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Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Titel: Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
Autoren: Frank Domeier
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bewusst, dass er inzwischen direkt vor ihr stand und ihr tief in die blauen Augen blickte, beinahe so, als ob sie ihn mit unsichtbaren Seilen zu sich gezogen hätte. Erschrocken machte er einen Schritt rückwärts. Was machte sie mit ihm? Wollte sie ihn verhexen?
    Das Mädchen erzählte weiter: »Aber heute Mittag hat er mich drüben auf dem Weg abgefangen. So schnell ich konnte, bin ich in den Wald gelaufen. Wilhelm kam jedoch mit seinem Pferd hinterher. Und da vorn hat er mich erwischt. Zuerst konnte ich mich noch wehren. Aber dann …« Sie schluchzte auf. »Dann hat er mich zu Boden geworfen und mir das Kleid zerrissen. Da habe ich nach dem Erstbesten gegriffen, das ich fand – einem Stein – und einfach zugeschlagen. Als Ihr dann kamt, habe ich mich schnell versteckt.« Sie zögerte und fügte dann leise hinzu: »Zum Glück kamt Ihr.«
    »Warum zum Glück?«
    »Ich … ich wollte ihn umbringen, ihn erschlagen, ihm die Kehle durchschneiden. Ich wollte ihn für die vielen Male bestrafen, wo er mich belästigt hat und … und … mich küssen wollte.«
    Die letzten Worte dieser Beichte gingen in Tränen unter. Nikolaus stand verzweifelt daneben und wusste nicht, wie er helfen konnte. Verlegen hob er die Arme, aber er traute sich nicht, dieses zarte, engelsgleiche Wesen an seine Brust zu drücken. Gerne wäre er der große Beschützer und Held gewesen.
    Langsam beruhigte sich die junge Frau wieder, doch dann zeigte sie auf Wilhelm. »Er kommt zu sich«, flüsterte sie. Ihre Stimme klang ängstlich.
    Nikolaus wirbelte herum. Der Lump hatte sich gerade aufgesetzt und hielt sich den Schädel. Entschlossen befahl er der jungen Frau: »Versteckt Euch wieder. Der Halunke braucht nicht zu wissen, dass Ihr noch hier seid.«
    Flugs duckte sie sich wieder hinter das Gebüsch, während er zu Wilhelm hinübereilte.
    »Endlich seid Ihr wieder wach.« Einen unfreundlichen Unterton konnte sich Nikolaus nicht verkneifen.
    »Habt Ihr mich verbunden?« Wilhelms Stimme klang ein wenig undeutlich, als wäre er betrunken.
    »Natürlich. So etwas gehört sich doch für einen Christenmenschen.«
    »Danke. Aber ich muss jetzt los.« Wackelig stand er auf.
    Nikolaus stand ungerührt vor ihm und blickte ihn an. Ob der Mann sich seiner Tat bewusst war? Provokant fragte er deshalb: »Was ist passiert?«
    »Nichts«, war die brummige Antwort.
    »Seid Ihr überfallen worden?«
    Wilhelm blickte Nikolaus mürrisch an. »Nein, mein werter Herr, ich bin vom Pferd gefallen, weil es gescheut hat.«
    »Ach?« Nikolaus konnte sich den beißenden Tonfall nicht verkneifen. »Aber falls es doch Räuber waren? Vielleicht sind sie noch in der Nähe. Sollten wir dann nicht so schnell wie möglich zur Burg gehen?«
    Stöhnend und schwerfällig stieg Wilhelm auf sein Pferd. »Hier gibt es keine Räuber. Ihr müsst keine Angst haben. Hier herrschen die Herren von Manderscheid. Hier kann sich jeder absolut sicher fühlen.«
    Und ohne ein weiteres Wort des Dankes oder des Abschieds trieb er sein Reittier an. Nach wenigen Augenblicken war er zwischen den Bäumen verschwunden.
    Nikolaus schaute Wilhelm hinterher und überlegte, wie er dafür sorgen könnte, dass der Kerl seine gerechte Strafe bekam. Egal ob Herr oder Leibeigener, so konnte man nicht mit unschuldigen Menschen umgehen. Solch ein niederträchtiges Verhalten verdiente eine empfindliche Strafe.
    »Könntet Ihr mir helfen?«
    Nikolaus drehte sich um. Das Mädchen kam humpelnd auf ihn zu. Sofort eilte er zu ihr hinüber und stützte sie. Ihm war völlig entgangen, dass sie verletzt war.
    Aufgeregt fragte er: »Was ist passiert?«
    »Ich bin mit dem Fuß umgeknickt, als mich Wilhelm zu Boden geworfen hat. Könntet Ihr mich bitte nach Hause bringen? Mein Vater macht sich bestimmt schon Sorgen.«
    »Natürlich!« Für Nikolaus war es eine Frage des Anstands, das Mädchen zu begleiten. »Wie ist eigentlich Euer Name?«
    »Christina Rüth. Mein Vater ist Reginus Rüth, der Müller in Niedermanderscheid.«
    Nun stellte sich auch Nikolaus vor. Dann machten sie sich auf den Weg nach Niedermanderscheid. Christina fragte, was ihn in diese Gegend führte. Nikolaus begann, von seinen Reisen und seinen Studien zu erzählen. Christina war eine äußerst aufmerksame und wissbegierige Zuhörerin, das war mehr als bloße Dankbarkeit für seine Hilfe. Ihre Zwischenfragen verrieten, dass es sie wirklich interessierte, was Nikolaus ihr da erzählte. Nikolaus redete wie ein Wasserfall. Es war eine völlig neue Erfahrung für
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