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Im Zimmer wird es still

Im Zimmer wird es still

Titel: Im Zimmer wird es still
Autoren: Jan Walther
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heiter. Dann muss er husten und will etwas zu trinken. Er füllt ihm Tee in die Schnabeltasse.
    Er geht zurück in die Küche und kocht frischen Tee. Dann machte er die Quiche fertig. Erstaunt stellt er fest, wie spät es schon ist, ohne dass er viel geschafft hat. Er schiebt die Quiche in den Ofen. Bald strömt ein appetitlicher Duft aus dem Backofen.
    Er stellt Geschirr auf das Tablett, schaut hinüber zu Peter. Er erinnert sich daran, wie er an freien Tagen abends gekocht hat. Peter trank ein Glas Wein, lehnte sich an die Anrichte oder legte den Arm um ihn. Er genoss es, Knoblauch und Gemüse kleinzuschneiden, Kräuter zu hacken, genoss den Duft des Essens, der sich mit dem warmen Licht der Küche zu einer behaglichen Stimmung mischte.
    Die Küchenuhr klingelt und er holt die Quiche aus dem Ofen. Er lässt sie einen Moment auskühlen. Sie riecht köstlich. Er bringt alles hinüber und zerteilt Peters Portion.
    »Schmeckt lecker. Hast du Apfelstücke drangemacht?«
    »Ja, ein paar.«
    Peter lacht: »Du könntest wohl an alles Äpfel machen?«
    »Zur Zeit schon. Ich kann immer welche von Mertens’ Wiese hinten holen.«
    Peter bittet um eine zweite Portion. Sie essen auf, sind einen Moment unbeschwert, fast glücklich. Sie schauen sich an und in Peters Blick ist die aufmerksame Wärme, die er so mag. Die ihn in seinen Bann gezogen und immer wieder gefesselt hat.
    Er tritt ans Bett, berührt Peters Arm: »Bist du satt?«
    »Mhm.«
    Er räumt ab, tut geschäftig. Dann blickt er Peter noch einmal an, seine Züge werden weich: »Ruh dich aus.«
    »Ja. Du auch.«
    »Naja. Ein bisschen.«
    Er geht hinüber ins Gästezimmer, legt sich hin. Sein Körper sinkt ins Bett, als habe er nur darauf gewartet. Es tut gut. Er schließt die Augen, ist müde. Er versucht sich zu erinnern, was er am Vormittag gemacht hat. Ihm fällt nichts Anstrengendes ein. Nichts, was diese Erschöpfung rechtfertigen würde. Es gelingt ihm nicht, einzunicken. Er dreht sich auf die andere Seite. Die alte Schlafcouch knarzt. Er versucht, ganz ruhig zu liegen, aber es hilft nichts. Die Couch hatte er für seine erste Wohnung gekauft. Damals knarzte sie noch nicht und die Sterne glitzerten durch das Dachfenster hindurch.
    Er hört die laute Geräuschkulisse des vollen Gastraums. Hört das Abschwellen der Lautstärke, wenn die Küchentür hinter ihm zufällt. Driftet weg, die Geräusche werden immer leiser. Wärme des Schlafes. Hört Tamara, wie sie ihm fröhlich etwas zuruft. Tamara, strahlend vor Herzlichkeit. Wie sie in der Pause immer mit ihm auf dem Mäuerchen neben dem Kücheneingang saß, rauchte, ihre schwarzen Haare nach hinten warf. Schwalben flogen in eleganten Bögen ihre Nester unter der Dachtraufe an, Raben krächzten in den Bäumen. Tamaras offene Sympathie vom ersten Tag an, ihr unverkrampftes Quatschen, retteten ihn davor, sich zu sehr abzuschotten.
    Er war alleine in die Stadt gezogen, war schon seit Monaten da, aber es fiel ihm schwer, Leute außerhalb der Arbeit kennenzulernen. Manchmal war er einsam. Dann sprach ihn ein älterer Gast unverblümt an und er schlief mit ihm. Lernte durch ihn einen jüngeren Mann kennen und ging auch mit ihm ins Bett. Erfuhr erst dort, dass er einen Freund hatte. Schluckte seine Enttäuschung herunter. Fand es aber trotzdem nett, von ihm zu einer Party bei Freunden eingeladen zu werden. Er ging gespannt und ein bisschen ängstlich hin. Nach der Begrüßung stand er alleine mit seinem Weinglas herum. Außer dem, der ihn eingeladen hatte, kannte er keinen. Er betrachtete die Einrichtung, die Grafiken an den Wänden, die Möbel. Genoss die Stimmung, das warme Licht der Lampen und Kerzen, die laue Spätsommerluft, die durch die offenen Terrassentüren hereinwehte, die angeregten Gespräche der anderen. Sie waren alle älter als er, die meisten wesentlich älter. Er fühlte sich wohl in dieser Runde. Entspannte sich bei dem Gedanken, wurde ruhig.
    Dann kam ein weiterer Gast herein. Er drehte sich um und sah ihn. Der attraktivste Mann im ganzen Raum, um die vierzig, mit graumelierten Haaren und einem einnehmenden Lächeln. Als dieser durch den Raum ging und einige Männer begrüßte, fühlte er seinen Blick kurz auf sich ruhen. Dann wurden sie einander vorgestellt und einer der Gastgeber bat zu Tisch. Peter setzte sich neben ihn. Er genoss seine Nähe, seine behaarten Arme und schönen Hände, die nach Brot, Oliven oder Wein griffen.
    Während des Essens wechselten sie miteinander nur einige Worte über die
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