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Im Pfahlbau

Im Pfahlbau

Titel: Im Pfahlbau
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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Läppchen zwischen die Ränder der einzelnen Wunden. Das Blut hörte auf zu fließen. Matt lächelnd schaute der Verwundete dem Mädchen ins Gesicht. Was er mit goldenem Geschmeide hatte erreichen wollen, das war ihm in höchster Lebensgefahr geworden: Eva war ihm wieder gut! – Mit diesem Gedanken schlummerte Peter ein. Und Eva schob ihm sachte einen Armvoll Gras unter den Nacken und ließ ihn schlafen. Ehe sie wegging, um aus ihrer Pfahlhütte Verbandzeug zu holen, zündete sie ein Schutzfeuer an und befahl beiden Hunden, bei ihm zu bleiben.
    Bald kehrte sie zurück, bestrich weichgeklopften Buchenschwamm mit frischem Fichtenharz und legte die Lappen auf die Wunden. Dann stellte sie einen mitgebrachten Napf Milch auf drei Steine, machte Feuer darunter, rührte Schwadenschrot ein, kauerte sich zu Häupten des Schlafenden und lauschte seinen ruhigen Atemzügen. Als Eva den Breitopf vom Feuer nahm, ließen die Hunde vom Bären ab, an dessen Blut sie geleckt hatten, und setzten sich erwartungsvoll zu ihr. Eva aß langsam und achtete nicht auf diebettelnden Blicke der beiden. Als nur noch wenig vom Brei übrig war, ging Bläff die Geduld aus, laut kläffend verlangte sie ihren Teil am Mahle. Da schlug Peter die Augen auf und bat um Wasser. Eva schüttete den Rest ihres Breies den Hunden ins Gras, lief mit dem Napf zum Moorbachfall und brachte Wasser. Peter trank gierig und versuchte aufzustehen. Nur mit Evas Hilfe gelang es ihm. Von ihr um die Hüfte gefaßt, legte er schwankend den Weg zum Floß zurück. Und als sie ihn in seiner Wohnstube zu Bett gebracht hatte, fiel er in den tiefen Schlaf der Erschöpfung.
     

Versöhnung
    Als Peter erwachte, fand er sich auf seinem gewohnten Lager, bis zum Hals zugedeckt mit einer Bastmatte, die mit weichem Rehfell gefüttert und am Rande sauber umnäht war. Schwer lag sein Kopf auf einem Polster aus zusammengenähten Buchenschwammlappen. Das Morgenlicht fiel durch die offene Fensterluke in seine Stube, die ihm heute viel geräumiger erschien als sonst. Leuchtende Sonnenstäubchen tanzten im schrägen Strahlenbündel. Im warmen Lichtfleck auf dem Fußboden schlief die alte Einäugel und zuckte mit den Pfoten. Sie träumte wohl von fröhlicher Jagd. Mitten in der Stube lag Schnapp und nagte am Knorpelkopf eines Röhrenknochens.
    Langsam ließ Peter seine Blicke durch den Raum schweifen. Der Lehmboden war reingefegt, das Durcheinander seines Allerleis, über das er sonst ungerührt stolperte, war verschwunden. Hölzer, Steine, Metallklumpen, Scherben und Knochen lagen, Gleiches bei Gleichem, zu Haufen geordnet, an der Wand. Neben seinem Lager stand ein großer, rostfarbig glasierter Napf; und in der Ecke am Fußende seines Lagers lehnte sein Jagdgerät.
    Eva hatte hier aufgeräumt wie einst in der Wohnhöhle. Wo war sie? Er versuchte, sich auf den Ellbogen aufzurichten. Ein qualvolles Zerren und Spannen in den Oberarm- und Brustmuskeln ließ ihn stöhnend zurücksinken. Er war ja verwundet. Ja – der Bär hatte ihn unter sich gehabt. Da schob er trotz der Schmerzen, die ihm jede Bewegung verursachte, die Bastmatte von seiner Brust. Und da fand er sie beklebt mit Lappen aus Buchenschwamm, die nach Fichtenharz dufteten. Matt schloß er die Augen und lauschte dem leisen Schlag der Wellen, die ein sanfter Wind gegen die Pfähle der Hütte trieb. Wie hatte Eva ihn nurheimgeschafft? Seine Gedanken verwirrten sich, er schlief wieder ein, und im Traume sah er sie hochaufgerichtet am Vorderende des Floßes stehen und fühlte sich sanft gewiegt vom ab und auf wippenden Floß.
    In Wirklichkeit kniete Eva am Kopfende seines Lagers. Mit angehaltenem Atem hatte sie das Erwachen und Wiedereinschlummern des Verwundeten beobachtet. Jetzt schlich sie auf den Zehenspitzen aus dem Raum, melkte die Ziege und näherte sich wieder dem Lager des Kranken. Lautlos stellte sie die Milchschüssel auf den Boden und kniete am Kopfende nieder. Erst wollte sie abwarten, bis Peter wieder erwachte, als er aber im Schlaf unruhig wurde und, mit schwerer Zunge lallend, angstvoll ihren Namen rief, da beugte sie sich über ihn und strich ihm die langen schwarzen Haare aus der Stirn. Ein Zittern lief über den Körper des Schlafenden, seine Augenlider flatterten, alswollten sie sich öffnen, dann wurde er wieder ruhig. Geduldig kauerte Eva neben dem Lager des Träumenden. An der Genesung des Verwundeten zweifelte sie nicht. Als sie eine Fliege verjagte, die sich auf Peters Stirn niedergelassen hatte, versuchte er von
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