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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten
Autoren: Jim Butcher
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murmelte: »Das Lachen junger Leute klingt so schön in den Ohren, nicht wahr? Viel zu lange hat man es in diesen Räumen hier nicht mehr gehört.«
    Isana erstarrte und wandte sich dem Ersten Fürsten zu. »Majestät«, sagte sie und knickste, wie Serai es ihr gezeigt hatte. An dem Tag, an dem sie gestorben ist, dachte Isana.
    »Wehrhöferin«, sagte er. Er betrachtete sie von oben bis unten und fügte freundlich hinzu: »Was für ein schönes Kleid.«
    Das Kleid, welches die Fürstin Aquitania ihr geschenkt hatte,
war aus der gleichen exotischen und teuren Seide geschneidert, die die Fürstin auf dem Gartenfest getragen hatte, wenn auch mit einem sittsameren Schnitt. An den Ärmeln wurde das Scharlachrot zu den Säumen hin immer dunkler, bis es beinahe schwarz wirkte. Rot und Schwarz, die Farben von Aquitania.
    Gaius trug selbstverständlich eine Tunika in Rot und Blau, den Farben seines Hauses.
    »Wie aufmerksam«, erwiderte sie ruhig. »Es ist ein Geschenk meiner Gastgeberin. Deshalb wäre es unhöflich, das Kleid nicht zu tragen.«
    »Gewiss doch, gewiss doch«, sagte Gaius. Sein Ton barg gleichzeitig Zurückhaltung und Mitgefühl. Wieder hatte sie den Eindruck, dass er ihren Worten viel mehr Bedeutung beimaß, als sie oberflächlich ausdrückten, und dass es andersherum genauso gelten sollte. »Es interessiert dich vielleicht zu erfahren, dass ich Maximus begnadigt und von allen Vorwürfen freigesprochen habe. Kalare habe ich eine eingehende Untersuchung der Ereignisse angeboten, die er jedoch überraschend eilig abgelehnt hat. Ohne einen Kläger musste ich die Klage daher abweisen lassen.«
    »Spielt das eine Rolle für mich?«, fragte Isana.
    »Wohl kaum für dich«, entgegnete Gaius, »aber möglicherweise für jemanden, den du kennst.«
    Womit er eindeutig auf die Aquitanias abzielte. »Sollen wir uns zu ihnen gesellen?«, fragte sie.
    Gaius blickte zu der Gruppe der jungen Leute, die immer noch lachten. Er beobachtete sie mit undurchdringlicher Miene, und obwohl sie trotz ihrer Fähigkeiten im Wasserwirken seine wahren Gefühle kaum erspüren konnte, hatte sie plötzlich den Eindruck, dass er als Erster Fürst ein entsetzlich einsames Leben führte. »Warten wir noch einen Augenblick«, antwortete er. »Sobald wir dabei sind, ist es vorbei mit der Unbefangenheit.«
    Sie sah ihn kurz an und nickte. Die Spannung zwischen ihnen löste sich nicht auf, ließ jedoch für einen Moment nach.
    Als sie schließlich den Saal betraten, schloss sie Tavi lange in die
Arme. Er war unglaublich gewachsen: Hatte sie ihn früher um eine halbe Handbreite überragt, so war er nun mindestens einen halben Fuß größer als sie. Seine Schultern waren stark in die Breite gegangen, und seine Stimme erklang nicht mehr im singenden Tenor, sondern im tiefen Bariton.
    Aber trotz allem hatte Amara Recht behalten: Er war immer noch ihr Tavi. Sie spürte es an seiner Wärme und seinem Lächeln, und sie spürte seine Liebe, als er sie umarmte. Das Funkeln in seinen Augen, sein Sinn für Humor, das Lächeln - vielleicht ein bisschen ernster und nachdenklicher - und doch war er auch nach diesen zwei Jahren an der Akademie noch ihr Tavi. Nur eines hatte diese Zeit bewirkt: Jetzt war er ein junger Mann mit rascher Auffassungsgabe, gelegentlich zweifelhaften Einschätzungen und einem guten Herzen.
    Das Essen war köstlich, und das Gespräch kreiste um seichte Themen, bis der Erste Fürst Tavi bat, ihnen die Ereignisse, die er in den vergangenen Tagen erlebt hatte, aus seiner Sicht zu schildern. Plötzlich verstand Isana, warum es ein so kleiner Kreis war. Nicht einmal die Diener durften im Raum bleiben, während Tavi erzählte.
    Sie vermochte kaum zu glauben, was sie da hörte, und doch entsprach alles der Wahrheit. Das konnte sie spüren. Isana nahm verblüfft zur Kenntnis, wie viel Macht Tavi in den Händen gehalten hatte. Er war ein junger Schüler an der Akademie, und doch hing von seinen Entscheidungen der Frieden im Reich ab. Vielleicht nicht ganz allein von ihm, aber, bei den großen Elementaren, das war nun das zweite Mal, dass er sich als Held ausgezeichnet hatte.
    Gedankenverloren saß sie am Tisch. Eigentlich überraschte es sie nicht zu hören, dass Tavi eine Ausbildung zum Kursor absolviert hatte. Das hatte sie sich schon vorstellen können, noch bevor er in die Hauptstadt aufgebrochen war. Sie hörte dem Jungen zu und schätzte ganz nebenbei die Mienen und Gefühle der anderen Gäste am Tisch ein. Vermutlich ließ Tavi hier und da
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