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Im Palazzo sueßer Geheimnisse

Im Palazzo sueßer Geheimnisse

Titel: Im Palazzo sueßer Geheimnisse
Autoren: Lee Wilkinson
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doch …“, sie zögerte unsicher, „… eher zur Gattung Geier gehören.“
    Micheles Sinn für Humor verfluchend versicherte Lucy ihr schnell: „Schon gut, das sollte nur ein Scherz sein.“
    „Ach.“ Rosa sah erleichtert aus.
    Die Haushälterin ging, und Lucy wollte das Tablett gerade beiseite schieben, als ihr der appetitliche Duft von gegrilltem Rindfleisch mit Peperoni und Tomaten in die Nase stieg. Sie hätte nicht gedacht, nach all der Aufregung überhaupt etwas hinunterzubekommen, aber nun stand es so verlockend vor ihr, und sie ließ es sich schmecken.
    Sowie sie aufgegessen hatte, begann sie – nicht ohne Rührung – mit dem zweiten Tagebuch, danach mit dem dritten. Als junges Mädchen schrieb ihre Mutter:
Obwohl er ein vermögender Mann ist und aus einer angesehenen Familie stammt – während ich eine arme Kirchenmaus bin –, liebt Lorenzo mich von Herzen. Aber es ist zu spät. Er ist schon verheiratet und wird niemals seine Frau und seinen Sohn verlassen. Deshalb ist es besser, ich gehe. Bliebe ich, wäre die Versuchung, zusammen zu sein, zu groß.
    Und ungefähr einen Monat später:
Die Wingfields kehren nach England zurück und haben mich gefragt, ob ich sie begleiten will. Das muss der Ausweg sein, nach dem ich gesucht habe.
    Es folgten einige Tage mit unbeschriebenen Seiten, an denen der Herzschmerz vielleicht zu groß gewesen war, ehe ihre Mutter weiterschrieb:
Wir reisen morgen nach England. Lorenzo und ich haben uns voneinander verabschiedet. Ich habe ihm versprochen, mir eine neue Existenz aufzubauen und die Vergangenheit zu vergessen.
Er gab mir die Hälfte einer Agraffe, die dem Löwen von Venedig gehörte. Die andere Hälfte behielt er. Er sagte, dass ihn mit mir auch sein Glück verließe und … Es ist sinnlos, ich kann nicht mehr schreiben … Ich liebe ihn. Ich liebe ihn so. Oh, wie soll ich nur ohne ihn leben? Aber irgendwie muss ich es.“
    Lucy legte das Tagebuch hin und wischte ihre Tränen ab.
    Also war es kein Zufall. Der Clip in ihrer Schmuckschatulle war die eine Hälfte der Agraffe des Dogen.
    Sie musste es Michele sagen. Am besten jetzt gleich!
    Lucy sprang auf, griff sich die Tagebücher, steckte den Clip in die Tasche ihres Kleides und lief so schnell sie es sich traute nach unten.
    Michele schaute über den Canal Grande, und Cas und Poll saßen auf seinem Schoß. Er blickte auf, blieb jedoch, wo er war, und ließ sich nichts von seinem Gesicht ablesen.
    Die Katzen sprangen auf den Boden und tapsten zu ihr. Lucy bückte sich, um beide erst zu begrüßen, ehe sie sich neben Michele auf die Couch setzte. „Bist du noch böse auf mich, weil ich dir das mit Paul vorgeworfen habe? Es tut mir so leid“, sagte sie leise.
    Er wandte sich ihr zu, hob ihre Hand an seinen Mund und drückte einen Kuss darauf. „Es muss dir nicht leidtun.“
    Erleichtert strahlte Lucy ihn an. „Das hier wollte ich dir zeigen.“ Sie gab ihm die Tagebücher. „Bitte, lies. Mamma hätte sicher nichts dagegen.“
    Schweigend schaute er sie sich an. Als er zu der Stelle mit dem Clip kam, sog er scharf den Atem ein, ehe er sich wieder über das Buch beugte.
    Nachdem er alles gelesen hatte, schlug er das letzte fast andächtig zu und gab es Lucy zurück. „Danke, cara . Ich habe mich immer gefragt, wo die andere Hälfte der Agraffe geblieben ist.“
    „Mamma hat sie stets gehegt, aber nie eine Andeutung gemacht, woher sie stammt.“ Lucy holte den Clip aus ihrer Tasche, gab ihn Michele und merkte, wie die Gefühle in ihm aufwallten.
    Paul hatte sich gründlich geirrt, als er Michele kalt und herzlos nannte. Er war alles andere als das.
    Michele stand auf, knipste das Licht an, um in der Dämmerung besser sehen zu können, und ging in sein Arbeitszimmer. Schon nach ein, zwei Momenten war er zurück und hielt die vollständige Schließe in der Hand.
    „Ein goldener Löwe und ein weißes Einhorn vor blauem Hintergrund waren auf dem Wappen meines ersten Namensvetters“, sagte er und setzte sich wieder neben Lucy. „Der Löwe stand für seine Macht und seine Stärke. Das Einhorn für das Glück, das Lucia ihm brachte. Er ließ die Agraffe extra aus zwei Teilen anfertigen. Als er und Lucia heirateten, wurden beide Hälften durch die Krone vereint. Diesen Brauch behielt man bei, und jedes Mal, wenn sich ein liebendes Paar fand, wurden beide Hälften bei der Hochzeit mit der Krone aneinandergefügt.“ Er hielt inne und sah zu Lucy. „Ich weiß nicht, ob du es bemerkt hast, aber der Doge trägt die
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