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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
Autoren: Tom Clancy
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entdeckt und für die ›Siebte‹, die Verwaltung für Überwachung, angeworben worden war, die es inzwischen wie den KGB längst nicht mehr gab. Anatoli aber war nun schon seit Jahren Golowkos Chauffeur und Leibwächter – gewissermaßen Teil der Familie, wie ein älterer Sohn – und seinem Boss treu ergeben. Er war 33 Jahre alt, groß gewachsen und schnell von Begriff, hatte blonde Haare und blaue Augen. Sie waren momentan größer als sonst, denn obwohl Anatoli jahrelang auf den Umgang mit und den Einsatz von Gewalt hin ausgebildet worden war, hatte er sich noch nie direkt damit konfrontiert gesehen. Schon oft hatte er sich vorgestellt, wie es sein würde, zu töten, doch es war ihm noch nie in den Sinn gekommen, dass es auch ihn erwischen könnte, jedenfalls nicht als Opfer eines Anschlags und schon gar nicht so nahe an seinem Arbeitsplatz. An seinem Schreibtisch im Vorzimmer von Golowkos Büro spielte er die Rolle als dessen persönlicher Sekretär. Sein Amt als Leibwächter hatte er bisher mit lässiger Routine versehen können, da es niemand wagen würde, seinen Schützling zu attackieren. Jetzt aber war ihm und vor allem seinem Boss diese Sicherheit genommen.
    Bezeichnenderweise war es Golowko, der als Erster wieder klar sah.
    »Anatoli?«
    »Ja?«
    »Ich will wissen, wer da draußen ums Leben gekommen ist – und ob es auch der ist, dem der Anschlag galt. Ruf bei der Miliz an und erkundige dich nach dem Stand der Ermittlungen.«
    »Sofort.« Das ansehnliche junge Gesicht zog sich zurück.
    Golowko holte tief Luft, stand auf und warf einen weiteren Blick durchs Fenster. Ein Feuerwehrwagen war inzwischen zur Stelle. Feuerwehrmänner besprühten das brennende Auto mit Schaum. Mittlerweile stand auch ein Krankenwagen bereit. Reine Verschwendung an Personal und Zeit, dachte Sergei Nikolaiewitsch. Als Erstes galt es jetzt, das Nummernschild zu bergen und den Halter des Wagens festzustellen. Dann würde sich klären lassen, ob das Opfer an Golowkos Stelle gestorben war oder selbst einen Todfeind gehabt hatte. Noch herrschte der Schock über den Anschlag vor. Von einer Wut war noch nichts zu spüren. Aber die würde sich wahrscheinlich bald einstellen, dachte Golowko und steuerte auf seine persönliche Toilette zu, weil sich plötzlich die Blase meldete – ein peinliches Zeichen von Schwäche. Doch er hatte noch nie eine so unmittelbare Furcht erlebt und kannte Schreckensszenen wie die soeben erlebte bislang nur aus Kinofilmen. Deren Hauptakteure zeigten sich immer mutig und entschlossen – kein Wunder, waren ihnen doch alle Worte in den Mund gelegt und alle Reaktionen gründlich einstudiert. Und es war etwas ganz anderes, wenn plötzlich und ohne Vorwarnung echter Sprengstoff in die Luft ging.
    Wer hat es auf mich abgesehen? , fragte er sich und bediente die Spülung.
     
    Die amerikanische Botschaft, nur wenige Kilometer entfernt gelegen, hatte ein Flachdach mit einem Sammelsurium an Funkantennen, von denen die meisten zu diversen Radioempfängern unterschiedlicher Bauart und Leistung gehörten, die wiederum an Tonbandgeräte angeschlossen waren. In dem Raum, wo abgehört und aufgenommen wurde, befanden sich ein Dutzend Personen, sowohl Zivilisten als auch Militärangehörige, allesamt aber hochqualifizierte Slawisten, die der National Security Agency in Fort Meade, Maryland, Bericht erstatteten. Einer der vielen Apparate in diesem Raum war ein Peilgerät der Art, wie sie auch von amerikanischen Bürgern eingesetzt wurde, um den Polizeifunk mitzuhören. Die hiesige Miliz funkte im selben Frequenzbereich und mit denselben Geräten wie die amerikanischen Kollegen vor 30 Jahren. Sie abzuhören war ein Kinderspiel, zumal sie ihre Funksprüche nicht einmal verschlüsselten. Gelauscht wurde jetzt auch hinsichtlich des Unfalls, um gewissermaßen einen Finger an den Puls von Moskau zu halten. Die Kriminalität in dieser Stadt nahm immer bedrohlichere Ausmaße an, und für das Botschaftspersonal war es sinnvoll zu wissen, um welche Stadtteile man besser einen großen Bogen machte. Außerdem galt es natürlich, Ermittlungen aufzunehmen, falls einer der vielen tausend amerikanischen Bürger Opfer einer Gewalttat werden sollte.
    »Explosion?«, fragte ein Sergeant ins Funkgerät. Dann drehte er sich um und sagte: »Lieutenant Wilson, die Polizei meldet eine Explosion unmittelbar vor dem Moskau Center.«
    »Was für eine?«
    »Da ist anscheinend ein Auto in die Luft geflogen. Feuerwehr ist vor Ort,
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