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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten
Autoren: Jim Butcher
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Geduld mit deiner gelegentlichen Aufsässigkeit ist nicht unerschöpflich.«
    »An deiner Stelle, Hoheit«, sagte Fidelias, »würde ich mir lieber Gedanken darüber machen, wie ich meine Quellen erhalte.«
    »Damit meinst du dich?«, fragte sie.
    »Damit meine ich mich.«
    »Und warum sollte ich?« In ihrer Stimme schwang ein gefährlich scharfer Unterton mit.

    Fidelias wendete zum ersten Mal den Blick von der Decke ab. Sie stand in der Tür, groß und elegant und wunderschön, und sie trug einen weiten grauen Umhang und leichte Pantoffeln an den Füßen. Das dunkle Haar hatte sie mit mehreren Elfenbeinkämmen hochgesteckt. Er betrachtete sie einen Moment lang in all ihrer Schönheit und verspürte gleichzeitig Verlangen und Wut. Kein Mann konnte eine Frau wie diese anschauen und dabei nichts empfinden. Aber seine Wut war ihm ein Rätsel. Er behielt sie sorgfältig für sich und verbarg sie vor ihr.
    Anstatt zu antworten deutete er nur mit dem Kopf auf die Kommode neben der Tür.
    Sie runzelte die Stirn und sah in die Richtung. Dann beugte sie sich vor und nahm einen abgetragenen Reisemantel von der Kommode. »Ein Mantel«, sagte sie mit übertriebener Geduld. »Und welche Bedrohung sollte der für mich darstellen?«
    »Es ist nicht einfach nur ein Mantel«, meinte Fidelias leise. »Es ist ein Seemannsmantel. Sie werden in Kalare, Forcia und Parcia hergestellt. Die Häute stammen von einer großen Eidechsenart, die sich von Knollen und Wurzeln in den Sümpfen und Flüssen ernährt. Wenn sie nass werden, schwellen sie an und werden wasserdicht. Jeder, der dort reist, benötigt einen solchen Mantel, entweder weil er auf einem Schiff unterwegs ist, oder weil er Schutz braucht in der Regenzeit. Ohne einen Seemannsmantel wird man sehr leicht krank.«
    Die Fürstin nickte geduldig. »Ich verstehe immer noch nicht, inwiefern das eine Gefahr für uns darstellen könnte, mein lieber Spion.«
    »Der Mantel dort ist mein Mantel«, erklärte Fidelias.
    Sie sah ihn fragend an.
    »Ich habe ihn in meiner Unterkunft in der Zitadelle gelassen, an dem Tag, an dem ich mit Amara zu ihrer Prüfung nach Süden aufgebrochen bin. An dem Tag, an dem ich Gaius’ Dienste verlassen habe.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn heute Abend hier vorgefunden.«

    Zwischen ihren Augenbrauen erschien eine Falte. »Aber … das würde bedeuten …«
    »Es bedeutet, dass Gaius höchstpersönlich hier war, in deinem Haus, und du hast nichts davon bemerkt. Es bedeutet, dass er weiß, wo ich bin. Und wem ich diene. Es bedeutet, dass er sehr wohl weiß, dass du mich in den Süden schicken wirst, um Kalare aufzuscheuchen - und dass ich seinen Segen dafür habe.« Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte wieder an die Decke. »Pass gut auf dich auf, Hoheit. Der Löwe, den du jagst, mag zwar ein Greis sein, aber bestimmt kein gebrechlicher. Ein Fehltritt, und die Jägerin könnte leicht zur Gejagten werden.«
    Die Fürstin starrte ihn einen Moment lang schweigend an, dann ging sie ohne ein Wort hinaus und schloss die Tür hinter sich. Er konnte ihre Schritte hören: Sie waren ein wenig schneller als gewöhnlich. Fürstin Aquitania hatte Angst.
    Aus irgendeinem Grund freute sich Fidelias darüber, genauso wie es ihn gefreut hatte, der aleranischen Wache eine Warnung zuzurufen, als sich das Vord angeschlichen hatte. Dahinter versteckte sich ein Geflecht von Gedanken, von gefährlichen Gedanken und auch gefährlichen Gefühlen, die er am liebsten nicht an sich heranlassen wollte, weil sie ihn zu leicht handlungsunfähig machen konnten. Also nahm er sie einfach an der Oberfläche wahr und war zufrieden damit.
    Es hatte ihm Freude bereitet.
    Das Gefühl war zwar vielleicht nicht besonders stark, aber es war weitaus besser als gar keins.
    In dieser Nacht schlief er zum ersten Mal seit Jahren mühelos ein.

58
    Isana faltete die Hände im Schoß und bemühte sich, ihr Zittern zu unterdrücken. Sie saß zwar allein im Wagen, trotzdem war es nicht gut, in einer derartigen Verfassung im Palast einzutreffen.
    Denn schließlich war sie jetzt, zumindest im Geiste, ein Verräter an der Krone.
    Sie schloss die Augen und atmete langsam ein und aus. Es handelte sich doch nur um ein Abendessen, und zweifellos würde der Erste Fürst nach dem Mahl nicht mehr lange verweilen. Und sie konnte endlich Tavi wiedersehen. Gesund und munter. Vor Erleichterung hatte sie geweint, als sie in das Krankenzimmer gekommen war, in dem er lag; verwundet, erschöpft und
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