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Im Papierschiff bis nach Irland (German Edition)

Im Papierschiff bis nach Irland (German Edition)

Titel: Im Papierschiff bis nach Irland (German Edition)
Autoren: Gabriele Kowitz
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einem
Augenblick des Schweigens folgt noch ein kurzer Einwand: „Die Lehrerin hat aber
nicht unbedingt Schimpfwörter gemeint, sondern hat erklärt, dass man g … nur
nachts im Wandschrank sagen darf“, bemerkt meine Tochter (G …, Sie wissen
schon, so wie in der Werbung „Geiz ist g …“). „Was soll ich denn dafür sagen?“,
will sie wissen.
    „Wandschrank!“,
tönt es aus aller Munde gleichzeitig.

Der Schweinehund
    Früh am
Morgen bin ich, ich erwähnte es bereits, nicht zu gebrauchen. Ob es der beste
aller Ehemänner ist, der mich anspricht oder die liebsten aller Kinder –
vollkommen gleichgültig, morgens ist bei mir alle Mühe vergebens. Das hat absolut
nicht damit zu tun, ob ich am Abend zuvor frühzeitig schlafen ging oder ob ich
unausgeschlafen bin, nein. Ich brauche meine gemütliche, lange Weile, bis ich
aus dem Quark komme und gute Laune entwickeln kann. Klingelt vorher das
Telefon, muss sich der Anrufer auf eine Ansage wie "wer stört?" oder
ähnlich vorbereiten. Entschuldigend möchte ich erklären, dass mich diese beiden
Worte bereits eine Überwindung kosten, denn eigentlich wäre mir maximal nach einem
Brummen oder Knurren zu Mute. Auch unser Kater weiß längst, dass er mir besser
nicht vor die Füße läuft, wenn ich noch nicht geduscht bin, meine Brille auf
der Nase und mein Frühstück hinter mir habe. Alle wissen Bescheid, dass mit mir
weder gut Kirschen essen ist noch trefflich gestritten werden kann. Alle halten
sich daran. Nur einer nicht: Da gibt es noch so ein blödes Haustier ... Es
grinst immer so frech. Und lästern kann es. Es ist allgegenwärtig, folgt mir
auf Schritt und Tritt. Ich kann mich drehen und wenden wohin ich will, es ist immer
schon da und grinst, funkelt mit den Augen, lacht höhnisch, kritisiert
spöttelnd an mir herum. Wie ein unüberwindliches Hindernis steht es vor mir.
Kaum hole ich Luft, um es zu beschimpfen, dass es verschwinden möge, hält es
sich die Ohren zu. Kaum hebe ich meinen Fuß, um über es hinweg zu steigen,
hüpft es ein kleines Stückchen zur Seite. Aber nur ein kleines Stückchen.
Anschließend positioniert es sich sogleich wieder mit dem bewussten breiten
Grinsen akkurat im Gesicht. Es ärgert mich den ganzen Tag und gibt selbst am
Abend keinen Frieden. Oft hockt es noch beim Einschlafen auf meinem Kopfkissen
und flüstert gemeine Worte in mein Ohr.
    Freilich
drängt sich unwillkürlich die Frage auf, warum ich dieses Tier nicht einfach
aus dem Haus schmeiße. Einverstanden – aber so einfach ist das nicht. Mein
ungeliebtes Haustier, es heißt übrigens Schweinehund, ist extrem anhänglich und
treu. Heute zum Beispiel: Es ist ein wunderbarer, sonnig leuchtender Herbsttag.
Ich stehe vor meinem Kleiderschrank, noch unschlüssig, was ich anziehen möchte.
Da hockt er, der Schweinehund, zerwühlt meine Pullover, vertauscht meine
Socken, wirft mit Handtüchern und Waschlappen um sich, springt von einem Bügel
zum nächsten und lacht schier endlos, als ich meine Lieblingsjeans nicht finden
kann. "Na warte, dich kriege ich. Heute ist es soweit!", denke ich
mir und ziehe schnell irgendetwas an. Wild entschlossen verkünde ich meinem
Mann, dass der Tag des Kleiderschrank-Aufräumens heute gekommen sei. Er guckt
mich schräg an, stöhnt kurz, macht sich dann aber tapfer mit mir auf zum großen
Sprung, den Schweinehund zu überwinden. Das Hemd mit dem verschlissenen Kragen –
in den blauen Sack. Der Pullover mit dem Fleck, der sich nicht mehr rauswaschen
lässt – in den blauen Sack. Das viel zu enge T-Shirt – in den blauen Sack. Die
Jacke, die schon mehr als zwanzig Jahre auf dem Buckel hat, die schon lange
nicht mehr getragen wird – in den blauen Sack. Alle Unterhosen werden
ordentlich aufgefaltet und gestapelt, die Socken paarweise zusammengerollt.
Komisch, dass alle sich zu Pärchen zusammenfinden – wenn sie aus der
Waschmaschine kommen, sind sie nur allzu oft Einzelgänger. Die verbliebenen
Pullover und T-Shirts werden ordentlich gefaltet und liegen in Reih und Glied
im Schrank. Die Oberhemden hängen akkurat auf Bügeln, der obere Knopf zu, damit
sie nicht wieder in Schräglage kommen können. Alle leeren Bügel raus aus dem
Schrank, das schafft mehr Luft auf der Kleiderstange. Nach einer guten halben
Stunde bieten auch die Hosen, Anzüge und Krawatten einen erfreulichen Anblick.
"Na, lieber Schweinehund", grinse ich stumm, "wo bist du geblieben?"
Zufrieden schließen mein Mann und ich die beiden Türen seines Schrankes. Da
erkenne
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