Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes
Autoren: Cynthia Felice
Vom Netzwerk:
gekommen ist.“
    „Na gut“, sagte Joan und zwang sich dazu, ruhig zu bleiben. „Fang an!“
    Ich setzte mich und hoffte, sie würden meinem Beispiel folgen. Sie erhoben sich stets ziemlich schwerfällig, und ich ging davon aus, daß, wenn es die Situation erforderte, ich längst die Tür erreicht hätte, ehe sie überhaupt auf den Beinen wären. Teon ließ sich neben mir nieder, um allen zu zeigen, daß er trotz meiner Zugehörigkeit zu einem Sklaven haltenden Volk immer noch mein Freund war. Bis zu diesem Moment hatte ich eigentlich gar nicht richtig ermessen können, ein wie guter Freund er wirklich war. Adriana konnte sich unter keinen Umständen zivilisiert benehmen, und nun schienen Sergi, Hanalore und Joan mindestens ebenso erzürnt zu sein. Langsam setzten sie sich.
    „Als die Sklaven zum erstenmal entdeckt wurden, hielten meine Leute sie für Tiere.“
    „Das ist doch irrsinnig!“ stieß Adriana hervor und sprang auf.
    Doch die anderen starrten sie schweigend an, bis sie sich wieder hinsetzte.
    Ich fuhr fort und berichtete von den Tempelhüterinnen und der wirtschaftlichen Struktur unserer Gesellschaft. Ich brauchte lange dafür, doch am Ende hatten sie einen umfassenden Eindruck von den Verhältnissen im Reich des Erobererkönigs.
    „Du hast recht, Heao“, gab Sergi schließlich zu, als ich meinen Bericht beendet hatte. „Rechtfertigen läßt sich eure Verhaltensweise natürlich nicht, aber zumindest begreifen wir nun, wie es dazu hat kommen können.“
    „Dein Volk wird grundlegende Veränderungen über sich ergehen lassen müssen, wenn wir zu euch kommen, um unsere Leute zu befreien“, kündigte Joan an. Dieser Gedanke schien dem alten Mann einige Befriedigung zu verschaffen. Die Härte wich aus seinen Augen.
    Mir war klar, daß sie unsere Städte überwältigen konnten, wenn sie diese erst einmal fanden. Wenn sie jedoch schon seit Jahrhunderten mit navigatorischen Problemen zu kämpfen hatten und diese bisher nicht meistern konnten, dann galt das vielleicht auch für die Zukunft … zumindest lange genug, so daß ich zurückkehren konnte, um mein Volk auf das vorzubereiten, was unweigerlich folgen mußte. Einstweilen erwiderte ich auf Joans Erklärung nichts.
    „Sie zu retten würde eine Verletzung des Nichteinmischungsgesetztes bedeuten“, gab Hanalore zu bedenken und fügte eilig hinzu: „Das soll natürlich nicht heißen, daß wir das Gesetz unter diesen Umständen nicht bereitwillig brechen würden. Aber es …“
    „ … wird einige Zeit dauern „, beendete Sergi den Satz für sie. „Was für eine Situation! Das ganze Gesetz würde wahrscheinlich den Bach runtergehen. Rein technisch betrachtet verkehren wir ja schon seit einigen Generationen mit den Eingeborenen. Sie werden nie mehr so leben wie früher, ganz gleich ob wir bleiben oder von hier abziehen.“
    „Ich bitte dich, Sergi. Wir werden bleiben. Im Augenblick sind die Eingeborenen ein rein internes Problem. Der Rat wird sich da nicht einmischen.“ Joan schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein, und Sergi nickte zögernd.
    „Es gäbe auch noch eine praktische Lösung“, meinte Sergi nachdenklich. „Nachdem wir unsere Leute eingesammelt haben, könnten wir die Eingeborenen sich selbst überlassen. Das wäre noch gar nicht mal schwierig; Schattenland hat seine eigene natürliche Grenze, die wir ohne zwingende Gründe ganz bestimmt nicht überschreiten würden.“
    „Stimmt“, ergriff ich wieder das Wort. „Ihr habt ja selbst zugegeben, daß ihr schon seit Jahren nicht hinüberkommt. Fast scheint es mir so, als sollten wir beschließen, was als nächstes geschehen soll. Vielleicht wird der König fordern, daß ihr an der östlichen Küste bleibt!“
    „Das kann er gar nicht bestimmen“, meinte Sergi herablassend.
    „Wirklich nicht? Aus dem, was ich bisher gelernt habe, geht klar hervor, daß unsere Kulturen zwar verschieden sind, daß wir jedoch erstaunlich ähnliche Vorstellungen von richtig oder falsch haben. Diese Werte gewannen wir aus unseren sozialen Strukturen.“
    „Du begreifst nicht, Heao. Wir haben mit diesen Dingen einige Erfahrungen. Die Leute mit einem höheren Grad von Technologie schlucken stets diejenigen, die sich auf einer niedrigeren Stufe der Wissenschaften bewegen. Schattenland für euch zu reservieren geschähe nur zu eurem Schutz.“
    „Das sind Vermutungen“, sagte ich. „Erst einmal sollte man feststellen, wer von uns eine höhere Stufe der Zivilisation erreicht hat. Abgesehen davon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher