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Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin

Titel: Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
Autoren: Hans Bankl
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Flugzeug
    Seit einigen Jahren ist im Flugzeugverkehr eine lebensgefährliche Konstellation eingetreten. Die Sitze wurden schmäler, die Reihen enger und die Flugzeiten dauern länger, da wir nach immer entfernteren Zielen aufbrechen. So sitzt man zehn bis zwölf Stunden oder mehr, fast bewegungslos, und oft tut ein Beruhigungsmittel seine Wirkung und man verschläft die Reise. Das ist eminent gefährlich. Durch die Bewegungslosigkeit während eines langen Fluges bilden sich Blutgerinnsel in den Venen der abgeknickten Beine. Das macht sich durch ziehende Schmerzen bemerkbar, aber wer schläft, merkt nichts. Steht man am Ende des Fluges auf und bewegt die Beine wieder, so werden Teile der Blutgerinnsel abgerissen und mit dem Blutstrom in die Lunge verschleppt. Dort verstopfen sie die Lungenschlagader, und der Betroffene fällt tot um.
    Man nennt dies etwas zynisch das »Touristenklasse-Syndrom«, etwa hundert Personen sterben jährlich daran. Genauso zynisch verweisen diverse Fluggesellschaften auf ihre Bordzeitschrift, worin empfohlen wird, vier Minuten pro Stunde die
Beine zu bewegen, um einer Blutgerinnselbildung vorzubeugen. Dies reicht aber nicht aus, und so werden noch verschiedene andere Maßnahmen angepriesen: Die Einnahme von Aspirin nützt gar nichts, Antithrombose-Spritzen dürfen nur von einem Spezialarzt verabreicht werden (sonst bewirken sie eventuell das Gegenteil), elastische Gummistrümpfe sind gut, aber nicht jedermanns Sache bei einem Flug auf die Malediven.

    Es ist ernsthaft zu empfehlen, vor jedem Langstreckenflug einen Fliegerarzt aufzusuchen. Die Chancen, heil am Flugziel anzukommen, stehen ganz gut, die Aussichten, ohne Komplikationen
über die Gangway hinunterzugelangen, sind aber schlechter geworden. Ist einmal ein Blutgerinnsel in die Lungenschlagader verschleppt worden, kann der beste Flughafenarzt nicht mehr helfen. Vorbeugung ist extrem wichtig.

Wenn der Busen zu groß wird
    Die mit Silikon oder sonstigen Kunststoffen aufgeblähten Brüste mancher Schauspielerinnen oder der Nebendarstellerinnen in den Gesellschaftskolumnen von Zeitung und Fernsehen sind medizinisch nicht ungefährlich. Das ist bekannt. Die Starrheit der Formen und die hüpfenden Bewegungen erscheinen manchmal grotesk, aber man soll über Geschmack nicht streiten.
    2000 ist eine Ikone der plastischen Chirurgie gestorben. Lolo Ferrari, das Busenwunder Europas, wurde tot im Schlafzimmer aufgefunden. Nach 22 Schönheitsoperationen hatte sie eine Oberweite von 130 cm, Brustimplantate von insgesamt 6 Kilogramm und fast bis an die Nase hochgezogene Lippen. Auf dem Rücken zu schlafen bedeutete jedes Mal Erstickungsgefahr unter der Silikonlast, die verkleinerte Nase behinderte außerdem die Atmung. Gehen konnte sie nur ein paar hundert Meter, laufen gar nicht mehr. Dafür nahm sie die Psycho-Pille Tavor, ein Beruhigungsmittel. Auch nach der Obduktion war die Todesursache unklar. Atemstillstand, aber warum? Da es aber genug andere Damen gibt, die ebenfalls einige Kilo Kunststoff mit sich herumtragen, werden wahrscheinlich weitere gerichtsmedizinische Untersuchungen Gemeinsamkeiten erkennen lassen und den Mechanismus des Todes solcher »Barbie-Puppen« klären.
    Durch den Tod von Lolo Ferrari ist die menschliche Abnormitätenshow nicht ausgestorben. Dass eine Nachfrage des Publikums besteht, bewiesen die Kondolenzbekundungen auf ihrer Internet-Seite: »Wir werden deine Möpse vermissen.«

Schauspieler als Ärzte und Ärzte als Schauspieler
     
     
     
     
    Der gesunde Mensch hat täglich die Möglichkeit, dem Arzt seiner Bewunderung zu begegnen. Es vergeht nämlich kaum ein Tag ohne Auftritt eines Mediziners im Fernsehen. Entweder sind es Serien oder regelmäßige Auftritte in Lebenshilfemagazinen, die Personen werden daher schon als Bekannte begrüßt.
    Dadurch hat sich aber das Bild des Arztes in der Öffentlichkeit stark gewandelt. Zwei Entwicklungen sind dafür verantwortlich.

Ärzte spielen Ärzte
    Sowohl in Printmedien wie auch in Fernsehen und Radio läuft eine »Gesundheitsschiene«, worin alles Mögliche aus dem großen Gebiet der Medizin dargeboten wird. Spezialisten können befragt werden und geben Antwort - das ist nebenbei eine herrliche Reklamemöglichkeit, die geistlichen und weltlichen Kräuterkundigen kommen zu Wort - auch das ist für die Publicity nicht schlecht.
    Ärzte und Nicht-Ärzte geben Tipps für fast alle Lebenslagen - das schafft bei den Lesern eine medizinische Pseudobildung, die zur Selbstdiagnose
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