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Im Tal der Schmetterlinge

Titel: Im Tal der Schmetterlinge
Autoren: Gail Anderson-Dargatz
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Haus noch seine Werkstatt oder den Schuppen mit dem Brennofen angerührt. Es hatte das Zuhause meiner Eltern ausradiert, jedoch nicht das Gewächshaus meiner Großmutter oder den Obstgarten, der nur wenige Schritte davon entfernt war.
    Am Tag nach dem Feuersturm, als Ezra, Val, Jeremy und ich meine Mutter hinaus zur Farm fuhren, war vom Haus meiner Eltern nichts weiter übrig als eine dicke Schicht Asche. Ich zog eine halb geschmolzene Bratpfanne aus den verbrannten Überresten, den Metallfuß einer Lampe meiner Mutter und den verkohlten Rahmen meines Kinderfahrrads, das ich damals, vor vielen Jahren, noch bevor Jude der Eigentümer des Grundstücks geworden war, an Valentines Schuppen gelehnt stehen gelassen hatte. In den Nachwehen des Feuers wurden solche Gegenstände für mich zu kostbaren Schätzen, zu Erinnerungsstücken aus einer längst verlorenen Vergangenheit, und selbst nachdem ich mich von Ezra getrennt, ein Haus in Salmon Arm gemietet und so viele Dinge weggeworfen hatte, bewahrte ich sie auf.
    An jenem Tag, als ich den Rahmen des Fahrrads barg, parkte Jude seinen Impala in der Einfahrt und kam über das geschwärzte Feld auf mich zu. »Was hast du da?«, fragte er.
    Ich lachte, wusste ich doch, dass er sich über mich lustig machen würde. »Das Fahrrad hat mir als Kind gehört. Ich habe mich gefragt, ob ich es wohl haben dürfte.«
    »Natürlich«, erwiderte er.
    Ich zeigte mit dem Kopf zur Farm meiner Eltern, dem verbrannten Feld, den Grundmauern des immer noch schwelenden Hauses. »Siehst du das alles jetzt zum ersten Mal?«

    »Nein, ich war heute Morgen schon mal hier.« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich kann einfach nicht glauben, dass mein Haus und die Werkstatt noch stehen.« Dann sah er wieder zu mir. »Es tut mir so leid wegen deinem Dad, Katrine, und wegen deinem Elternhaus.«
    »Mir tut es für jeden leid«, sagte ich und ließ den Blick über das rauchgeschwärzte Tal gleiten. Der Feuersturm hatte mit einer Geschwindigkeit von hundertfünfzig Stundenkilometern im Tal gewütet und war bis zur gegenüberliegenden Bergkette vorgedrungen, hatte ein halbes Dutzend Häuser und unzählige Nebengebäude in Schutt und Asche gelegt.
    »Wenigstens wurde niemand getötet«, sagte Jude.
    »Aber viele Tiere mussten dran glauben. Alex Hamilton hat im Radio erzählt, wie er seine Emus erschossen hat, damit sie nicht qualvoll in den Flammen umkommen. Das Feuer griff so schnell auf sein Haus über, dass er sie nicht rechtzeitig wegbringen konnte.«
    »Niemand hat ernsthaft geglaubt, das Feuer würde diese Seite des Tals erreichen.« Er steckte die Hände in die Jeanstaschen und starrte hinab auf die verbrannte Erde. »Und nun? Fährst du zurück nach Alberta?«
    »Nein, wenigstens nicht sofort. Ich muss Val helfen. Wir werden uns jetzt beide um Mom kümmern.«
    »Heißt das, du wirst hierher zurückziehen?«
    »Ich weiß nicht, was ich tun werde.«
    Er nahm meine Hand. »Warum bleibst du nicht für eine Weile bei mir, während du’s rausfindest?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Warum?«
    Ich warf einen Blick übers Feld zu meiner Mutter, Val, Jeremy und Ezra, die auf der Farm umhergingen. Der Rauch war dicht, aber sie konnten uns sehen. »Du weckst Leidenschaft in
mir«, sagte ich. »Du lässt mich Dinge tun, für die mir ansonsten der Mut fehlen würde. Das hast du schon immer.«
    »Und das willst du aufgeben?«
    »Ich will nichts überstürzen«, erwiderte ich. »Dieses eine Mal jedenfalls nicht.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß einfach nicht, was ich will, jedenfalls jetzt noch nicht.«
    Er starrte mich einen Moment an, bevor er zu Boden blickte. »Na schön«, sagte er. »Wenn du eine Entscheidung getroffen hast, weißt du ja, wo du mich findest.« Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging zu seinem Haus.
    Ich rief: »Jude, warte!« Doch ich folgte ihm nicht. Seit jenem Tag hat er mich nicht angerufen, obwohl ich es im Stillen gehofft hatte. Wir sind also wieder dort gelandet, wo wir aufgehört haben: Wir heben die Hand, wenn sich unsere Fahrzeuge auf der Blood Road oder dem Parkplatz von Askew’s Food begegnen, doch keiner von uns hält an und sagt Hallo.
    Als ich das verkohlte Fahrrad von Judes Grundstück zu den Überresten unserer Farm trug, erschien plötzlich das BantamHuhn, das wir nicht zu fassen bekommen hatten, und führte ein Dutzend rußverschmierter Küken die Auffahrt herauf. Von Zeit zu Zeit blieb das Huhn stehen und plusterte die angekohlten Federn auf. Später fand
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