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Im Zeichen der Roten Sonne

Im Zeichen der Roten Sonne

Titel: Im Zeichen der Roten Sonne
Autoren: Federica de Cesco
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Versteck hervor und jagte hinter mir her. Ich ließ ihn dicht herankommen, bevor ich jählings herumwirbelte, den Pfeil abschoss und ihn in die Brust traf. Als der Mann nach einer Weile still lag, trat ich an ihn heran. Zum ersten Mal konnte ich einen dieser Krieger aus der Nähe sehen. Der fast nackte Körper war schwarz und ockerfarben bemalt. Sein geflochtenes Haar war mit Muscheln geschmückt. Die Maske aus Federn, die sein Gesicht bis auf einen Schlitz für die Augen bedeckte, verwandelte ihn in ein seltsames Ungeheuer, halb Mensch, halb Vogel. Ich bezwang Ekel und Grauen, riss den Pfeil aus der Wunde, um den zu ersetzen, den ich verloren hatte.
    Gerade säuberte ich ihn im Sand, als von allen Seiten Geschrei losbrach. Hunderte von brennenden Pfeilen erleuchteten die Nacht, bevor sie wie Sternschnuppen auf die Stadt niedersanken. Schon sprühten Funken über die Strohdächer, Flammen züngelten auf, verteilten sich in alle Richtungen. Rauchfahnen wirbelten umher, wurden dichter. Ein herber, ekelerregender Geruch breitete sich aus. Aufgeregte Vögel taumelten mit wirrem Flügelschlag empor. Mitten im Kampfgetümmel liefen Menschen mit Wasserbehältern hin und her und versuchten, die Flammen zu löschen. Doch der Wind schürte das Feuer: Ein Haus entzündete sich, dann ein anderes, und immer weitere. Der rote Schein schwang sich höher und höher und trug seinen Rauch und seine Funken in den Himmel empor. Im Licht der Flammen sah ich eine Frau, die mit einem Bambusstock einen Sperbermenschen in Schach hielt. Der Mann hatte einen Krummdolch in der Hand, doch wir lernten, mit einem Stock wie mit einem Speer umzugehen. Mit kräftigen, geschickten Schlägen gelang es der Frau, ihren Angreifer abzuwehren. Plötzlich täuschte sie ihn mit einer Finte, und als der Mann den Dolch hob, schlug sie ihm mit voller Kraft in den Magen. Kaum sank er zu Boden, entriss ihm die Frau die Waffe und warf sich erneut ins Gewühl.
    Ich legte einen neuen Pfeil an und bewegte mich vorsichtig im Schatten der Hauswand, als aus der Dunkelheit die Gestalt eines Kriegers auftauchte.
    Der Mann war ganz in schwarze Seide gehüllt. Seine eiserne Rüstung war mit Silberplatten belegt, die im Feuerschein funkelten. Er trug lederne Beinschützer. Seine Hände waren ebenfalls mit ledernen Bändern umwickelt. Eine purpurne Federmaske bedeckte sein Gesicht. Unter dem Helm, der mit dem Zeichen der Mondsichel versehen war, quoll eine pechschwarze, wilde, glänzende Haarfülle hervor auf seine Schultern, wogte auf seine Brust, wehte um seine Hüften. In der Hand hielt er ein Schwert mit sieben Klingen.
    Mein Atem flog. Gebannt starrte ich auf den Mann und seine Waffe, erkannte das Schwert meiner Vision. Jetzt sah ich deutlich die sieben flammengleich gebogenen Klingen, den massiven silbernen Griff. Trotz seiner außergewöhnlichen Länge schien es seltsam handlich und dennoch von furchterregender Wirksamkeit, gefährlicher als ein Hornissenschwarm. Umgeben von Feuer und Rauch, schritt mir der Krieger entgegen. Ich sah ihn kommen, und es war, als ob sich die Erde vor mir auftat. Plötzlich blieb er stehen. Ich wich langsam zurück, in den Schatten, als ein brennender Pfeil meine Schulter streifte. Ich biss vor Schmerz die Zähne zusammen. Durch den zerfetzten Stoff sah ich die blutige Wunde. Zitternd presste ich die Hand darauf. Der Pfeil hatte die Hauswand hinter mir durchbohrt. Das Holz entzündete sich sofort. Beißender Qualm stieg auf. Mein Atem rasselte. Mir war, als brenne das Feuer in meiner eigenen Brust. Gerade wollte ich, halb erstickt, die Flucht ergreifen, als der Krieger sich wieder in Bewegung setzte. Er ging so dicht an mir vorbei, dass ich das Klirren seiner Rüstung hörte. Ich stand völlig unbeweglich, hielt mit aller Kraft den Atem an. Durch den Rauch sah ich den Mann und sein Schwert sich entfernen, sich auflösen im rötlichen Dunst.

    Später. Wie viel Zeit war vergangen? Ich wusste es nicht. Benommen stützte ich meinen blutenden Arm, wankte durch die Trümmer. Ich stolperte fast über einen gleichaltrigen Jungen, der sich mühevoll am Boden voranschleppte. Ein Pfeil steckte in seinem Rücken. Schwerfällig kniete ich neben ihm nieder. »Halt dich irgendwo fest!«
    Er gehorchte, umklammerte einen von den Flammen verschonten Balken. Ich stemmte mich ab und zog mit aller Kraft. Er schrie, als die Pfeilspitze ihm einen
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