sahnebonbons hat.
    »Ich habe ein kleines Lammfell mitgebracht, ist gut für die Fersen, damit sie nicht wund liegen.« Mark schlägt die Decke zurück, schiebt Peter das Fell unter die Fersen. Dann setzt er sich auf die Bettkante und beginnt, Peters Füße mit geübten Händen zu massieren, die Gelenke sanft zu bewegen.
    Er setzt sich in den Sessel, nimmt sich ein Stück Pfirsich, schaut angestrengt in eine andere Richtung. Peters Beine sind geschwollen und bleich, haben nichts mehr gemeinsam mit den gebräunten, muskulösen Beinen, die er einst hatte. Er weiß, dass es gut wäre, sie regelmäßig zu massieren. Mark hat ihn neulich gefragt, ob er ihm die Griffe zeigen soll. Als er sein Zögern bemerkte, drängte er ihn nicht und wechselte stattdessen das Thema.
    Mark ist völlig unbefangen, erzählt leise eine Geschichte, die Peter zum Lachen bringt. Mark ist groß und drahtig, hat seine Haare kurz rasiert. Er achtet nicht auf Marks Worte, nur auf die ausholende Geste, mit der er sie unterstreicht und sein Lachen, das ihn noch attraktiver macht. Er ist sehr beliebt und einige haben ein Auge auf ihn geworfen. Mark hat Peter schon vor seiner Zeit gekannt, war auch in Peter verliebt gewesen. Er ist Anfang dreißig und hat schon lange keinen Freund mehr gehabt. Manchmal fragt er sich, ob er Peter immer noch nachhängt.
    Mark hat die Decke wieder zurückgeschlagen, steht auf: »Ich muss wieder los. Hab heute ’ne Zwölf-Stunden-Schicht. Aber morgen habe ich nur Bereitschaft, dann komme ich wieder.« Er umarmt Peter, küsst ihn, streicht über seinen Arm.
    Dann gibt er auch ihm einen Kuss: »Bis morgen. Lass nur, ich finde alleine raus.« Er sieht ihn eilig über den Hof laufen.
    »Du schläfst doch manchmal mit Mark?«, fragt Peter.
    »Hm …«, murmelt er, geht in die Küche. Er nimmt die benutzten Geschirrtücher ab und bringt sie ins Bad. Er hatte gehofft, dass Peter das Thema nicht mehr ansprechen würde. Sein Vorschlag nicht ernst gemeint sei. Noch immer weiß er nicht, was er ihm dazu sagen soll. Als er wieder ins Wohnzimmer kommt, sieht er, dass Peter erschöpft ist.
    Er schaut auf die Uhr. Die Zeit würde reichen. »Ich fahre noch einkaufen. Soll ich was Besonderes mitbringen?«
    Peter hat keine Wünsche, will offensichtlich schlafen. Er belädt den Audi mit leeren Getränkekisten und fährt zum Einkaufscenter. Früher haben sie immer in dem kleinen Supermarkt im Nachbardorf eingekauft und einiges im Bioladen. Jetzt fährt er meist ins Einkaufscenter, weil es dort alles gibt, wie er Peter immer sagt. Auch eine Apotheke. Aber das ist nicht der einzige Grund.
    Erst bringt er das Leergut weg, dann schiebt er den Einkaufswagen durch die langen Gänge. Immer muss er suchen, wenn er etwas Neues braucht. Früher hat er das gehasst. Er schaut eine Weile, bis er den einfachen Quark findet, der natürlich in einem anderen Kühlregal zu finden ist als die Quarkspeisen. Dann vergleicht er verschiedene Sorten Schinken und entscheidet sich nach langem Hin und Her für Parmaschinken, schaut zwischendurch kurz auf die Uhr.
    Nachdem er bezahlt hat, schiebt er den vollen Wagen bis zum Auto und lädt alles sorgfältig ein. Jedes Mal hat er das Gefühl, zu viel gekauft zu haben. Dabei müssen sie jetzt aufs Geld achten. Das Pflegegeld reicht bei Weitem nicht aus und ohne Peters Ersparnisse würden sie es kaum schaffen.
    Sogleich verdrängt er den Gedanken wieder und geht hinüber zur Apotheke. Die Apothekerin kennt ihn schon und er verlässt den Laden vollgepackt mit Medikamenten, Windeln und Produktproben.
    Er bringt alles im Kofferraum unter und geht noch hinüber zum Baumarkt. Eigentlich brauchen sie nichts von dort, aber vielleicht gibt es etwas Neues. Das Handy hat er ja mit. In der Gartenabteilung studiert er die Pflanzen, die im Angebot sind, rostrote und ockergelbe Chrysanthemen, silbrige Blattpflanzen und Heidekraut. Vergleicht die Rosen, die man jetzt pflanzen sollte. Dabei besitzen sie
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