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Im Tal der Sehnsucht

Im Tal der Sehnsucht

Titel: Im Tal der Sehnsucht
Autoren: Margaret Way
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schnell genug. Dazu kam alles zu plötzlich. Der erste Fahrer schaffte es noch, das Steuer herumzureißen, nahm aber dem des folgenden Lieferwagens mit diesem Manöver die Sicht.
    Eine Frau, die ihre kleine Tochter an der Hand hielt, schrie erschrocken auf. Leona selbst kam gar nicht dazu, Angst zu empfinden, obwohl sie damit rechnete, jeden Augenblick überrollt zu werden. Stattdessen handelte Rupert. Er packte Leona von hinten und stieß sie zurück in die wartende Menge, ohne an seine eigene Sicherheit zu denken.
    Dabei wurde Rupert vom Kühler des Wagens erfasst und wie eine Puppe in die Luft geschleudert. Leona sah noch, wie er auf das Pflaster fiel, ehe sie zum ersten Mal in ihrem Leben das Bewusstsein verlor.
    Die Sechsuhrnachrichten begannen mit einer Sensationsmeldung: Rupert Blanchard war tot. Mit ernster Miene und gedämpfter Stimme berichteten die Sprecher mehrerer Fernsehsender von dem milliardenschweren Menschenfreund, einem der reichsten Unternehmer des Landes, der sich geopfert hatte, um das Leben seiner zukünftigen Schwiegertochter zu retten. Er war zwar auf dem schnellsten Weg in ein Krankenhaus gebracht worden, aber leider unterwegs seiner schweren Kopfverletzung erlegen.
    Auch Leona war ins Krankenhaus eingeliefert worden. Sie stand noch unter Schock und hätte fast geglaubt, was öffentlich über Ruperts Tod verlautete. Hatte er sich für sie geopfert? Sollten die Leute es doch denken. Letztlich hatte er es ja getan, und was vorher geschehen war blieb am besten ungesagt.
    Sie hatte vor der Polizei eine Aussage gemacht. Ihr sei schwindlig gewesen, und sie sei auf ihren hohen Absätzen ins Taumeln geraten. Rupert sei im rechten Augenblick zur Stelle gewesen. Die eigentliche Tragik liege darin, dass er es nicht geschafft habe, sich ebenfalls zu retten. Sie würde sein Opfer niemals vergessen.
    Die Familie sollte im gleichen Sinn informiert werden, schließlich gehörte sie jetzt noch mehr dazu. Boyd war das neue Familienoberhaupt. Das bürdete auch ihr eine schwere Verantwortung auf, die sie jetzt nicht mehr zu fürchten brauchte.
    „Was für eine schreckliche Tragödie“, seufzte die Schwester, die sich um Leona kümmerte. „Mr. Blanchard muss Sie sehr geliebt haben.“
    Boyd brauchte seine ganze Energie, um die neue Situation, die so plötzlich für das Unternehmen und die Familie eingetreten war, zu bewältigen. Man erwartete mehr von ihm als von einem normalen Menschen, aber das war er seit Langem gewohnt. Alle Mitarbeiter kämpften mit den Tränen, woraus er den bitteren Schluss zog, dass viel Geld genügte, um Mitgefühl zu wecken. Er wusste zu gut, dass niemand seinen Vater geliebt hatte.
    Seine Anweisungen wurden gefasst entgegengenommen.
    Niemand versagte inmitten des ausgebrochenen Chaos. Boyd hatte vor allem den Wunsch, in die Klinik zu fahren und seine geliebte Leona abzuholen. Leider konnte er sich nicht einfach ins Auto setzen und losfahren, zu viel war zu erledigen. Bisher hatte er nur mit dem Arzt gesprochen und sich versichern lassen, dass sie unverletzt war, aber, wie nicht anders zu erwarten, einen Schock erlitten hatte.
    Die Vorabendschau brachte einen Bericht über den Unfall. Irgendetwas stimmte nicht, das sagte Boyd sein Gefühl. Je länger er darüber nachdachte, umso unklarer wurde das Bild. Er konnte nicht glauben, was erzählt wurde. Aber ehe er sich weiter damit beschäftigte, musste Leona da sein, wo sie hingehörte – zu Hause in seinen Armen. Von heute an würde er sie nie mehr aus den Augen lassen.
    Boyd parkte seinen Wagen bedenkenlos auf dem Platz, der für die Ärzte reserviert war. Er meldete sich auch nicht bei der Aufnahme, sondern ging gleich in das Zimmer, in das man Leona gebracht hatte. Sie lag nicht mehr im Bett, sondern saß vollständig angezogen auf einem Stuhl. Ihre wunderschönen Locken fielen weich und voll über ihre Schultern. Sie war sehr blass und wirkte zerbrechlich.
    Boyd quoll das Herz über. „Darling“, sagte er. „Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.“ Er ging zu ihr und nahm sie sanft in die Arme.
    Leona lächelte, süßer und schmerzlicher, als er es je gesehen hatte. „Boyd“, sagte sie sehr leise und streichelte seine Wange. „Es tut mir so leid.“
    „Das weiß ich.“ Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie. Es war viel mehr als ein Kuss – es war der Schwur, dass sie die Frau war, die er liebte.
    Ihr Anblick quälte ihn mehr, als er sagen konnte. „Fühlst du dich kräftig genug, um mit nach Hause zu
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