Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Taumel der Sehnsucht

Im Taumel der Sehnsucht

Titel: Im Taumel der Sehnsucht
Autoren: Julie Garwood
Vom Netzwerk:
...?«
    Der arme Kerl schien es nicht fassen zu können. Offenbar war das eben Erlebte zuviel für ihn.
    »Ja, ich habe geschossen. Aber Benjamin«, sie deutete auf den Riesen, der hinter ihr stand, »hat mir geholfen.«
    Der Gentleman riß seinen Blick von Caroline los und blickte über ihre Schulter. Seine Reaktion auf den farbigen Mann beunruhigte Caroline - er sah ganz so aus, als würde er jeden Moment in Ohnmacht fallen. Zudem wirkte er vollkommen verwirrt, ja beinahe desorientiert, und Caroline kam zu dem Schluß, daß der Schrecken, den die Banditen ihm eingejagt hatten, und seine Verwundung daran schuld waren, daß sein Verstand im Augenblick ein wenig langsam funktionierte. »Wenn ich meine Waffen nicht benutzt hätte, dann wären Sie jetzt ein toter Mann.«
    Sie drehte sich zu Benjamin um und reichte ihm die Zügel ihres Hengstes. »Reite zur Kutsche zurück und erzähl Charity, was passiert ist. Sie rauft sich wahrscheinlich schon die Haare vor Sorge.«
    Benjamin nickte und setzte sich in Bewegung. »Bring das Schwarzpulver mit. Nur vorsichtshalber«, rief Caroline ihm hinterher. »Ach, und Charitys Arzneibeutel.«
    Nun wandte sie sich wieder an den Fremden. »Schaffen Sie es, in die Kutsche zu klettern?« fragte sie. »Dort haben Sie es bequemer, wenn ich nach Ihrer Wunde sehe.«
    Der Mann nickte und stieg vorsichtig das kleine Treppchen hinauf. Er stolperte und wäre fast hintenübergefallen, doch Caroline konnte ihn noch gerade rechtzeitig stützen.
    Als er sich auf dem dicken, burgunderroten Polster der Bank niedergelassen hatte, hockte sich Elizabeth auf den Boden zwischen seine ausgestreckten Beine. Die Wunde befand sich an einer äußerst ungünstigen Stelle, und Caroline spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Peinlich berührt zögerte sie, da sie nicht wußte, wie sie vorgehen sollte, doch als nun wieder frisches Blut an den rehbraunen ledernen Hosen herabsickerte, verwarf sie ihre Bedenken.
    »Das ist mir sehr unangenehm«, flüsterte der Mann. Er hörte sich weniger verlegen als gequält an, und Caroline hatte plötzlich nur noch Mitleid mit ihm.
    Die Wunde befand sich fast genau im Schritt, an der Innenseite seines linken Schenkels. »Sie haben großes Glück gehabt«, flüsterte Caroline. »Es ist ein glatter Durchschuß. Wenn ich den Stoff ein bißchen zerreiße, dann -«
    »Auf keinen Fall ruinieren Sie meine Hose!« stieß der Mann empört hervor. Caroline setzte sich auf ihre Fersen, um in sein Gesicht zu sehen.
    »Und meine Stiefel! Schauen Sie sich nur meine Stiefel an!«
    Offenbar hatte ihn der Vorfall noch mehr mitgenommen, als Caroline geglaubt hatte. Der Mann wirkte, als befände er sich am Rande der Hysterie.
    »Das kommt schon wieder in Ordnung«, sagte sie ruhig. »Darf ich Ihre Hose ein Stückchen einreißen?«
    Der Gentleman holte tief Luft, verdrehte die Augen zum Himmel und nickte. »Wenn es sein muß«, hauchte er resigniert.
    Bevor er es sich anders überlegen konnte, zog Caroline rasch einen Dolch aus der Scheide, die um ihren Knöchel befestigt war.
    Der Mann beobachtete sie, und zum ersten Mal erschien ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht. »Reisen Sie immer so gut ausgestattet, Madam?«
    »Dort, wo wir herkommen, lebt man länger, wenn man ausreichend bewaffnet ist«, erklärte Caroline. Es war eine ausgesprochen knifflige Aufgabe, die Klinge unter den enganliegenden Stoff zu schieben. Caroline hatte den Eindruck, als säße die Hose im wahrsten Sinne des Wortes wie angegossen und fragte sich, wie der Mann überhaupt bequem sitzen konnte. Vorsichtig bohrte und säbelte sie mit der Messerspitze zwischen den Beinen des Mannes herum, bis es ihr schließlich gelang, den Stoff soweit aufzuschlitzen, daß die Wunde offen lag.
    Dem Gentleman war der ungewöhnliche Akzent der schönen Frau, die vor ihm kniete, nicht entgangen. »Ah, Sie kommen aus den Kolonien! Dort soll es höchst barbarisch zugehen, wie ich gehört habe.« Er sog scharf die Luft ein, als Caroline die Ränder der Wunde betastete, und fuhr dann ein wenig gepreßt fort: »Nun, dann ist es natürlich kein Wunder, daß Sie ein ganzes Arsenal mit sich herumschleppen.«
    Caroline sah überrascht auf. »Es ist wahr, ich komme aus den Kolonien, aber das ist nicht der Grund, warum ich Waffen bei mir habe, Sir.« Sie schüttelte vehement den Kopf und setzte hinzu: »Wir kommen gerade aus London!«
    »London?« fragte der Fremde verwirrt.
    »Ja, genau. Die Geschichten von den Verbrechen, die täglich in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher