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Im Taumel der Sehnsucht

Im Taumel der Sehnsucht

Titel: Im Taumel der Sehnsucht
Autoren: Julie Garwood
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Stadt begangen werden, sind sogar bis nach Boston gedrungen. Mord, Totschlag, Raub ... unfaßbar, was einem dort alles zustoßen kann! London ist korrupt und dekadent, das weiß jeder in Übersee. Meine Cousine und ich haben hoch und heilig versprechen müssen, daß wir alle möglichen Maßnahmen treffen, um uns im Notfall verteidigen zu können. Natürlich sollen wir vor allem aufpassen, daß wir gar nicht erst in Gefahr geraten! Was mir hier gar nicht so einfach erscheint.«
    »Ha! Ich habe über die Kolonien dieselben Geschichten gehört«, antwortete der Mann mit einem verächtlichen Schnauben. »London ist weit zivilisierter, meine liebe, unwissende Frau.« Caroline fand, daß er sich entsetzlich herablassend anhörte, nahm jedoch keinen Anstoß daran.
    »Sie verteidigen Ihre Heimat, und das ist sicherlich sehr löblich«, erwiderte sie seufzend. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder seinem Bein zu, bevor er sich eine passende Antwort ausdenken konnte, und fügte hinzu: »Würden Sie mir bitte Ihr Halstuch geben?«
    »Äh ... wie beliebt?« fragte der Fremde. Zwischen den mühsam hervorgebrachten Worten biß er sich immer wieder auf die Unterlippe; offenbar hatte er große Schmerzen.
    »Ich brauche etwas, um den Blutfluß zu stoppen«, erklärte sie.
    »Wenn irgendjemand davon erfährt, dann bin ich das Gespött von ganz London«, stöhnte er. »An so einer unanständigen Stelle eine Schußwunde zu erhalten, eine Lady, die sich darum kümmert, und nun auch noch meine Krawatte... Mein Gott, das ist einfach zuviel! Diese Schmach!«
    »Schon gut, machen Sie sich keine Sorgen. Wir brauchen Ihre Krawatte gar nicht«, besänftigte Caroline ihn in dem Tonfall, in dem sie immer kleine Kinder tröstete. »Ich nehme einen Streifen aus meinem Unterrock.«
    Der Gentleman schien noch nicht wirklich beruhigt. Er hielt seine Krawatte mit einer Hand an den Hals gepreßt, als wollte er das Stück Stoff mit seinem Leben verteidigen. Caroline kostete es nun schon etwas mehr Mühe, mitfühlend zu klingen, als sie fortfuhr: »Ich verspreche Ihnen, daß ich niemandem von diesem unglücklichen Vorfall erzähle. Ja, ich kenne noch nicht einmal Ihren Namen! Sehen Sie, wie unproblematisch alles ist? Im Augenblick werde ich Sie ... hm, ich nenne Sie Mr. George. Nach Ihrem König. Na, was halten Sie davon?«
    Offenbar gar nichts, denn die Augen des Mannes weiteten sich plötzlich entsetzt. Caroline grübelte eine Weile über den Grund nach und glaubte ihn schließlich erkannt zu haben. »Nun, ich vergaß, daß Ihr König ein wenig ... nun, unpäßlich ist. Vielleicht ist der Name doch nicht so gut. Wie wäre es mit Smith? Harold Smith?«
    Der Mann nickte und stieß erleichtert den Atem aus.
    »Fein«, sagte Elizabeth. Sie tätschelte sein Knie, sprang dann rasch aus der Kutsche und bückte sich, um einen Streifen ihres Unterrocks abzureißen.
    Das Geräusch von herangaloppierenden Hufen schreckte sie auf. Sie erstarrte, als sie bemerkte, daß das Pferd von Norden auf sie zukam - Benjamin und die Mietkutsche befanden sich in genau der anderen Richtung. Kehrte einer der Banditen zurück? »Geben Sie mir die Pistole, Mr. Smith«, befahl sie, als sie rasch den Dolch in die Schlinge an ihrem Knöchel zurückschob und den Stoffetzen ihres Unterrocks durchs Fenster warf.
    »Aber sie ist leer«, rief der Mann panisch.
    Auch Caroline packte nun die Furcht. Sie mußte gegen den Drang ankämpfen, ihre Röcke zu raffen, und davonzulaufen. Doch das war feige und kam selbstverständlich nicht in Frage. Sie konnte den verletzten Mann hier nicht allein und schutzlos zurücklassen. »Mag sein, daß sie leer ist, aber das wissen nur Sie und ich!« rief sie ihm tapfer zu. Sie nahm die Pistole, die ihr durchs Fenster gereicht wurde, atmete tief durch und sandte ein stilles Gebet zum Himmel, daß auch Benjamin den Reiter gehört hatte. Oh, warum mußten ausgerechnet jetzt ihre Hände zu beben anfangen?
    Endlich kamen Pferd und Reiter um die Biegung der Straße gestoben. Caroline konzentrierte sich zuerst auf das Pferd, ein riesiges, schwarzes Tier, das mindestens drei Handbreit größer war als ihre Araber. Sie spürte, wie die Erde unter ihren Füßen erzitterte, und ihr schoß plötzlich durch den Sinn, daß das Ungeheuer sie vermutlich zu Tode trampeln konnte. Sie hielt die Pistole so ruhig wie möglich, wich jedoch unwillkürlich einen Schritt zurück. Als das Pferd abrupt vor ihr zum Stehen kam und dabei eine Fontäne aus Staub und Sand aufwirbelte, kniff
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