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Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin

Titel: Im Ruecken steckt das Messer - Geschichten aus der Gerichtsmedizin
Autoren: Hans Bankl
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zahlendem Publikum auf, preist den Dauerlauf an und erklärt, wie man Krankheiten vermeidet: »Wenn Sie laufen, werden Sie nicht krank.« Verstehen Sie das? Sie können nicht mehr krank werden. Das müsste man einmal den armen Aidskranken erzählen! Solche Aussagen könnten durchaus als verantwortungslos, zynisch und menschenverachtend gedeutet werden. Oder ist es so zu verstehen, dass einer sich nicht infizieren kann, während er läuft?
    Jedenfalls werden solche Gurus auf diese Weise berühmt und gehen in den allgemeinen Wortschatz ein. Hieß es früher »Kneippen Sie auch?«, so lautet es jetzt »Strunzen macht glücklich!«

Keine Chance für Chancengleichheit
    In der Medical Tribune 13 wurde folgendes Beispiel angeführt:
    Ein praktischer Arzt, jetzt Arzt für Allgemeinmedizin genannt,
hat einen von der Ärztekammer anerkannten Massagekurs absolviert und bietet diese Therapie in seiner Praxis an. Dieser Arzt hat seine Ordination im gleichen Ort, wo auch Professor Willi Dungl ansässig ist, der sich auch als Heilmasseur betätigt.
    Willi Dungl, präsent in vielen Medien, darf unbeschränkt etwa im Fernsehen Reklame für sich und seine Methoden machen, der promovierte und speziell ausgebildete Arzt jedoch nicht. Die Zahl nichtmedizinischer »Berater«, »Ernährungsspezialisten«, »Biotherapeuten« und ähnlicher Anbieter, bis hin zum »Kräuterpfarrer« wächst Jahr für Jahr. Ob sie nun einen Befähigungsnachweis haben oder nicht, lediglich geschäftstüchtig und sendungsbewusst sind - allen ist gemeinsam, sie dürfen Werbung machen.
    Den Ärzten indes ist die »Selbstanpreisung der eigenen Person… durch reklamehaftes Herausstellen in aufdringlicher, marktschreiender Weise« verboten.

Der Mordfall Marilyn Sheppard
     
     
     
     
    Dr. Sam Sheppard war Neurochirurg in Cleveland (Ohio), ein angesehener Arzt mit einer im Familienbesitz befindlichen Privatklinik. Seine attraktive Frau Marilyn erwartete ihr zweites Kind. In den frühen Morgenstunden des 4. Juli 1954, am Unabhängigkeitstag der USA, geschah dann ein Verbrechen.
    Die Aussage von Dr. Sheppard lautete: Er sei beim Fernsehen eingeschlafen, seine Frau habe im Schlafzimmer gelegen. Von ihren Hilfeschreien geweckt, rannte er die Treppe hinauf, wo er »einen weißen Mann« über Marilyns Bett gebeugt sah. Er stürzte sich auf den Eindringling, wurde aber niedergeschlagen. Als er wieder zu sich kam, war seine Frau tot. Wie sich später herausstellte, wurde sie durch über dreißig Schläge auf den Kopf mit einem schweren Gegenstand ermordet. Er hatte noch ein Geräusch gehört und einen flüchtigen Blick auf eine Person mit buschigen Haaren erhascht, die durch die Hintertüre aus dem Haus gelaufen war. Er hatte ihr nachgejagt und war nochmals bewusstlos geschlagen worden. Als er wieder erwacht war, hatte er Bekannte und die Polizei alamiert.
    So weit die Version des Arztes.
    Die Polizei jedoch verdächtigte den Arzt selbst als Täter. Es kam zu einer langwierigen Gerichtsverhandlung, zu Widersprüchen der Sachverständigen und einer Vorverurteilung durch die Presse. Ausschlaggebend war schließlich, dass Dr. Sheppard zugeben musste, mit der medizinisch-technischen Assistentin Susan Hayes ein jahrelanges Verhältnis gehabt zu haben. Der Prozess dauerte neun Wochen, die Geschworenen berieten fünf
Tage, dann wurde Dr. Sheppard des Mordes zweiten Grades für schuldig befunden und zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Nach zehn Jahren im Gefängnis wurde er 1964 bedingt entlassen und das Verfahren wieder aufgenommen. Dabei wurde er 1966 freigesprochen. Doch die Freiheit brachte kein Glück. Seine ärztliche Zulassung als Chirurg wurde eingezogen, er verwickelte sich in mehrere Frauenaffären und endete als schwerer Alkoholiker. Im April 1970 starb er an einem Leberleiden.
     
    Damit war einer der Aufsehen erregendsten Fälle der US-Kriminalgeschichte aber noch nicht zu Ende. Zunächst wurde die Story mit Harrison Ford in der Hauptrolle verfilmt. Unter dem Namen Dr. Richard Kimble schrieb man dem Arzt eine abenteuerliche Fluchtgeschichte in das Drehbuch, machte eine Fernsehserie daraus und den Kinofilm Auf der Flucht .
    Die Leiche von Dr. Sheppard wurde nach 27 Jahren exhumiert, um eine DNA-Untersuchung durchzuführen. Das hatte es zur Mordzeit noch nicht gegeben. Der Sohn klagte den Staat Ohio wegen »widerrechtlicher Inhaftierung« auf eine Schadenersatzsumme von rund 1,8 Mio. Euro. Verglichen wurde eine Blutspur vom Tatort mit dem genetischen Muster von Dr.
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