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Im Zimmer wird es still

Im Zimmer wird es still

Titel: Im Zimmer wird es still
Autoren: Jan Walther
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das Buch weg, schob seine Hände unter Peters Hemd, öffnete es. Erkundete mit seinem Mund Peters Haut, ging an ihm hinunter, wollte ihm Lust bereiten. Nach einer Weile hob er den Kopf: »Was ist los?«
    »Tut mir leid. Ich habe an etwas anderes gedacht.«
    »An was anderes?«, schrie er, sprang auf und rannte ins Bad, verriegelte die Tür. Lehnte sich an die Wand, begann zu weinen. Peter klopfte gegen die Tür: »Es tut mir leid!«
    Er nahm es nur halb wahr. Rutschte mit dem Rücken an der Wand hinunter.
    »Andreas!« Peter beschwor ihn durch die Tür. Er beruhigte sich schließlich, hörte auf zu weinen, wusch sich das Gesicht und ging hinaus. Ließ sich aufs Bett fallen. Peter begann ihn zu streicheln und zu küssen, verwöhnte ihn. Wollte es wieder gut machen. Aber der bittere Beigeschmack wollte nicht vergehen.
    Über viele Tage hinweg blieb es ihr einziger Sex. Bis der Urlaub fast vorbei war. Nach Städtebesichtigungen war Peter erschöpft, und an ruhigen Tagen war er müde und antriebslos.
    Eigentlich war es ein wunderschöner Urlaub. Florenz, Siena, Volterra im milden Licht, braune geschwungene Felder, Restaurants mit freundlichen Wirten, so entspannt, als hätten sie den ganzen Sommer keine Touristen gesehen. Italienische Sätze sprangen ihm leicht von der Zunge. Auf der Piazzale Michelangelo mit dem Blick auf Florenz legte Peter den Arm um seine Schulter.
    Aber um diesen Urlaub wirklich schön zu machen, fehlte ihm der Sex. Es blieb ein Wermutstropfen in dem Chianti, den sie abends auf dem Balkon tranken. Er unterdrückte seine Enttäuschung. Als er ihn fragte, ob er etwas tun könne, zögerte Peter einen Moment, ehe er verneinte. Er wisse auch nicht, was mit ihm los sei.
    Er sah in Peters Gesicht und wusste, dass auch Peter sich Gedanken deswegen machte, unglücklich über die Situation war. Als er versuchte, seiner eigenen Enttäuschung Herr zu werden, erinnerte er sich daran, wie viel Geduld Peter am Anfang gehabt hatte. Dagegen war das nur eine Kleinigkeit. Er umarmte Peter. Ihre Münder fanden sich, Peters Traurigkeit lag in diesem Kuss … seine Leidenschaft. Ihm wurde heiß, er ließ sich ein, genoss seine Erregung, bändigte sie nicht. Peter löste sich von ihm, küsste ihn auf die Stirn und strich über seinen Rücken. Dann sagte er ›Gute Nacht‹ und verschwand im Bad.
    Nachts wartete er, bis Peter eingeschlafen war. Dann befriedigte er sich selbst, hatte Mühe, leise dabei zu bleiben. Am Morgen wandte Peter sich ihm endlich liebevoll zu und sie hatten zärtlichen, entspannten Sex. Danach war Peter schon wieder müde und schlief noch einmal und sie waren die Letzten am Frühstücksbüffet.
    Nach dem Urlaub wirkte Peter erholt, aber bald kamen die Erschöpfung und Müdigkeit wieder, häufiger als zuvor. Sie hatten selten Sex und er vermisste die Leidenschaft, die sich sonst so leicht und selbstverständlich eingestellt hatte. Schon vorher hatte er sich manchmal Gedanken um den Altersunterschied gemacht, aber es waren nur Zahlen gewesen: dreißig und fünfzig, vierzig und sechzig. Nun wurde es plötzlich greifbarer. Peter ging früh ins Bett, hatte immer seltener Lust auszugehen oder etwas zu unternehmen. Keine Lust auf Sex.
    Er fragte sich, was für ein Leben sie führen würden, wenn es mit Peter so weiterginge, wenn ihre Unternehmungen weniger, ihr Lebenskreis enger würde. Wenn er aus Rücksicht auf immer mehr Dinge verzichten müsste.
    Gedanken, die am Anfang ihrer Beziehung keine Rolle gespielt hatten, trieben ihn nun um. In fünfzehn Jahren würde Peter Mitte sechzig sein, auf die siebzig zugehen. Konnte Krankheiten bekommen, schwer krank werden. Er konnte vor ihm sterben. Dann wäre er Ende vierzig. Was hätte er dann noch für Chancen, einen Partner zu finden? Er schämte sich der Trivialität dieses Gedankens, aber er belastete ihn.
    Er ertappte sich dabei, wie er Peters Körper kritisch beäugte. Peter zog sich in der Ecke des Schlafzimmers aus, und er verfolgte, was das unvorteilhafte Licht aus seinem Körper machte. Wölbte sich sein Bauch nicht, wenn er sich vorbeugte, wirkte sein Hintern nicht schlaff? Er erschrak. Plötzlich sah er Peters Körper in zehn, fünfzehn Jahren. Peter kam ins Bett, wollte ihn umarmen, und er wandte sich ab. Lag angespannt wach, schämte sich, konnte das Bild nicht abschütteln. Was, wenn er Peters Körper in diesem Alter nicht mehr attraktiv finden würde? Wenn er ihn nicht mehr begehren könnte?
    Aber was sollte er tun? Sich jetzt trennen, um es nicht
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