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Im Schatten des Teebaums - Roman

Titel: Im Schatten des Teebaums - Roman
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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hätte es nicht ertragen können, Henrietta und Richard als Mann und Frau zu sehen. »Du hast dich nicht mit mir in Verbindung gesetzt«, sagte Tilly nun in einem Tonfall, der die Tiefe ihrer Gefühle verschleierte.
    »W ir wussten nicht, wo du bist.«
    »Du wusstest sehr gut, dass ich in Tantanoola war! Es ist eine kleine Stadt! Du hättest mich leicht finden können! Aber du bist auf Distanz geblieben, weil du den Mann geheiratet hast, den ich geliebt habe.«
    »W enn du ihn so geliebt hast, warum hast du ihn dann verstoßen?«, fragte Henrietta. »Dafür kannst du ja wohl nicht mich verantwortlich machen.«
    »Ich gebe zu, es war dumm von mir, aber du hast die Situation nur zu gern ausgenutzt. Ich hatte keine Ahnung, dass du ihn die ganze Zeit gewollt hast und dass du alles tun würdest, um ihn dir zu schnappen.« Als Tilly im Krankenhaus gelegen hatte, hatte sie mehr als genug Zeit gehabt, darüber nachzudenken, was Henrietta zu ihr gesagt hatte. Sie konnte nicht glauben, dass sie so eifersüchtig auf ihre Beziehung mit Richard gewesen war, doch ebenso unfassbar erschien es ihr, dass sie nichts davon mitbekommen hatte.
    Als Eliza die lauten Stimmen hörte, schlich sie aus ihrem Zimmer und lief die Diele entlang. Als sie bemerkte, dass die Stimmen aus der Bibliothek kamen, stellte sie sich vor die Tür und lauschte. Eliza konnte nicht glauben, dass Tilly und ihre Mutter sich so heftig stritten. Als sie dann hörte, dass die Schwestern über die Vergangenheit und über Tillys Unfall sprachen, war Eliza wie gebannt. Sie wusste, dass es ungehörig war, an der Tür zu lauschen, aber sie wusste auch, dass weder ihre Mutter noch ihre Tante ihr je freiwillig die Wahrheit darüber sagen würden, was damals zwischen ihnen vorgefallen war und warum sie seit so vielen Jahren nicht mehr miteinander gesprochen hatten.
    »Ich habe unterschätzt, wie weit du zu gehen bereit warst, um Richard zu bekommen, Henrietta«, sagte Tilly nun.
    »Ich weiß gar nicht, wovon du redest«, erwiderte Henrietta, doch die Röte, die ihr ins Gesicht stieg, strafte ihre Worte Lügen.
    »Ich habe lange gebraucht, um der Wahrheit ins Auge sehen zu können, weil sie so schockierend ist«, stieß Tilly voller kalter Wut hervor. »Ich habe mich versteckt in dem Glauben, dieser Wahrheit entkommen zu können, aber sie war immer da und starrte mir ins Gesicht.«
    »Ich weiß nicht, von was für einer Wahrheit du redest!«, rief Henrietta.
    »Dass du mich vor die Räder der Postkutsche gestoßen hast«, sagte Tilly.
    Zum ersten Mal laut ausgesprochen klang es noch entsetzlicher, als es ohnehin schon war.
    Henrietta holte tief Luft. »Du bist wahnsinnig! Das habe ich nicht getan!«, rief sie schrill.
    »Streite es nicht ab«, sagte Tilly ruhig. »Ich habe deine Hand an der Schulter gespürt. Ich dachte, du würdest mich nach hinten reißen, stattdessen hast du mich geschubst – unter die Räder der Kutsche. Du hast versucht, mich umzubringen.« Tränen traten Tilly in die Augen, doch sie kämpfte dagegen an. Das war ihr Augenblick, und sie hatte Jahre darauf gewartet.
    Eliza, die noch immer vor der Bibliothekstür stand und lauschte, musste sich eine Hand vor den Mund pressen, um nicht laut aufzuschreien.
    »Du hast ja den Verstand verloren«, gab Henrietta zurück, doch ihren Worten mangelte es an Überzeugung.
    »Ich konnte nicht begreifen, dass meine Schwester mir so etwas antut«, sagte Tilly, um Fassung ringend. »Deswegen habe ich mich so zurückgezogen. Ich konnte der Wahrheit nicht ins Auge sehen, dass du meinen Tod wolltest. Das war ein unendlich viel schlimmerer Schmerz als der hier.« Matilda hob ihr Haar hoch, um Henrietta ihre Narben zu zeigen. Sie sah das Entsetzen und die Abscheu auf dem Gesicht ihrer Schwester. »Kein Wunder, dass du mit Richard nie glücklich geworden bist. Du hattest es nicht verdient!«
    Eliza wurde übel. Sie rannte durch die Vordertür aus dem Haus, während im selben Augenblick ihr Vater zur Hintertür hereinkam.
    Richard sah seine Tochter nicht. Er war nicht verwundert, dass es im Haus so still war. So war es die ganze Zeit gewesen, seit die Mädchen fort waren. Als er an Elizas Zimmer vorbeikam, fand er die Tür offen, sodass er einen Blick hineinwerfen konnte. Er sah Elizas leeren Koffer auf dem Bett und daneben ein paar zusammengefaltete Kleidungsstücke; offenbar war sie mit Auspacken beschäftigt. Richard lächelte. Er hatte Eliza sehr vermisst und konnte es kaum erwarten, sie wiederzusehen.
     
    Eliza lief den
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