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Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle
Autoren: Elizabeth Lowell
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sprach, die dem Tod des Herzogs von Glenshire vorangegangen waren. In seinem Testament hatte er sie zum Vormund einer entfernten Cousine gemacht, die sie noch nie zuvor zu Gesicht bekommen hatte.
    »Wie seltsam, daß du dich an nichts erinnern kannst.«
    »Erinnerst du dich an deine Kindheit bei den Cheyenne?«
    »Ich erinnere mich an den Geruch des Rauchs, der vom Feuer aufstieg, an das hell auflodernde Lagerfeuer in der Nacht, an die Gesänge und Tänze, mit denen die Geister herbeigerufen wurden... ja, ich erinnere mich genau.«
    »Meine Hochachtung vor deinem ausgezeichneten Gedächtnis.« Lächelnd schaute ihn Jessica mit einem koketten Augenaufschlag an, genau wie Lady Victoria es ihr beigebracht hatte. »Könnten wir vielleicht weiter dort drüben tanzen? Die Zugluft, die durch die Fenster zum Garten kommt, ist ziemlich kühl.«
    Wolfe betrachtete die weichen Formen von Jessicas Hals und Schultern und die Andeutung ihrer Brüste, die nur unzulänglich von eisblauer Seide bedeckt waren. Ein rundes, goldenes Medaillon ruhte versteckt zwischen ihren Brüsten. Er selbst hatte es ihr geschenkt, bevor er nach Amerika ging, um den Stewarts den Zorn des betrogenen Herzogs zu ersparen. Wolfe fragte sich, ob sie das Bild ihres Verlobten in dem Medaillon bei sich trug.
    Dann holte Jessica tief Luft, und Wolfes Aufmerksamkeit galt nicht länger dem goldenen Schmuckstück, sondern der Haut, auf dem es ruhte. Ihre Haut erinnerte ihn an frische Sahne. Sie duftete wie ein Rosengarten in der warmen Sommersonne, und ihr Mund war wie eine rosige Knospe, die in diesem Garten wuchs. Wie ein seliger Seufzer lag sie leicht in seinen Armen.
    Obgleich sie nur ein Mädchen war und knapp zehn Jahre jünger als er selbst, geriet sein Blut beim Gedanken an sie in Wallung.
    »Wenn Euch kalt ist, Lady Jessica, solltet Ihr vielleicht beim nächsten Ball ein Kleid tragen, das etwas mehr von Eurem Körper bedeckt.«
    Jessica zuckte zusammen, als sie den kühlen Unterton in Wolfes Stimme hörte. Er nannte sie nur dann »Lady Jessica«, wenn er wütend auf sie war. Überrascht begutachtete sie das Dekollete ihres Kleides. Kein anderes Kleid im ganzen Saal war so hochgeschlossen.
    »Was willst du damit sagen, Wolfe? Lady Victoria war ziemlich verärgert über den Schnitt meines Kleides.«
    »Womit sie zur Abwechslung einmal recht hat«, erwiderte er.
    Jessica lachte. »Du hast mich falsch verstanden. Sie fand, daß der Ausschnitt nicht tief genug und die Taille nicht schmal genug sind, und zudem wollte sie mehr Tüll. Mir gefällt ja die französische Mode viel besser; es muß nicht unbedingt alles gleich immer mit Tüll besetzt sein.«
    Wolfe mußte daran denken, wie Jessica quer durch den ganzen Saal auf ihn zugelaufen kam, als sie ihn entdeckt hatte. Die weiblichen Rundungen ihrer Hüften und Schenkel unter dem hauchdünnen Stoff waren nicht zu übersehen gewesen. Es war nicht gerade eine angenehme Vorstellung, daß sein Elfchen jetzt eine erwachsene Frau war... und bald einen Lord heiraten würde.
    »Ich wollte nicht Unmengen von Petticoats mit mir herumschleppen oder daß mein Kleid über und über mit Perlen und Diamanten besetzt ist«, fuhr Jessica fort. »Doch Lady Victoria fand mein Kleid und den Schmuck viel zu bescheiden. Sie sagte, ich sähe wie ein dünnes Stöckchen aus, das man den Hunden zum Spielen hinwirft.«
    »Ein Stöckchen«, murmelte Wolfe und betrachtete die geheimnisvollen Schatten zwischen Jessicas jungen Brüsten. »Dein Vormund braucht dringend eine Brille.«
    Hätte ein anderer Mann Jessica auf diese Weise angesehen, hätte sie sofort einen Vorwand gesucht, um den Tanz zu beenden. Doch bei Wolfe war das etwas anderes. Er war ein Mann ohne Adelstitel, ohne den Wunsch nach Nachkommen; er sucht nicht nach jemandem, mit dem er einen Haufen Kinder in die Welt setzen konnte.
    Draußen heulte der Wind, und Hagel prasselte wie eine Ladung Schrot gegen die Fensterscheiben. Jessica erschauderte, als sie eine Angst überkam, deren Ursprung sie nur in ihren Träumen erkennen konnte und die sie meist vor dem Erwachen schon wieder vergessen hatte. Sie versuchte, sich enger an Wolfe zu klammern, doch ihr Abendkleid ließ es nicht zu. Sie stolperte zum dritten Mal, und auch diesmal fingen sie wieder seine starken, sanften Hände auf.
    Um sie herum verklangen die letzten Takte des Walzers. Es war beinahe Mitternacht.
    Es bleibt nur noch so wenig Zeit.
    »Jessi, du zitterst ja. Was ist los? Ich dachte, du hättest deine Angst vor dem
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