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Im Schatten der Pineta

Im Schatten der Pineta

Titel: Im Schatten der Pineta
Autoren: Marco Malvaldi
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zu schnell, um sie richtig auszumachen, andere langsamer, als das Gesetz erlaubt, wie dieser Alte mit Hut da vorne, der mit siebzig auf der Autobahn dahinkriecht, aber warte nur, eines Tages werden sie mich zum Verkehrsminister machen, und wehe dem, der dann noch mit über siebzig am Steuer erwischt wird.
    »Also, rekapitulieren wir. Der Volltrottel von einem Jungen kann niemanden umgebracht haben, jedenfalls nicht zu dem Zeitpunkt, an dem das Mädchen gestorben ist, daran ist nicht zu rütteln. Dasselbe Individuum hatte jedoch Zeit, sie zu schwängern, auch das ist eine unverrückbare Tatsache. Derjenige, der die Leiche im Müllcontainer auf dem Parkplatz des Pinienwäldchens deponiert hat, ob er nun identisch mit dem Mörder ist oder nicht, ist über einsneunzig groß. Auch eine Tatsache. So wie es eine Tatsache ist, dass dieser Typ, der mich gerade rechts überholt, ein Arschloch ist. AC 002 NY. Hoffentlich zerlegst du dich in der nächsten Kurve.«
    Draußen zogen die Hügel in sanften Wellen aus Erde und Gras an ihm vorüber, und hin und wieder schweifte Massimo in Gedanken ab und genoss den Anblick dieser Landschaft.
    Er schaltete das Autoradio ein, erwischte zufällig den Anfang eines Liedes, das ihm besonders gut gefiel – Walk Like an Egyptian von den Bangles –, und dachte an rein gar nichts mehr, bis es zu Ende war. Als die Musik dann aufhörte und der Stimme eines geistigen Dünnbrettbohrers Platz machte, der sich bei jedermann einschmeicheln wollte, schaltete er das Radio aus und fing wieder an, mit sich selbst zu sprechen.
    »Hypothese: Pigi hat ein Motiv, das bislang noch nicht entdeckt wurde. Vielleicht wusste er, dass das Mädchen schwanger war, und dachte vielleicht, er sei der Vater. Aber bringt man deswegen jemanden gleich um? Das wollen wir doch nicht hoffen. Man stelle sich das mal vor, nein, nein, das macht doch niemand. Aber aus welchem Grund könnte einer wie Pigi jemanden umbringen? Aus welchem Grund werden denn Menschen umgebracht? Also, wären wir in einem Krimi von Agatha Christie, würde man wegen Geld morden, oder die erste Frau, die man für tot gehalten hat, taucht plötzlich wieder auf, und weil man inzwischen wieder geheiratet hat, steckt man ganz schön in der Tinte und muss sich was einfallen lassen. Zum Beispiel schließt man sie in einem Zimmer zusammen mit einem Krokodil ein und ist aus dem Schneider. In den Krimis von Nero Wolfe hingegen sind es immer Erpresser, die von malträtierten Opfern kaltgemacht werden, oder Väter, die die Heirat einer Tochter verhindern wollen, und so weiter und so fort. Der Mord ist sozusagen Mittel zum Zweck, um das zu erreichen, was man haben will. Man bringt niemanden um, weil man ihn hasst oder ihn aus dem Weg räumen will. In den Krimis. Im richtigen Leben hingegen wird fast immer die Schwiegermutter umgebracht, weil sie einem seit zwanzig Jahren auf den Senkel geht. Also, was hat der Pigi aus dem richtigen Leben für einen Grund, jemanden umzubringen? Eifersucht? Nein. Ich glaube nicht, dass ihn das juckt. Erpressung? Schon eher. Aber wenn man mit etwas erpresst wird, muss man große Angst haben, dass es entdeckt wird – und was könnte das sein? Drogen, zum Beispiel. Man ist Türsteher einer großen Disco und begegnet jeder Menge Leute. Schon möglich. Sogar wahrscheinlich. Die Kleine kannte sich bestimmt mit Drogen aus, wenn man bedenkt, dass sie mit Messa zusammen war, einem Typen, der sich sogar die pulverisierten Socken von Totti noch in die Nase ziehen würde. Aber das ist mir ebenso egal, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt. Soll sich doch Fusco drum kümmern, ist schließlich sein Job. Ich muss aufhören, mir den Kopf wegen der Geschichte zu zerbrechen, sonst werd ich noch verrückt. Jetzt halte ich erst mal bei der nächsten Raststätte an, mach ein Pinkelpäuschen und fahr dann weiter.«
    Kurz vor der Ausfahrt zur Raststätte drosselte er die Geschwindigkeit und wollte gerade in die Ausfahrtspur wechseln, als ein schwarzer Porsche ihn überholte, unmittelbar vor ihm einscherte und ihn schnitt. Massimo trat auf die Bremse, dass die Räder blockierten, und fluchte lautstark.
    Mit zitternden Beinen betrat er die Raststätte.

    Als er, müde und zufrieden und mit vom Meersalz spannender Haut – einer unangenehmen Erinnerung an angenehme Sprünge in die Fluten –, zu seinem Wagen zurückkehrte, dachte Massimo erneut an das Verbrechen. Im Gegensatz zu morgens, wenn ihm die Gedankensplitter ungeordnet im Geist herumschwirrten,
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