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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman
Autoren: Carla Federico
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entzog er sich ihr, fand er doch, dass derlei Zärtlichkeiten einem Kind gebührten, keinem jungen Mann, als der er sich zu fühlen begann. Er blickte auf die Leinwand.
    »Du hast wieder ein Bild gemalt«, stellte er fest.
    »Ja«, schaltete sich Tiago ein, »und ich denke, sie wird noch viele, viele mehr malen müssen.«
    Fragend blickte Aurelia ihn an, als er ihr das Telegramm vor die Nase hielt.
    »Wie ich schon sagte – du bist in einer Sache gut, ich in vielen mäßig. Ich werde zwar meinen Beitrag leisten für unser gemeinsames Leben, aber leider werde ich nie so reich werden wie meine Frau.«
    Der Wind zerrte so heftig an dem Telegramm, dass Aurelia die Worte nicht entziffern konnte.
    »Was für ein Unsinn!«, rief sie.
    »Das ist kein Unsinn. Dieses Schreiben ist von Victoria. Stell dir vor, in New York spricht man noch immer von der Ausstellung der Wellingtons, und insbesondere von deinem Bild. Offenbar hat man in dieser engen, großen, lauten Stadt große Sehnsucht nach Wilde, Weite und Natur. Gleich mehrere Interessenten haben angeboten, das Bild zu kaufen, und den Preis immer höher getrieben. Mittlerweile beläuft er sich auf fünftausend Dollar. Victoria will, dass du so bald wie möglich mehr Bilder schickst, dann kann sie sie verkaufen.«
    »Fünftausend Dollar«, echote Aurelia fassungslos.
    »Wie viel ist das in Pesos?«, fragte Tino.
    »Ich weiß es nicht«, stammelte Aurelia, »ich glaube, sehr viel.«
    »Siehst du, wie gut es ist, dass ich mich mit Zahlen auskenne!«, schaltete sich Tiago ein. »Das müssen um die einhundertzehntausend Pesos sein.«
    »Gütiger Himmel!«, stieß Aurelia aus. Das war weit mehr, als die Estancia in einem ganzen Jahr einbrachte.
    Tino lachte. »Krieg ich jetzt mein eigenes Pferd? Und meinen eigenen Hund? Und eigene Schafe? Ich will doch auch welche züchten, und …«
    Er plapperte munter weiter und lief auf das Haus zu.
    »So viel Geld«, stammelte Aurelia ein ums andere Mal. »So viel Geld.«
    »Und jeden Peso hast du dir verdient«, sagte Tiago leise.
    Gedankenverloren sammelte sie ihre Farben ein und verstaute sie in dem Ledertäschchen, das sie stets bei sich trug. Dann folgten sie Tino ins Haus, wo der Sohn stolz der restlichen Familie verkündete, dass seine Mutter eine reiche Frau und eine berühmte Malerin war.

Personenverzeichnis
    In Valparaíso
    Aurelia Hoffmann
    Victoria Hoffmann
    Elvira und Ludwig Kreutz

    In Santiago
    Valentina und Pepe Veliz
    Jiacinto, Juan und Rebeca Carrizo
    Ramiro und Andrés Espinoza
    Schwester Adela
    William und Alicia, Guillermo, Tiago und Tino Brown y Alvarados
    Nana Saqui

    In der Atacamawüste
    Salvador Cortes
    Clarabel und Teodora
    Nathaniel Foster

    Auf der Hacienda
    Hector Sedano
    Marisol
    Luis

    In Patagonien
    Rita und Balthasar Hoffmann
    Cornelio, Arturo und Emilio
    Ana und Maril

    In den USA
    Lawrence Fisher
    Kate und Christopher Wellington

Historische Anmerkung
    A ls ich an meiner Chile-Saga Jenseits von Feuerland gearbeitet habe, habe ich mir oft vorgestellt, wie sich wohl die Töchter meiner Protagonistinnen entwickeln würden: Emilias Victoria und Ritas Aurelia.
    Mir war rasch klar: Sie würden sich – genau wie ihre Mütter – in vielem unterscheiden, jedoch davon geeint sein, dass sie beide eine große Leidenschaft besitzen und, wenn auch jede auf ihre eigene Weise, für ihre Ziele kämpfen. Nach und nach wurden diese beiden Frauen in meiner Vorstellung immer konkreter, und bald hatte ich ein sehr klares Bild von ihnen vor Augen – von Aurelia, der sensiblen, kreativen, etwas schwärmerisch veranlagten, zarten Künstlerin, und Victoria, der energischen, willensstarken, vermeintlich nüchternen, wenngleich alles andere als gefühlskalten Kämpferin.

    So deutlich ich die Charaktere der beiden vor mir sah – so schwer war es für mich zunächst, die Zeit zu verstehen, in der sie lebten. Die Wildnis Mittelchiles oder Patagoniens, der ihre Großeltern und Eltern gegenüberstanden, schien mir ungleich leichter zu schildern als das Santiago kurz nach der Jahrhundertwende. Denn schon nach den ersten Recherchen wurde klar: Diese Zeit lässt sich nicht mit einigen wenigen Schlagwörtern beschreiben – es ist vielmehr eine Zeit voller Widersprüche, Anachronismen und einer höchst heterogenen Gesellschaft.

    Diese Zerrissenheit lässt sich an vielen Bereichen des Lebens, der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie der Mentalität festmachen:
    Einerseits galt Chile damals als modernes Land, gar
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