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Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)

Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)

Titel: Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)
Autoren: Anja Hochmuth
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seinen kurz geschorenen, schwarzen Haaren. Ein Raunen
ging um und auch ich musste zugeben, dass der Preis recht verlockend war. Ich
wandte mich mehr oder minder freiwillig Ayden zu – ich konnte mir immer noch
nicht zusammenreimen, was dieser Blick vorhin sollte, und wartete darauf, dass
uns die vier Stoffe auf den Tisch gelegt wurden.
    Am Anfang verlief die Arbeit schweigend. Ich nahm mir
den einen Stoff zur Hand, betrachtete ihn eingehend, schnitt ein Stück ab und
ließ es in ein Reagenzglas mit Säure fallen, während Ayden sich einen anderen
Stoff vornahm. Nach gerade einmal zehn Minuten hatte der Schwarzhaarige den
Stoff identifiziert und schrieb sein Ergebnis in die Tabelle. Kurz darauf war
ich mit meinem fertig. „Hast du was dagegen, wenn ich kontrolliere?“, fragten
wir uns gleichzeitig, während wir auf das Versuchsprotokoll des jeweils anderen
sahen. Er lachte leise. „Tu dir keinen Zwang an“, meinte er, wobei ich
Selbstsicherheit aus seinem Ton heraushören konnte, der mich mehr als alles
andere provozierte. Anstatt etwas zu sagen, schnappte ich mir das Protokoll in
der – noch dazu für einen Jungen! – vorbildlich sauberen Schrift und reichte
ihm schweigend meins. Ich musste es nur schnell überfliegen, dann nickte ich
und gab ihm seinen Zettel zurück, während meiner bereits vor mir lag und er
mein Ergebnis eintrug. War offenbar richtig. Nicht, dass ich es bezweifelt
hätte … Während wir uns den beiden verbleibenden Stoffen zuwandten, sah er
recht häufig zu mir herüber, sagte jedoch nichts. Wimmelte es hier in dieser
Schule derart von Weicheiern, die ihren Mund nicht aufbekamen?!?
    „Und: Gefällt dir Neuseeland?“, wollte Ayden auf
einmal unschuldig wissen, während er meine Reaktion genau registrierte. Ich sah
ihn überrumpelt an. Konnte der Kerl denn Gedanken lesen?!? Oder sollte es
tatsächlich so grausam ironische Zufälle geben?
    „Nun, in Anbetracht dessen, dass es das Land ist, wo
ich mein ganzes Leben schon hinwollte: ja“, antwortete ich und betrachtete den
Stoff in der Lauge.
    „Dein ganzes Leben?“, hakte der Schwarzhaarige betont
lässig nach.
    „Ja.“
    „Das Wetter hier ist ein Traum, was?“ Ich lachte
leise, darauf bedacht, die konzentrierte Stille nicht zu durchbrechen, was zur
Folge hatte, dass es mich schüttelte.
    „Was?“, kam sogleich die Frage von Ayden. Ich sah ihn
wie zufällig an und war sofort gefangen von seinen blauen Augen, die mich
eindringlich musterten, als versuchten sie, in mich einzudringen. Das
Reagenzglas, das er in der Hand hielt, schien er völlig vergessen zu haben. Ich
schluckte. „Du – du fragst mich nach dem Wetter?“, gab ich verspätet zurück und
schenkte mir den ‚Wie – peinlich – ist – das – denn?’ Teil.
    „Ja ich – ich denke, das tue ich“, erwiderte Ayden
nachdenklich, entspannte sich merklich und verzog seinen perfekt geformten Mund
zu einem Grinsen, das jedoch nicht so aufdringlich wirkte, wie das von Allan.
    „Ja, das Wetter ist – schön“, antwortete ich mit einem
Blick aus dem Fenster direkt hinter dem verboten gut aussehenden Kerl. Erst
jetzt war mir aufgefallen, dass er ungefähr so blass war wie ich, und das,
obwohl er hier schon länger wohnte. Sein Blick hielt es immer noch nicht für
nötig, mich zu entlassen. „Das klingt nicht sehr begeistert“, bemerkte er
unerbittlich. Klasse. Endlich mal einer, der intelligent und gut
aussehend war, und ausgerechnet er musste derart aufmerksam sein.
    „Der Grund meines Umzugs wirft einen verhältnismäßig
großen und dunklen Schatten auf mein Glück“, erwiderte ich knapp und wandte
mich demonstrativ meiner Aufgabe zu. Wir waren ohnehin viel schneller als alle
anderen – das perfekte Alibi für ihn, mich weiter zu löchern und die Aufgabe zu
ignorieren.
    „Warum?“
    „Ähm – könntest du das Verhör bitte fortsetzen, wenn
wir fertig sind?“, lenkte ich kläglich ab. Eine Furche erschien zwischen den
eleganten Augenbrauen des jungen Mannes mir gegenüber, doch er gab
glücklicherweise klein bei.
    „Vielleicht ist das besser so“, erwiderte Ayden und
wandte sich wieder dem vergessenen Reagenzglas in seiner Hand zu.
    Keine fünfzehn Minuten später waren wir fertig, was
hieß, dass es noch geschlagene zwanzig Minuten bis zur Mittagspause waren. Ich
und mein Glück immer. Die zwischenzeitliche Unterhaltung war länger als erwartet
ausgefallen. Und doch hatte sie nicht ausgereicht, um unser Ergebnis, das niet-
und nagelfest war, hinauszuzögern.
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