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Im Sog Des Boesen

Titel: Im Sog Des Boesen
Autoren: John Sandford
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einem seiner Rüschenkostüme aus dem neunzehnten Jahrhundert. »Schau«, sagte er mit rauer Stimme. »Das Boot. Da drüben.«
    Tatsächlich, auf dem Fluss fuhr ein weißes Schiff mit großem rotem Steuerrad.

    »Frances ist an Bord, das spüre ich«, sagte Loren.
    Fairy stieg aus dem Wagen, ging zum Geländer und blickte in die Tiefe. Das Boot kam auf sie zu. Davenport rief etwas, näherte sich ihr.
    Vorsicht.
    Sie lächelte. War er tot? Eigentlich müsste er tot sein. Aber wie war dann der Porsche hierhergekommen?
    Sie schob die Waffe, die sie nach wie vor in der Hand hielt, in den Hosenbund, kletterte auf das Geländer und balancierte auf Davenport zu.
    Wenn sie sprang, wäre sie tot - und auf dem Boot, bei Frances.
    Besser, als den Boden im Frauengefängnis zu schrubben und sich von den Wärterinnen schikanieren zu lassen.
    Nun war Davenport noch knapp zehn Meter von ihr entfernt, und sie konnte ihn klar und deutlich verstehen.
    »Komm um Himmels willen da runter, Alyssa. Du bist krank und brauchst ärztliche Hilfe. Gegen so etwas gibt es Medikamente. Bitte …«
    Loren, der sich hinter Davenport geschlichen hatte, schüttelte lächelnd den Kopf. »Glaub ihm nicht. Mach dem Ganzen lieber jetzt ein Ende.«
    Als Fairy die Kante des Geländers unter ihren Füßen spürte, begann sie wegzugleiten. Dafür tauchte Alyssa, die hartgesottene Geschäftsfrau, auf, die Davenports Lügen durchschaute.
    Verdammt, kein Ausweg mehr. Keine Möglichkeit, Loren und Fairy zu erklären. Sie hatte drei Freunde von Frances umgebracht, auf Drängen von Fairy und dem Geist.
    Als sie nach unten blickte, bekam sie eine Gänsehaut.
    Alyssa Austin würde nicht springen. Am Ende würde sie auf einen Betonpfeiler knallen oder so hart auf dem eiskalten Wasser landen, dass sie den Rest ihres Lebens gelähmt wäre …
    »Scheiß drauf«, sagte sie laut.

     
    Lucas wartete, die Waffe in der Hand, mit klopfendem Herzen und glaubte schon, sie von ihrem Vorhaben abgebracht zu haben. Aus den Augenwinkeln nahm er die Blaulichter, die Cops, die die Brücke hochrannten, und den Kollegen hinter sich wahr. Dann sagte Alyssa »Scheiß drauf«, sprang vom Geländer herunter, trat auf ihn zu, zog die Pistole aus dem Hosenbund und drückte ab. Mündungsfeuer und ein Knall; die Kugel flog an seinem Gesicht vorbei.
    Lucas schoss ihr ins Herz.
     
    Ihr war klar, dass sie sterben würde; sie sah das Geländer und den sternenlosen Himmel und dann Lucas’ Gesicht über dem ihren, und sie versuchte zu lächeln und ihm zu sagen: »Ich gehe zu Frances.«
     
    Doch Lucas verstand sie nicht.
    Er hörte nur ein Röcheln und sah den blutigen Schaum auf ihren vollen Lippen.

ACHTUNDZWANZIG
    Als Lucas eine Woche später dazu kam, über alles nachzudenken, wurde ihm bewusst, dass ihm am Tag von Siggys Festnahme und Alyssa Austins Tod zwei Zufälle das Leben gerettet hatten.
    Der erste bei der Fahrt nach Hause, um vor der Schießerei mit Siggys Leuten die kugelsichere Weste zu holen. Er hatte den Porsche genommen, nicht den Truck, wo er die Weste nach hinten geworfen hätte, nicht wie beim Porsche auf den Beifahrersitz.
    Der zweite war die Tatsache, dass Weather die Milchflasche hatte fallen lassen. Wenn nicht, wäre er nach Hause gefahren und in der Garage auf der Fahrerseite ausgestiegen, wo Alyssa ihn problemlos hätte abknallen können.
    Er verdankte sein Leben also einer willkürlichen Entscheidung und einer Milchflasche.
     
    Weather führte Ereignisse auf Ursache und Wirkung zurück, während Lucas sie eher für zufällig hielt. Seiner Meinung nach war er aus reinem Glück noch am Leben. Weather hingegen sah in allem eine lenkende Hand und den Sieg des Guten über das Böse. Obwohl sie sich als Wissenschaftlerin verstand, leugnete sie ihren Glauben nicht.
     
    Normalerweise hätte Lucas die Brücke erst Stunden später verlassen, nach langen Gesprächen mit den Leuten von der Spurensicherung und den Kollegen von der Mordkommission in St. Paul. Doch als er die Aufnahmewagen der Fernsehsender
herannahen sah, teilte er den Beamten mit, dass er nach Hause fahren wolle, um mit seiner Frau zu sprechen.
    Weather sollte das Ganze nicht aus dem Fernsehen erfahren.
     
    Nach dem Schuss auf Alyssa Austin hatte er Weather nicht gleich angerufen, sondern gewartet, bis sie nachfragte, wo er bleibe.
    Er hatte sie angelogen: Es gebe ein Problem, es werde ein wenig später. Als sie ihn drängte, ihr mehr zu verraten, hatte er sie angeherrscht, er werde sich wieder
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