Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Tal der Schmetterlinge

Titel: Im Tal der Schmetterlinge
Autoren: Gail Anderson-Dargatz
Vom Netzwerk:
Hauswand auf, so dass ein Sprühregen von den Sprinklern über uns zu rieseln begann. Dann führte er mich ein Stück von Jude weg, damit er uns nicht verstehen konnte. »Lass mich das für dich tun, Kat«, sagte er im dröhnenden Wind. »Lass mich das für uns tun. Ich kann es dir beweisen. Ich kann etwas tun .«
    »Du willst den Helden spielen.«
    »Nein, du sollst bloß sehen, dass ich nicht nutzlos bin. Sondern erwachsen. Was Jude eben gesagt hat. Du hältst mich für ein Kind, nicht für deinen Ehemann. So können wir nicht überleben.«
    Er redete, ohne sich zu verhaspeln, mit der Stimme meines alten Ezras, und in seinen Augen war weder die Verwirrung noch der Zorn zu lesen, die sie sonst so häufig trübten. Ich stand einen Moment reglos da, hielt seine Hand und genoss den erfrischenden Regen der Sprinkleranlage. Da setzte der kühle Schauer mit einem Schlag aus.
    »Im Pumpenhaus muss es einen Kurzschluss gegeben haben«, sagte Ezra.

    »Das Feuer hat die Leitungen zerstört«, rief Jude. »Es ist wirklich nah!«
    Eine Hitzewelle traf uns, noch bevor eine riesige Wolke aus Rauch und Feuer durch das Tal in unsere Richtung herabrollte. Das Dröhnen in meiner Brust fühlte sich an wie der Motor eines Düsenflugzeugs beim Start. Ein Gastank explodierte auf dem Besitz der Petersons, was wie ein Bombeneinschlag klang. »Schaut mal!«, sagte Jeremy und zeigte auf den Feuerball. »Sterne fallen auf uns runter.«
    Brennende Holzstücke, manche faustgroß, prasselten vom Himmel. Einige landeten auf dem Luzernenfeld, das den alten Brunnen umschloss, und innerhalb weniger Sekunden stand das Feld in Flammen, als hätte es sich selbst entzündet. Vom Wind angefacht, der aus allen Richtungen wehte, kam das Feuer zickzackförmig auf uns zu. Auf der Blood Road zog ein Pick-up einen Anhänger hinter sich her, der lichterloh brannte. Der Fahrer hielt an, sprang aus dem Wagen, um den Anhänger abzukoppeln, und fuhr dann ein paar Meter weiter, bevor er wieder herauskletterte und die Flammen mit seiner Jacke zu bekämpfen versuchte. Als das keine Wirkung zeigte, trat er einen Schritt zurück und sah hilflos zu, wie seine Habseligkeiten in Rauch und Asche aufgingen. Ein Löschfahrzeug donnerte mit Blaulicht und kreischender Sirene an ihm vorbei.
    »Ich muss Wasser auf die Scheunen bringen!«, sagte Ezra und wollte zu den Außengebäuden eilen, doch meine Mutter hielt ihn zurück.
    »Ezra«, sagte sie. »Es gibt keinen Strom.« Als er zur Scheune blickte, legte sie ihm eine Hand auf die Wange und zwang ihn, sie anzusehen. »Manchmal«, sagte sie, »hat man keine andere Möglichkeit und muss die Dinge so akzeptieren, wie sie sind.« Sie tätschelte ihm die Hand. »Ziehen wir los.«

    Ich hatte angenommen, dass er sich wegreißen, ein Theater veranstalten und sich beharrlich weigern würde mitzukommen - wie Jeremy, wenn er nicht zu Bett gehen wollte, und wie Ezra selbst es schon so viele Male getan hatte. Doch er ging Hand in Hand mit meiner Mutter zum Wagen, stützte sie, als sie stolperte, setzte sich dann auf den Beifahrersitz und starrte stur geradeaus, während Jude Jeremy in seinen Autositz hob und ich meiner Mutter half, sich auf der Rückbank des Pick-ups anzuschnallen.
    »Wir sollten dicht zusammenbleiben!«, rief Jude und ging zu seinem Wagen. »Für den Fall, dass es Probleme gibt.«
    »Ja«, erwiderte ich. Er hielt meinen Blick einen Moment länger gefangen als vor all den vielen Jahren bei meiner Hochzeit. Schließlich zog er den Kopf ein, verschwand in seinem Auto und sauste los. Ich schaltete die Klimaanlage des Pick-ups ein und folgte dem Impala die Auffahrt hinauf. Das Fahren war mühsam, da der Wind mit aller Gewalt am Wagen zerrte.
    Weiter oben im Tal hatte jemand seine Pferde freigelassen. Sie galoppierten ein Stück vor uns, während wir auf die Blood Road bogen. Erst Jude und dann ich drosselten das Tempo, damit wir die Tiere nicht noch weiter verschreckten, und mit fliegenden Mähnen rannten sie zu beiden Seiten neben uns her. Als ich mich kurz umdrehte, um ihnen zuzusehen, wie sie an uns vorbeijagten, bemerkte ich mit Entsetzen, dass Rauch von der Ladefläche unseres Pick-ups aufstieg. »Verdammt, Ezra! Unser Zeug brennt!«
    Ich hielt neben Judes Auffahrt am Straßenrand, und Ezra und ich sprangen gleichzeitig aus dem Wagen. In die heißen Windböen hinauszutreten, erinnerte mich daran, wie ich den Kopf in Judes Brennofen gesteckt hatte. Verzweifelt versuchte ich, Atem zu holen, und hielt mich an der Tür des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher