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Im Sog Des Boesen

Titel: Im Sog Des Boesen
Autoren: John Sandford
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der Luft. Sie schaute ins letzte Zimmer, atmete erleichtert aus, lächelte über ihre Albernheit.
    In einer solchen Situation hatte sie sich noch nie befunden. Irgendetwas … Sie ging in die Küche, schnupperte, sah sich um, legte die Waffe auf die Arbeitsfläche, machte die
Kühlschranktür auf, holte eine Tüte mit Stangenselleriestücken heraus, nahm zwei, aß sie.
    Hm.
     
    Alyssa Austin lehnte sich gegen die Arbeitsfläche. Sie war klein gewachsen, aber nicht zierlich, blond und hatte helle Haut. Ihr Gesicht und ihre Hände zeugten von hartem sportlichem Einsatz.
    Sie kaute gerade den letzten Bissen Sellerie, als ihr die Schlieren auf der Tapete an dem Ende des Flurs auffielen, der von der Küche in den Wohnraum führte. Diese dunklen, aber nicht ganz schwarzen Streifen waren etwa so lang und breit wie ein Besenstiel und breiteten sich von der Mitte aus wie Blütenblätter. Alyssa ließ einen Finger darübergleiten; es fühlte sich klebrig an.
    Sie betrachtete den Finger; es befand sich ein roter Fleck darauf. Ihr war sofort klar, dass es sich um Blut handelte, relativ frisch. Dann entdeckte sie einen kürzeren, schmaleren Streifen an der Tapete und wich zurück …
     
    Jetzt bekam sie es wirklich mit der Angst zu tun. Sie nahm die Waffe wieder in die Hand, ging ans Telefon, wählte mit blutigem Finger die Nummer der Polizei.
    »Es handelt sich um einen Notfall?«
    »Ja, in meinem Haus ist Blut.«
    »Sind Sie in Gefahr?«
    »Nein, ich …«
    »Spreche ich mit Mrs. Austin?«
    »Ja.« Woher wusste ihr Gegenüber ihren Namen? »Ich bin gerade nach Hause gekommen.«
    »Ziehen Sie sich an einen sicheren Ort in der Nähe zurück.«
    »Ich brauche die Polizei.«
    »Schon unterwegs. Die Kollegen sind gleich da. Haben Sie das Gefühl, in Gefahr zu sein?«

    »Ich … weiß es nicht. Sagen Sie Ihren Leuten, dass ich in der Garage bin. Ich schließe mich im Wagen ein. Das Garagentor steht offen.«
    »Gute Idee. Legen Sie nicht auf, wenn Sie in die Garage gehen. Die Kollegen sollten in weniger als einer Minute da sein.«
    Auf dem Weg zur Garage hörte Alyssa in der Ferne bereits Sirenen.
     
    Die Polizisten betraten das Gebäude mit der Waffe in der Hand, gingen alle Räume ab, warfen einen Blick auf das Blut an der Wand und holten die Spurensicherung.
    Alyssa rief unterdessen ihre Haushälterin an. Helen reagierte bestürzt; das Blut war noch nicht da gewesen, als sie das Haus verlassen hatte.
    Das Spurensicherungsteam des Staatskriminalamts von Minnesota (SKA) entdeckte weitere Blutspuren, im Flur und auf den Fliesen der Küche. Alyssa und die Polizei verbrachten die beiden folgenden Tage mit der Suche nach Frances. Sie fanden ihren Wagen, ihre letzte Einkaufsliste, aber nicht sie selbst. Dann trafen die Ergebnisse des Labors ein: Es handelte sich tatsächlich um das Blut von Frances.
    Nach Ansicht der Spurensicherung hatte sich auf dem Boden eine Blutlache befunden, die mit Badreiniger und Papiertüchern beseitigt worden war - in den Fliesenfugen hingen winzige Papierreste mit Blutspuren. Offenbar hatten der oder die Täter die Schlieren an den Wänden übersehen, sie wohl für einen Teil des Tapetenmusters gehalten.
    Frances war verschwunden, wahrscheinlich tot.
    In den folgenden vier Wochen, in denen die Mühlen der Bürokratie langsam, aber gründlich mahlten, brach Alyssa immer wieder ohne Vorwarnung in Tränen aus.
    Keine Leiche, nur das Blut - Polizisten, Reporter und Kameras, dann Anwälte und Finanzfachleute, die sich durch die Unterlagen zu wühlen versuchten. Was sollte mit Frances’
Wagen geschehen? Tut mir leid, wenn ich Sie in einer Situation wie dieser belästigen muss, aber Frances’ Sachen sind noch in der Wohnung … Falls sie nächsten Monat nicht in der Lage sein sollte, die Miete zu zahlen, hätten wir da ein junges Paar, das interessiert wäre …
     
    Ihr Ehemann Hunter war genauso unauffällig gestorben, wie er gelebt hatte. Die finanziellen Verhältnisse waren geregelt, testamentarische Verfügungen hinterlegt. Vermutlich hatte er gar nichts mitbekommen, als sein albernes Wasserflugzeug wie ein Stein auf die Wälder von Ontario hinabstürzte, natürlich vor Zeugen.
    Bei seinem Tod war sie untröstlich gewesen, hatte sich jedoch schnell wieder erholt. Sie waren verheiratet, schliefen aber seit Jahren in verschiedenen Zimmern und hatten nur hin und wieder Sex miteinander.
     
    Die Sache mit Frances hingegen war etwas völlig anderes.
    Sie hätte noch das ganze Leben vor sich gehabt und war
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