Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schloss unserer Liebe

Im Schloss unserer Liebe

Titel: Im Schloss unserer Liebe
Autoren: Marion Lennox
Vom Netzwerk:
Rettung.
    Warum hatte sie den großen verletzten Jungen nicht nach Rafael gefragt? Warum hatte ihre Stimme versagt?
    „Die zwanzig Kinder sind draußen“, verkündete jemand forsch, um seine Rührung zu überspielen. „Jetzt noch die Lehrerin und der Prinz.“
    „Sie zuerst.“ Das war die herrische Stimme der Lehrerin.
    „Erst wenn Sie draußen sind, Madame, werde ich gehen. Also verschwenden Sie keine Zeit.“
    Das war Rafael. Müde und erschöpft.
    „Ich bin nicht verletzt“, sagte die Lehrerin.
    „Raus mit Ihnen!“
    Kelly schlug die Hand vor den Mund. Er war also verletzt, wie sie befürchtet hatte. Herr im Himmel …
    Nun tauchten schmale Frauenhände in dem Loch auf, und die Lehrerin wurde herausgezogen. Kaum war sie draußen, umarmte der Helfer sie.
    „Romain, benimm dich“, ermahnte sie ihn. Die anderen Männer, offenbar alles ehemalige Schüler, lachten und kümmerten sich nicht um ihr Schimpfen, als sie Madame Henrie hochhoben und weiterreichten, so vorsichtig und liebevoll, als wäre sie aus kostbarem Porzellan.
    Und dann … Und dann …
    Eine Hand schob sich aus dem Loch. Eine kräftige Männerhand. Mit einem Siegelring, den Kelly kannte.
    „Die zweite Hand auch, bitte“, sagte der Mann, den die Lehrerin Romain genannt hatte, mit unsicherer Stimme. „Wie sollen wir Sie sonst hochziehen?“
    „Eine Hand muss genügen“, kam es aus der Tiefe.
    Kelly hörte Rafael an, dass er Schmerzen hatte.
    „Sollen wir zu Ihnen hinunterkommen?“
    „Auf keinen Fall. Ziehen Sie mich hier raus. Irgendwie.“
    „Rafael!“ Sie hatte den Schrei nicht unterdrücken können.
    „Kelly?“, kam die Antwort. „Was hast du hier zu suchen?“
    Sie schwieg, weil ein besonders kräftiger Mann sich nun über das Loch beugte. „Verletzen wir Sie, wenn wir Sie hochziehen?“
    „Ist mir lieber, als hier unten zu bleiben. Also ziehen Sie schon.“
    Kelly schlug die Hände vor das Gesicht. Alle Kinder und auch die Lehrerin waren hochgeschoben worden. Nun gab es niemanden mehr dort unten, der Rafael unterstützen konnte. Sein ganzes Gewicht hing an dem einen Arm, den jetzt zwei Männer packten.
    „Zieht“, befahl Rafael wieder, und die Männer gehorchten. Unter grässlichem Stöhnen, in das sich Rafaels Schmerzschrei mischte, kam er allmählich zum Vorschein, ließ sich auf die Erde sinken und rang um Atem.
    Sofort war Kelly bei ihm, hockte sich zu ihm in den Schlamm, berührte sein Gesicht.
    „Rafael …“
    „Kelly“, stieß er hervor, als sie zu weinen begann und ihm mit dem Ärmel den Schmutz von den Augen wischte. „Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Kellyn, Spezialistin für Bergbau. Wusste ich doch, dass du eine hervorragende Fürstin abgibst.“
    Dann schwanden ihm die Sinne.

10. KAPITEL
    Starke Männer trugen den Bewusstlosen ins nächstgelegene unbeschädigte Haus. Der rasch herbeigeholte Arzt renkte die ausgekugelte Schulter wieder ein, reinigte die Wunden, nähte größere Verletzungen, vor allem die üble Fleischwunde am Bein, und stellte fest, dass Rafaels Zustand nicht besorgniserregend war. Die Krankenschwester wusch und verband ihn.
    Rafael, längst wieder zu sich gekommen, litt immer noch starke Schmerzen. Doch als der Arzt ihm strenge Bettruhe verordnete, protestierte er. „Erst wenn ich zurück im Schloss bin.“
    Kelly und Matty hatten sich während der Behandlung im Hintergrund halten müssen. Von den Frauen des Hauses waren sie mit trockenen Handtüchern und heißer Suppe versorgt worden. Doch Kelly hörte nicht auf zu zittern. Und Matty, der auf ihrem Schoß saß, zitterte auch.
    Obwohl er sich an sie klammerte wie ein Baby, wusste sie, dass er ohne seine vertraute Umgebung, ohne Ellen, Marguerite und Laura keine Ruhe fand. Er musste nach Hause gebracht werden. Doch wie sollten sie dorthin kommen? Die Straßen waren noch immer nicht frei. „Ich werde ein Pferd und einen Karren besorgen“, versprach der Arzt.
    „Ich reite“, sagte Rafael.
    Der Arzt sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
    „Eine gute Idee“, stimmte Kelly dem Arzt zu. „Mit einem Pferdekarren werden wir es schaffen.“
    Eine halbe Stunde später zog die fürstliche Familie heimwärts. Der Prinzregent lag auf einem mit Matratzen und Kissen gepolsterten Heuwagen, der von einem stämmigen Ackergaul gezogen wurde. Zwei kräftige Bauern führten ihn am Zügel und hielten immer wieder an, um Steine und Geröll aus dem Weg zu räumen. An den Karren gebunden trotteten Blaze und Mattys kleines Pferd
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher