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Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin

Titel: Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
Autoren: Hans Bankl
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zum »Rauschgift« werden, der Läufer sucht das »runner’s high« und kommt davon nicht mehr los. Also rennt er, bis er umfällt. Subjektive Glücksgefühle nach einem Lauf sind kein Zeichen für innere Befriedigung, sondern ein Alarmsignal des Körpers, dass eine Grenze überschritten wurde.
    Körperliche Dauerleistungen beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit des Immunsystems. Es klingt makaber, aber es ist so: bei Langstreckenläufern passiert mit den Immunzellen Ähnliches wie bei AIDS. Das Verhältnis der CD4-/CD8-T-Lymphozyten verschiebt sich zu Ungunsten der Immunabwehr. Nach einem Marathonlauf benötigt der Organismus etwa zehn Tage, um die Immunfunktion wieder auf den ursprünglichen Leistungsstandard zu bringen.
     
    Bei gesundheitlichen Problemen im Zusammenhang mit Sport hat man zweierlei auseinander zu halten. Zum einen die Sportverletzung, d. h. ein Sportunfall bzw. Missgeschick mit körperlichen Folgen, und zum anderen den Sportschaden, d. h. eine langsam-schleichend entstehende körperliche Schädigung. Beides gilt sowohl für den auf die Spitze getriebenen Höchstleistungssport wie auch für den übermäßig ausgeführten Gesundheitssport.
In erster Linie betroffen ist der Bewegungsapparat, also Muskeln, Sehnen, Knochen und Gelenke.
     
    Wie häufig sind Sportschäden am Bewegungsapparat?
    • Spitzenturnerinnen 95%
    • Judokämpfer und Ringer 90 %
    • Boxer 70%
    • Fußballer 70%
    • Reiter 50%
    • Gewichtheber 50%
    »Es gibt zwei große Industriezweige, die Ärzten Patienten zutreiben: Fabrikanten von Sportgeräten sowie Hersteller von Klimaanlagen.«
    Univ.-Prof. Dr. Hans Tilscher, Orthopäde.

    Wenngleich Sport - in welcher Disziplin auch immer - gefährlich sein kann, bedeutet dies nicht, dass man als »couch-potatoe« auf dem Sofa mit einem Bier in der einen Hand und der Fernbedienung in der anderen Hand besser aufgehoben ist.
     
    Aufgabe des Gerichtsmediziners ist, die Todesfälle im Zusammenhang mit Sportausübung zu analysieren und vor allem die Frage zu klären: »Handelt es sich um einen Tod beim Sport oder durch den Sport?« Das ist häufig sehr schwer oder gar nicht zu beantworten. Denn was kann man schon sagen, wenn zur Diskussion steht, warum ein Myokardinfarkt nicht beim kreislaufbelastenden, üppigen Mittagessen aufgetreten ist, sondern einige Stunden später beim zweiten Satz des Tennisspieles. Eines steht jedoch fest: Bei den zahlreichen Todesfällen durch Sport, die ich seziert habe, konnte ich immer eine Organkrankheit als (meist unbekanntes) Grundleiden feststellen. In den allermeisten Fällen war es eine Arteriosklerose der Herzkranzgefäße und die Todesursache ein akuter Myokardinfarkt. Ob derselbe durch Zufall während des Sports oder ausgelöst durch den Sport aufgetreten ist, kann kaum bewiesen werden. Persönlich glaube ich nur ungern an Zufälle.

Sogar Golfspieler leben gefährlich
    Golf wird als ideale Sportart für untrainierte Senioren angepriesen. Aber: Erstens gibt es keinen risikolosen Sport und zweitens ist Sport für alle Anfänger gefährlich. Gerade das Golfspielen erfordert gut trainierte Muskeln und entsprechende Bewegungskoordination. Das fehlt aber oft den älteren Menschen. Etwa ein Viertel der Golfer bekommen Beschwerden im Schulter- und Ellbogenbereich oder Rückenschmerzen. An sechs Prozent der Golfschäden sind umherfliegende Bälle mitschuldig, die alle möglichen Körperteile treffen können.

    Es gibt aber auch ganz extravagante Erkrankungen, die man sich am Golfplatz holen kann. Über einen 65-jährigen Iren wurde berichtet, der sich seit Monaten krank fühlte und schließlich eine Gelbsucht bekam. Eine ausführliche Untersuchung im Krankenhaus ergab eine schwere Leberschädigung ähnlich einer Vergiftung. Und dann kam heraus, dass der passionierte Golfspieler die Hinweistafeln missachtet hatte, welche Golfer vor der Gewohnheit warnten, den Ball vor dem Putten abzuschlecken. Die Greens waren nämlich mit einem chemischen Mittel besprüht worden, das dem berüchtigten Agent Orange des Vietnamkrieges entsprach. Damals hatte es viele Vergiftungen bei der Entlaubung des Dschungels gegeben, jetzt kommen sporadisch Fälle am Golfplatz vor.

Neue Todesursachen
     
     
     
     
    Derzeit ist es leider so, dass die Fortschrittsgläubigen in der Medizin behaupten, wir kennen eigentlich schon alle Krankheiten und müssen sie bloß noch heilen. Aber mit dem Fortschritt ist es so eine Sache: Er wird immer kleiner, je genauer man hinsieht.

Sterben im
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