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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme
Autoren: Federica de Cesco
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wurden zu flackernden Kreisen, die sich ausdehnten, bis sie dem Blick entschwanden. Das Brausen des Wassers schwoll zu Donner an und ein weiß glühendes Messer schien sich in meine Lunge zu bohren. Ich streckte die Arme aus. Meine Hände packten den harten, glitschig gewordenen Griff. Ich riss das Schwert aus dem Sand und schlug mit meiner Schulter hart gegen den mit Korallen bewachsenen Felsen. Ein stechender Schmerz durchzuckte mich, doch schon schoss ich aufwärts, dem Licht entgegen.
    Ich kam an die Oberfläche, hustete, würgte und atmete wie jemand, der vom Tode aufersteht. In einiger Entfernung von mir tanzte das Boot auf den Wellen. Ich sah, wie Hana aufschrie und die Hand nach mir ausstreckte.
    Hastig ruderten die Frauen auf mich zu. Das Gewicht des Schwertes drohte, mich nach unten zu ziehen; ich konnte die Waffe kaum noch halten. Blut floss mir über die Schulter. Die messerscharfen Korallen hatten die Haut tief aufgeschürft, aber ich spürte kaum den Schmerz. Schon ergriff Etsu meine Hand, die das Schwert hielt, Hana die andere. Die beiden zogen mich ins Boot. Triefend, mit klappernden Zähnen, kauerte ich auf dem Kissen und legte das Schwert behutsam vor mir hin. Die Klingen blinkten im Sonnenlicht; geblendet schloss ich die Augen. Das nasse Haar klebte an meiner blutigen Schulter. Mein ganzer Körper bebte vor Kälte. Während Etsu ruderte, rieb Hana mich ab und legte ein sauberes Tuch über die Wunde. Sie hüllte mich in mein Gewand und befestigte die Schärpe. Dann trocknete sie mein Haar, betupfte jede einzelne Strähne mit Öl und kämmte es mit einem Bambuskamm. Ich ließ alles wortlos mit mir geschehen. Ich war zu Tode erschöpft und meine Haut hatte eine grünlich blasse Färbung angenommen. Doch als wir das Ufer erreichten, fühlte ich mich besser. Ich kniete auf dem Kissen nieder, richtete mich auf und hielt den Griff des Schwertes mit beiden Händen umfasst. Das Wasser hatte den Klingen nicht geschadet. Hana hatte den Stahl mit einem Seidentuch abgerieben und ihn von seiner leichten Schaumschicht befreit.
    Die Priesterinnen zogen das Boot auf den Sand. Ich stieg ins seichte Wasser, das schwappend den Saum meines Gewandes umspülte, und schritt ans Ufer. Ich hielt das Schwert hoch über meinen Kopf, damit alle es sehen konnten. Die Waffe funkelte wie ein bläuliches Strahlenbündel, und jeder spürte die Kraft, die von ihr ausging. Die Reihen der Menge durchlief eine Bewegung. Wie ein einziger Mann beugten die Reiter die Köpfe, und das Fußvolk ließ sich zu Boden fallen, verharrte regungslos, die Gesichter im Sand. Unter dem königlichen Baldachin senkten Generäle und Offiziere wie aus einem inneren Zwang heraus die Stirn.
    Nur der Herrscher saß aufrecht, bewegungslos. Die flatternden Standarten über seinem Kopf hüllten ihn abwechselnd in rote, grüne und goldene Schatten. Seine Augen waren mit glasiger Härte auf das Schwert gerichtet. Ich spürte, wie er sich gewaltsam zur Ruhe zwang. Sein Verstand hatte sofort den Nutzen erkannt, den er aus dem Ereignis ziehen konnte. Und so erhob er sich; seine blitzenden Augen wanderten über die Menge, und er redete das kniende Heer an: »O meine Krieger! Heute ist ein glücklicher Tag! Ein großes Wunder geschah! Ich opferte das Schwert dem Kami 2 des Ozeans, doch dieser verweigerte die Gabe, denn das Sternenschwert ist Eigentum der Großen Erlauchten Amaterasu, Herrin über Himmel und Erde. Der Kami ließ nicht zu, dass ich einen Frevel beging. Zum Dank dafür gelobe ich, ihm an dieser Stelle ein Heiligtum zu errichten …«
    Die Krieger brachen in tosenden Jubel aus. Die Tungusen reckten ihre Waffen in die Höhe und stießen ihren Schlachtruf aus. Da geschah etwas Seltsames: Alle Krieger aus Yamatai zogen die Schwerter und hielten ihre Schildeder Sonne entgegen. Mit der flachen Klinge schlugen sie auf das Metall; der harte, helle Klang übertönte das Rauschen der Brandung. Aufrecht stand ich im Wind, der an meinem Gewand zerrte. Die Waffe zitterte in meinen Händen, und ich spürte, wie heiße Tränen mir in die Augen stiegen. Ich wusste, die Huldigung galt nicht mir, sondern dem Mann, der das Sternenschwert geschmiedet und mit seinem Geist beseelt hatte. Und ich sah, dass Iri es ebenfalls wusste, denn sein Gesicht überzog sich mit der feuerroten Welle des Zornes. Er zischte einen Befehl, den seine Ordonnanz weitergab. Die
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