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Im Tal der flammenden Sonne - Roman

Titel: Im Tal der flammenden Sonne - Roman
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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Zug jeden Moment weiterfahren konnte. Außerdem hasste sie die Hitze. Da die Telegrafenleitung unterbrochen war und die Reparatur möglicherweise Wochen dauerte, konnte keine Verbindung nach Marree hergestellt werden. Und warum sollte jemand aus Marree einfach in die Wüste spazieren und dabei Arabella finden?
    Der Hoffnungsfunke erlosch schlagartig. Edward beschloss, seiner Frau keinen seiner Gedanken anzuvertrauen, um ihr keine falschen Hoffnungen zu machen. Die Worte des Sergeants fielen ihm wieder ein und gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Der Gedanke, seine Tochter könnte von wilden Tieren zerfleischt und gefressen werden, war Edward unerträglich. Er taumelte in die Bar des Central Hotel, bestellte einen doppelten Whiskey und leerte sein Glas in einem Zug.
    »Alles in Ordnung, Sir?«, erkundigte sich der Barkeeper, dem das blasse Gesicht und die zitternden Hände des Gastes auffielen.
    Edward schüttelte den Kopf. »Nein«, erwiderte er leise. Nichts würde jemals wieder in Ordnung sein. Er bestellte noch einen Drink und fragte sich, wie er seiner Frau unter die Augen treten und ihr die schmerzliche Nachricht überbringen sollte.
     
    Arabella kam zu sich, als sie spürte, wie Fliegen ihr übers Gesicht krabbelten. Sie machte eine unwirsche Handbewegung und schlug die Augen auf. Eine Sekunde lang dachte sie, sie läge zu Hause in ihrem Bett und alles sei nur ein böser Traum gewesen. Dann aber sah sie die hässliche, verschossene Tapete, die sich an den Rändern von der Wand löste, und die in einer Ecke durchhängende Decke, und sie wusste, dass sie sich in einem fremden Zimmer befand. Die Vorhänge vor der geöffneten Balkontür waren aus zerschlissener Spitze, und das breite Bett mit dem Eisengestell und der durchgelegenen Matratze quietschte bei jeder Bewegung. Arabella stöhnte. Dieser Albtraum war Wirklichkeit.
    Sie wollte sich aufsetzen, als die Zimmertür geöffnet wurde und eine schlanke Frau in einem gebrochen weißen Kleid mit verwaschenem lavendelfarbenem Muster hereinkam. Sie brachte ein Tablett mit einem Krug Wasser und einem Teller mit belegtem Brot. Ihre dunklen, über der Stirn leicht ergrauten Haare hatte sie zu einem Knoten zusammengesteckt. Ihr Gesicht war braun gebrannt, was die Lachfältchen in ihren Augenwinkeln hervorhob. Arabella schätzte die Frau auf Anfang vierzig.
    »Sie sind ja wach«, stellte sie freundlich fest. »Wie fühlen Sie sich?«
    »Grässlich. Wo bin ich hier?«, erwiderte Arabella. Sie hatte fürchterliche Kopfschmerzen und fühlte sich matt und kraftlos.
    »In Marree. Sie sind vor ein paar Stunden ins Great Northern Hotel gewankt, wissen Sie nicht mehr?«
    »Oh … ja, jetzt erinnere ich mich«, sagte Arabella leise, der mit einem Mal ihr schreckliches Abenteuer in der Wüste wieder einfiel.
    »Ich bin Margaret McMahon, aber alle nennen mich Maggie. Mein Mann Tony und ich führen dieses Hotel seit acht Jahren. Wir sind schon sehr gespannt auf Ihre Geschichte. Wo kommen Sie her? Tony hat vorsorglich ein paar Spurenleser losgeschickt für den Fall, dass noch jemand dort draußen ist und Hilfe braucht.«
    »Spurenleser?«
    »Ja, es gibt ausgezeichnete Fährtensucher unter den Aborigines.«
    »Da draußen ist niemand mehr«, murmelte Arabella.
    »Aber wie sind Sie dann hierhergekommen?«
    »Ich war in dem Zug, der gestern hier durchgefahren ist.«
    Maggie sah sie verdutzt an. »Im Afghan-Express?«
    »Ja, und die Nacht habe ich mutterseelenallein in der Wüste verbracht.«
    »Aber … wieso denn? Sie sind doch noch ein halbes Kind! Was hat eine so junge Frau wie Sie ganz allein in der Wüste verloren? Sind Sie aus dem Zug gefallen?« Maggie wusste nicht, was sie von der Geschichte halten sollte. Von einem Zugunglück war ihr nichts bekannt, und es erschien ihr sehr unwahrscheinlich, dass ein Fahrgast einfach so verloren ging.
    Arabella war es gewohnt, für jünger gehalten zu werden, als sie war, und doch kränkte es sie jedes Mal aufs Neue. »Ich bin neunzehn Jahre alt«, entrüstete sie sich.
    »Tatsächlich?« Maggie hätte sie auf höchstens vierzehn geschätzt. Ungläubig ließ sie ihre Blicke über Arabellas knabenhaften Körper gleiten.
    »Ist der Zug schon zurückgekommen?«, fragte Arabella. »Inzwischen muss man doch bemerkt haben, dass ich verschwunden bin.«
    »Der Zug … zurückgekommen?« Maggie schüttelte den Kopf. Wie konnte jemand auf so eine Idee kommen? Glaubte dieses Mädchen im Ernst, der Zug würde ihretwegen zurückfahren? »Nein, und es wird in
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