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Im Zimmer wird es still

Im Zimmer wird es still

Titel: Im Zimmer wird es still
Autoren: Jan Walther
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gar keinen Garten. Sie haben beide keinen Sinn dafür. Nur neben der Haustür haben sie eine Sitzecke hinter Oleanderbüschen. Trotzdem nimmt er eine Erika mit, obwohl er nicht weiß, wo er sie hinstellen soll.
    Dann schlendert er durch die Regale mit Tapeten und Farben. Das Wohnzimmer hat eigentlich eine Renovierung nötig. Die Decke ist angegraut und die Wandfarbe nicht mehr frisch. Aber Renovieren ist im Moment wirklich kein Thema. Trotzdem schaut er sich eine Weile um, legt aber nichts mehr in den Einkaufswagen und geht schließlich zur Kasse. Er schaut auf die Uhr und bekommt ein schlechtes Gewissen, es ist fast sechs. Aber es ist schön, mal herauszukommen, Einkaufen ist fast die einzige Gelegenheit dafür.
    Er kommt gerade rechtzeitig zurück, um die Schwester hereinzulassen. Es ist Schwester Evelyn, die jünger als Schwester Annegret ist. Ihre blonden kurzen Haare sind zu einer stets perfekten Frisur aufgeplustert, um ihren kleinen Mund hat sich ein harter Zug eingenistet. Während er den Einkauf in den Kühlschrank und die Schränke räumt, beobachtet er ihre Handgriffe. Sie verrichtet ihre Arbeit schnell und routiniert. Aber sie strahlt nie dieselbe Ruhe aus wie Schwester Annegret. Manchmal glaubt er, in ihrer schroffen, unfreundlichen Art, ihren unpersönlichen Handgriffen, Vorurteile zu spüren. Vielleicht auch, weil sie einmal eine abfällige Bemerkung über Schwule gemacht hatte, aber möglicherweise hat er sie auch missverstanden.
    Er betrachtet Peters Gesicht, der sich ganz ruhig die Berührungen dieser fremden Frau gefallen lässt, sich sehr freundlich bei ihr bedankt. Er begleitet sie zur Haustür, wo sie sich, ohne ihm die Hand zu geben, verabschiedet und zu ihrem Auto eilt.
    Er geht wieder hinein, beginnt endlich das Abendessen vorzubereiten, es ist schon fast sieben. Behutsam stellt er die Teller auf das Tablett, denn Peter hat die Augen geschlossen, vielleicht schläft er. Am liebsten würde er sich danebenlegen. Er fühlt sich erschöpft. Er bleibt einen Moment am Küchentisch sitzen. Das Essen hat Zeit, er will Peter nicht wecken. Draußen beginnt es zu dämmern. Er vergisst, was er noch erledigen wollte, vergisst die Zeit, starrt aus dem Fenster.
    Schließlich steht er auf, sieht, dass Peter wach ist. Er bringt das Tablett hinüber, sie beginnen zu essen. Peter hat nur wenig Appetit. Er sucht nach einem Gesprächsthema, aber ihm fällt keins ein.
    Als sie fertig sind, räumt er ab, und obwohl es noch gar nicht richtig dunkel ist, zieht er die Vorhänge zu. Er tritt an Peters Bett, wischt einige Krümel von der Tischdecke. Peters Hand streicht über seinen Unterarm, sucht seine Hand. Er zieht die Decke gerade.
    »Ich geh dann mal rüber, ich will mich hinlegen.«
    »Ich bin auch müde«, meint Peter leise.
    »Brauchst du noch was?«
    »Nein.«
    Er küsst ihn auf die Wange. Schließt die Tür leise hinter sich, lässt Peter allein. Er geht durch den dunklen Flur hinüber in sein Zimmer, schließt auch hier die Vorhänge, zieht sich um und legt sich auf die Schlafcouch. Er nimmt die Fernbedienung, dreht sie ein paar Mal in der Hand. Das rote Licht an dem kleinen Fernseher leuchtet nicht. Eigentlich müsste er jetzt aufstehen und ihn anschalten, aber er hat keine Lust mehr fernzusehen, löscht das Licht und schließt die Augen.
    ›Du schläfst doch manchmal mit Mark?‹ – Peter hatte das schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, aber noch nie danach gefragt, wie es darum steht. Er hat Mark nicht einmal von Peters Vorschlag erzählt. Und es ist ihm unangenehm, mit Peter über dieses Thema zu reden. Darüber zu reden, dass er sich meistens zu müde dafür fühlt. Als würde all seine Energie, die über den Alltag hinausgeht, aufgefressen. Als wäre alle Lust aus ihm herausgesaugt. Als wäre sein Körper nicht mehr seiner, nicht mehr jung und schön. Da ist nur noch eine ferne Erinnerung an wohliges Räkeln im warmen Mittelmeer, sich Ausstrecken in kühlen Kissen, als er sich so zu Hause und wohl in seinem Körper gefühlt hat. Darüber zu reden, wie sehr er sich nach Berührung sehnt. Wie sehr sich sein Körper in Peters Hand fallen lassen will, wenn sie einen Moment seine Wange berührt.
    Starke fremde Hände, die über seine Haut gleiten, jede Stelle finden, die sich nach Berührung sehnt. Ein fremder warmer Mund, noch ein Mund, feuchte Berührungen, Zungen. Er öffnet die Kordel an seiner Pyjamahose, schiebt seine Hand hinein. Zwei junge Männer, die ihn mit ihren Händen und Mündern verwöhnen,
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