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Im Taumel der Sehnsucht

Im Taumel der Sehnsucht

Titel: Im Taumel der Sehnsucht
Autoren: Julie Garwood
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herumzugehen.
    Das Mädchen bückte sich und hob die Pistole auf. »Papa, ich helf dir«, wimmerte es. Die Waffe war kalt und schwer, als es sie mit beiden Händen umfaßte, und es hörte ein leises Klicken, als sich seine kleinen Finger um den Hahn schlossen.
    Mit ausgestreckten, zitternden Armen hob es die Waffe und richtete den Lauf so gut es ging auf die beiden Kämpfenden, während es mit zögernden Schritten auf seinen Vater zuging. Es wollte ihm die Waffe geben, blieb jedoch abrupt stehen, als der Fremde plötzlich sein Messer in die Schulter ihres Vaters stieß. Der Fremde, der in den Schatten gelauert hatte, sprang vor, um seinen Kumpanen zu unterstützen.
    »Papa, ich helf dir!« schrie die Kleine gequält auf. Ihre Schluchzer drangen durch das angestrengte Grunzen der Kämpfenden. Dann, plötzlich, hielten alle drei inne und starrten ungläubig auf das vierjährige Mädchen, das den Lauf der Pistole auf sie gerichtet hielt.
    »Nein!« kreischte der Teufel. Er lachte nun nicht mehr.
    »Lauf, Caroline! Lauf weg, Baby, lauf!«
    Die Warnung kam zu spät. Das Kind stürzte auf seinen Vater zu, trat dabei jedoch auf den Saum seines langen Nachthemds. Als es stürzte, zogen sich die Finger instinktiv um die Waffe zusammen, und es schloß die Augen, als es auf den Boden aufschlug. Der Schuß, der durch die Eingangshalle krachte, war ohrenbetäubend.
    In der tödlichen Stille, die folgte, öffnete das kleine Mädchen die Augen und sah, was es getan hatte.
    Dann wurde alles um es herum schwarz.

 
KAPITEL 1
     
    England, 1802
     
    Schüsse zerrissen die Stille und störten den Frieden der romantischen englischen Landschaft, durch die die Kutsche fuhr.
    Caroline Mary Richmond, ihre Cousine Charity und ihr schwarzer Begleiter Benjamin sahen aneinander an. Charity, die glaubte, daß es sich um den Donner eines herannahenden Gewitters handelte, blickte aus dem Fenster und runzelte die Stirn, als sie sah, daß der Herbsthimmel klar und blau war. Nicht eine einzige Wolke war in Sicht. Sie wandte sich zu ihrer Cousine um und wollte gerade eine Bemerkung machen, als Caroline sie an den Schultern packte und sie auf den Boden der gemieteten Kutsche zerrte.
    Als ihre Cousine flach auf dem Bauch lag, zog Caroline eine kleine silberne Pistole mit Perlmuttgriff aus ihrem Perlentäschchen. Sie stützte sich auf Charitys Rücken ab, als die Kutsche jäh zum Stehen kam.
    »Caroline, was in Gottes Namen soll das?« kam es gedämpft vom Boden her.
    »Gewehrschüsse«, zischte Caroline.
    Benjamin, der noch auf der Bank gegenüber saß, zog nun seine eigene Waffe, entsicherte sie und spähte vorsichtig aus dem offenen Fenster.
    »Da vorne stimmt was nich`!« rief der Kutscher in seinem breiten, irischen Akzent. »Wir warten, besser hier ab!« Man hörte, wie er vom Kutschbock kletterte, und Ben sah ihn an dem Wagen vorbeirennen.
    »Siehst du etwas?« fragte Caroline.
    »Nur den Fahrer, der sich in den Büschen verkriecht«, antwortete Benjamin verächtlich.
    »Ich kann überhaupt nichts sehen«, murmelte Charity mißmutig. »Caroline, nimm wenigstens deine Füße von mir. Nachher habe ich überall deine Schuhabdrücke auf meinem Kleid.« Sie kämpfte sich mühsam hoch und blieb auf ihren Fersen sitzen. Ihre Haube war ihr vom Haar gerutscht und hing nur noch an dem Band um ihren Hals. Ihre Haare waren ein einziges Durcheinander aus blonden, wirren Locken und rosafarbenen und gelben Bändern. Die drahtgefaßte Brille hing schief auf der Spitze ihrer winzigen Nase, und sie blinzelte angestrengt, während sie versuchte, ihr Äußeres wieder in Ordnung zu bringen.
    »Wirklich, Caroline, manchmal wünschte ich, du wärest nicht ganz so eifrig darauf bedacht, mich zu beschützen«, sagte sie mürrisch. »Oh, Himmel, mir ist ein Glas aus der Brille gefallen. Es muß irgendwo in den Falten meines Kleids stecken. Oh, guter Gott!« Sie stöhnte, während sie hilflos an ihrem Kleid herabblickte, dann fragte sie ängstlich: »Meinst du, es sind irgendwelche Strauchdiebe, die ahnungslosen Reisenden auflauern?«
    Caroline blickte konzentriert aus dem Fenster. »Wenn man von der Anzahl der Schüsse und der Reaktion unseres Kutschers ausgeht, sieht es ganz so aus«, antwortete Caroline. Sie verlieh ihrer Stimme absichtlich einen ruhigen, fast heiteren Klang, um Charitys wachsender Nervosität entgegenzuwirken. »Benjamin? Sieh bitte nach den Pferden. Wenn sie ruhig genug sind, dann reiten wir weiter und bieten unsere Hilfe an.«
    Benjamin nickte und
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