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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
Autoren: Tom Clancy
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denken. Und er war zu intelligent, als dass er eine Frage gestellt hätte wie: Warum sollte jemand den Wunsch haben , mich um die Ecke zu bringen? Natürlich wusste er, dass Männer in seiner Position Feinde hatten, mitunter auch solche, die gefährlich werden konnten – wohl aber keine, die so dumm waren, einen Mordversuch zu wagen. Vendetten anzufangen war viel zu riskant, und aus diesem Grund gab es so etwas auch nicht. Die Gepflogenheiten im internationalen Spionagegewerbe waren bemerkenswert gediegen und zivilisiert. Trotzdem kam es immer wieder zu Todesfällen. Wer zum Schaden von Mütterchen Russland für eine fremde Regierung spionierte und dabei erwischt wurde, musste sich auf einiges gefasst machen – auch heutzutage noch. Hochverrat war immer noch Hochverrat. Wer sich eines solchen Vergehens schuldig machte, durfte sich nicht wundern, wenn er – wie hieß es im Westen so schön rechtsstaatlich? – im Zuge der Strafverfolgung ums Leben kam. Ja, ja. Die Amerikaner und ihre Anwälte! Was diese Anwälte billigten, war wirklich rechtens und zivilisiert.
    »Wer war noch in dem Wagen?«, wollte Golowko wissen.
    »Sein Chauffeur. Wir kennen seinen Namen. Er war vorher bei der Miliz. Bei der dritten Person handelt es sich anscheinend um eine seiner Frauen. Wie sie heißt, wissen wir noch nicht.«
    »Was wissen wir über Gregoris Gewohnheiten? Warum war er zu dieser Zeit auf dem Platz?«
    »Das muss noch geklärt werden, Genosse«, antwortete Major Schelepin. »Die Miliz beschäftigt sich auch mit dieser Frage.«
    »Wer leitet die Ermittlungen?«
    »Oberstleutnant Schablikow.«
    »Jefim Konstantinowitsch – ja, den kenne ich. Guter Mann«, sagte Golowko. »Ich vermute, er wird seine Zeit brauchen.«
    »So ist es«, pflichtete Schelepin bei.
    Mehr Zeit, als diesem Rasputin fürs Sterben blieb , dachte Golowko. Das Leben war doch etwas Seltsames, so dauerhaft, wenn man es besaß, so flüchtig, wenn es verloren ging. Und wer es verloren hatte, konnte nicht mehr darüber Auskunft geben, wie es gewesen war. Es sei denn, das Leben ging weiter – unter Geistern, bei Gott, in einer Hinterwelt. Aber das waren Fragen, die in Golowkos Kindheit irgendwie ausgeblendet gewesen waren. Wieder so ein großes Mysterium, dachte der Chefspion. Er war der Lösung sehr nahe gekommen, das erste Mal in seinem Leben. Und er fragte sich: Ließ sich das als Mut bezeichnen? Er hatte sich selbst nie für besonders mutig gehalten, zumal er sich noch nie an Leib und Leben unmittelbar hatte bedroht fühlen müssen. Nicht, dass er jeglicher Gefahr aus dem Weg gegangen wäre, er war ihr nur noch nie so nahe wie heute gewesen. Und nun, da der Schock darüber nachließ, machte sich bei ihm nicht so sehr Bestürzung als vielmehr Neugier bemerkbar. Warum war dies passiert? Wer steckte dahinter? Damit es sich nicht wiederholen konnte, mussten diese Fragen beantwortet werden. Es reicht, einmal mutig gewesen zu sein, dachte Golowko.
     
    Dr. Benjamin Goodley kam um 5.40 Uhr in Langley an, fünf Minuten früher als sonst. Sein Job als Geheimdienstler ließ ihm kaum Zeit für soziale Kontakte, was er bedauerte. Immerhin war er im heiratsfähigen Alter, sah gut aus und hatte beruflich wie geschäftlich viel versprechende Aussichten. Nun ja, geschäftlich vielleicht nicht so, dachte Goodley, als er seinen Wagen auf einem der Besucherparkplätze gleich neben dem überdachten Eingangsbereich des alten Hauptquartiers abstellte. Er fuhr einen Ford Explorer, weil der auch im Schnee hervorragend Spur hielt, und es würde bald schneien. Zumindest stand der Winter vor der Tür, und das Winterwetter in der Gegend um Washington, D.C., war extrem wechselhaft und unvorhersehbar. Obwohl die Öko-Fritzen, die vor einer globalen Erwärmung warnten, für dieses Jahr einen ungewöhnlich kalten Winter voraussagten. Die Logik dieser Aussage wollte Goodley nicht so recht in den Kopf gehen. Vielleicht würde ihm der wissenschaftliche Berater des Präsidenten in dieser Sache auf die Sprünge helfen können. Der Neue war ziemlich gut und wusste selbst schwierige Sachverhalte mit einfachen Wörtern zu erklären.
    Goodley passierte die Schleuse und fuhr mit dem Fahrstuhl nach oben.
    Um 5.50 Uhr betrat er die Einsatzzentrale.
    »Hi, Ben«, grüßte einer.
    »Morgen, Charlie. Irgendwas Interessantes passiert?«
    »Ja, das wird Ihnen gefallen«, antwortete Charlie Roberts. »Ein großer Tag für Mütterchen Russland.«
    »Wie bitte?« Goodley kniff die Brauen zusammen. Er
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