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Im Spiegelbild der schwarzen Spinne (German Edition)

Im Spiegelbild der schwarzen Spinne (German Edition)

Titel: Im Spiegelbild der schwarzen Spinne (German Edition)
Autoren: Joachim H. Schwarz
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zu bringen. Wenn ich es genau bedenke, bin ich sogar ein wenig in sie verliebt. Sie ist nicht nur heiß, sie ist auch sehr einfühlsam in ihrer Art, mit mir umzugehen. Sie scheint mich zu verstehen, meine Ängste zu spüren und sie kann mich, wie keine andere, wirklich gut analysieren. Ich könnte mir durchaus vorstellen, mit ihr auszugehen oder sogar mehr. In einer meiner Sitzungen habe ich sie einmal gefragt, ob ich sie küssen dürfe. Sie hatte süß gelächelt und gesagt, dass im Grunde diesem Vorgang nichts im Wege stehe, allerdings wäre zu bedenken, dass es meiner Therapie eventuell schaden könne und dieses Risiko wolle sie derzeit nicht eingehen, da wir in letzter Zeit so hervorragende Fortschritte gemacht hätten.
     
    Ich musste ihr einfach zustimmen, man sagt ja: „ Gut Ding will Weile haben “, und ich fühlte mich in keiner Weise abgelehnt, das hat meiner Einstellung zu Frauen nicht ein bisschen geschadet. Sie betreute mich mittlerweile seit fünf Jahren, weil mein erster Therapeut damals einem Herzinfarkt zum Opfer gefallen war. Es überkam ihn während einer Sitzung mit mir, er starrte mich an, hielt sein Klemmbrett fest in der Hand und lächelte, während ich über meinen letzten Spiegeltraum berichtete. Dann, ganz plötzlich, starrte er ins Leere, quasi an mir vorbei. Ich ließ mich gar nicht auf seinen starren Blick ein, sondern berichtete weiter und weiter. Irgendwann hielt ich inne und fragte, ob was nicht stimme, und als ich keine Antwort erhielt verließ ich den Raum und fragte seine Sekretärin, ob sie mal nach ihm sehen könne, da er so seltsam starre. Sie ging in den Besprechungsraum und eine Minute später schrie sie laut. Ich erschrak und flüchtete erschrocken aus dem Gebäude. Meine Therapiezeit war ohnehin abgelaufen. Erst am nächsten Tag erfuhr ich aus der Zeitung, dass der arme Mann an Herzversagen verstorben sei, hatte er mir doch viele Jahre seiner Zeit geopfert und meinen langweiligen Erörterungen gelauscht, während ich keinen einzigen Gedanken daran verloren hatte, wie es ihm dabei erging. Meine neue Therapeutin versuchte jahrelang mir mein Schuldgefühl auszureden, aber sie hatte es nie geschafft. Vielmehr hatte ich Angst davor, dass es ihr bald ebenso ergehen würde und als ich sie darauf ansprach, meinte sie nur, ich solle mir darüber keine Sorgen machen, ihr Herz wäre gesund, aber das hatte ihr Vorgänger auch behauptet und dann war es doch anders gekommen. Ihr war das egal, sie wollte lediglich meine Ängste vor den Spiegeln heilen und nach jahrelangen Gesprächen konnte sie mich überreden, einen Spiegel im Badezimmer aufzuhängen.
    Ich raffte mich mit meiner Beule am Kopf auf die Beine und ging ins Badezimmer. Mein erster Blick galt dem Spiegel, den ich erst seit einem Jahr besaß und entgegen meiner üblichen Ängste sah ich tatsächlich mein Spiegelbild und nicht, wie erwartet, die andere Seite. Das musste bedeuten, dass ich mich auf der richtigen Seite befand. Ich legte zögernd meine Hand auf den Spiegel und spürte nichts, als den kalten Hauch des leblosen Glases auf meiner Handfläche. Meine Therapeutin hatte Recht, es war nur ein Spiegel, nichts weiter. Vor allem kein Zugang zu einer anderen Seite oder was auch immer. Nur ein Spiegel, ich musste lachen. Ich liebte diese Frau…
     
    Plötzlich klingelte es an der Tür und ich zuckte zusammen. Im selben Augenblick wurde der Spiegel lebendig, eine Hand tauchte, von der anderen Seite, wie aus dem Nichts auf, griff nach mir, drückte mir die Gurgel zu. Sie drückte so fest, dass ich keine Luft bekam, ihr klammernder Griff schraubte mir den Lufthahn zu und ich schnappte nach meinem Leben, das ganz klar in Gefahr schwebte. Wieder klingelte es an der Tür, ich packte die Hand, und versuchte in einem verzweifelten Kampf, sie los zu werden, aber sie war zu stark. Sie drückte immer fester zu, je mehr ich kämpfte um sie zu lösen. Ich versuchte zu schreien, doch der eiserne Griff umklammerte meine Gurgel umso harter. Meine Lippen nahmen eine blaue Färbung an, der Sauerstoffmangel lähmte meinen Denkvorgang, ich bekam Panik und zerrte an der Hand . Dann hörte ich die Stimme durch meine Wohnungstür. Sie schrie mich an:
    „Peter, bist du da? M ach endlich auf, ich bin’s, dein Bruder!“
    Verdammt, me in Bruder wollte mich besuchen und ich musste ihm öffnen. Mit allen Kräften, die noch in mir steckten, packte ich die Hand, die nach meinem Leben trachtete, und riss sie von meinem Hals. Ich verdrehte ihr jeden
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