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Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle
Autoren: Elizabeth Lowell
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Zufluchtsort für sie gab. Nur dieser Glaube hatte sie vor dem völligen Zusammenbruch bewahrt, als ihr Vormund auf der Heirat mit Lord Gore bestand.
    Doch nun schien auch diese letzte Zufluchtsstätte nicht mehr zugänglich zu sein, und Jessica mußte ums nackte Überleben kämpfen. Allein.
    Lieber Gott, was soll ich nur tun? Wolfe muß einfach einer Heirat zustimmen! Wie kann ich ihn bloß davon überzeugen?
    »Deine Finger sind ganz kalt, Jessi.« Wolfe runzelte besorgt die Stirn. »Du zitterst ja. Bist du krank?«
    Die Besorgnis, die aus Wolfes Miene und seiner Stimme sprachen, gaben Jessica neue Hoffnung. Sie war ihm also doch nicht ganz gleichgültig. Das erkannte sie, als sie in seine seltsamen Augen schaute, die in der Abenddämmerung wie Saphire im Kerzenlicht bläulich funkelten. Ohne zu wissen, wie wunderbar sich ihre feingeschnittenen Gesichtszüge dabei erhellten, lächelte sie ihn erleichtert an.
    »Das kommt davon, weil ich mich so freue, dich wiederzusehen, Wolfe. Als du Lady Victorias Brief nicht beantwortet hast, hatte ich schon befürchtet, du hast mich vergessen.«
    »Wie könnte ich wohl mein kleines rothaariges Elfchen vergessen? Weißt du noch, wie du meine Ärmel zusammengenäht hast, ohne daß ich etwas davon gemerkt habe? Oder wie du Salz- und Zuckerstreuer miteinander vertauscht und dich dann gefreut hast, als ich angewidert das Gesicht verzogen habe? Oder wie du dich während eines Gewitters in einem Heuschober versteckt hast und ich dir versprechen mußte, den Donner für dich aufzuhalten?«
    »Was dir ja auch gelungen ist.« Unbewußt schmiegte Jessica sich enger an Wolfe. Genauso hatte sie es schon damals getan, als sie die beruhigende Wärme seines Körpers und den Schutz seiner starken Arme gesucht hatte. »Ausgesprochen gut sogar.«
    »Alles eine Frage des richtigen Zeitpunkts; mit Herrschaft über die Naturgewalten hatte das wenig zu tun«, sagte Wolfe nüchtern und hielt Jessica etwas auf Abstand. »Das Gewitter hatte sich von allein ausgetobt.«
    »Ich nannte dich hinterher wochenlang >Der-mit-dem-Donner-spricht<.«
    »Und ich dich >mein Heumädchen<.«
    Jessicas unbekümmertes Lachen zog die wohlwollenden Blicke der anderen tanzenden Paare auf sich.
    »Dein Lachen ist so ansteckend, daß du sogar einen Stein damit zum Lächeln bringen könntest«, sagte Wolfe.
    »Ich habe Euch vermißt, mein liebster Lord Wolfe. War es wirklich notwendig, daß Ihr Euch für ein ganzes Jahr absetzen mußtet? Das Herz der Herzogin hatte sich schon nach einem halben Jahr von Euch erholt. Ihr hättet schon viel früher zurückkommen können.«
    »Ich bin kein Lord. Ich bin der wilde Sohn des Grafen, der uneheliche Sohn einer Cheyenne und Sir Roberts, des Grafen von...«
    Jessica unterbrach Wolfe, indem sie ihm mit ihrer zierlichen Hand den Mund zuhielt. Die Geste verriet ihm, daß sie genau wußte, wie sehr seine fehlende adlige Abstammung ihn den beißenden Kommentaren der englischen Aristokratie aussetzte. Ihr selbst ging es nicht anders, denn ihr eigener Vater mochte zwar von Adel sein, ihre Mutter jedoch stammte aus dem gemeinen Volk.
    »Ich werde nicht zulassen, daß du dich über meine beste Freundin lustig machst«, sagte Jessica entschieden. »Elfen haben magische Kräfte. Ihr dagegen gehört mir, Lord Wolfe. Wenn Ihr mich vor dem eisigen Sturm dort draußen bewahrt, werde ich Euch hier drinnen vor all den lüsternen Gräfinnen in Schutz nehmen.«
    Lächelnd blickte Wolfe an Jessicas sorgfältig frisiertem Haar vorbei in die Nacht hinaus, die sich draußen vor Lord Stewarts Fenstern erstreckte. Das Kerzenlicht glänzte matt auf dem Schnee.
    »Du hast recht«, sagte er. »Da draußen tobt ein richtiger Sturm. Als ich vom Schiff kam, sah das Wetter noch viel freundlicher aus.«
    »Ich weiß immer ganz genau, wenn ein Sturm aufzieht«, sagte Jessica. »Früher habe ich zugesehen, wie die Sturmböen über das Moor gefegt kamen, und dann habe ich die Sekunden gezählt, bis sie das Haus erreichten.«
    Wolfe spürte genau, wie sie ein Schaudern zu unterdrücken versuchte. Er schaute die junge Frau fragend an, die sich ein wenig zu eng an ihn geschmiegt hatte. Doch er bemerkte keines der Signale, die Frauen gewöhnlich aussenden, wenn sie nach einem Geliebten Ausschau halten.
    »Hattest du schon immer Angst vor Gewittern?« fragt er.
    »Ich kann mich nicht genau erinnern.«
    Der leblose Klang in Jessicas Stimme erschreckte Wolfe. Er hatte ganz vergessen, daß sie nur sehr selten von den neun Jahren
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