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Im Palazzo sueßer Geheimnisse

Im Palazzo sueßer Geheimnisse

Titel: Im Palazzo sueßer Geheimnisse
Autoren: Lee Wilkinson
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ließ Lucy ihre Blicke über den Strom der Passanten schweifen, der an ihr vorbeifloss, als ihr Blick auf einen Mann fiel, der etwas abseits stand. Er hatte dunkle Haare, breite Schultern, schmale Hüften und war groß. So groß, dass er fast alle anderen überragte. Und trotz seiner modernen Kleidung wirkte er mit seinen markanten Gesichtszügen wie aus einem Gemälde der Renaissance entsprungen.
    Als er in ihre Richtung blickte, sah sie zum ersten Mal seine Augen. Überrascht stellte sie fest, dass diese nicht dunkel, sondern silbergrau waren.
    Wie gebannt schaute sie ihn an und erstarrte. Ihr Gehirn signalisierte ihr, dass es unmöglich war, aber ihr Gefühl widersprach. Konnte es sein?
    Unvermittelt begann sie zu zittern und senkte den Blick. Lange allerdings hielt sie es nicht durch. Wie magisch angezogen, musste sie wieder zu ihm hinsehen. Doch er war schon fort. Lucy hatte das Gefühl, einen Verlust erlitten zu haben.
    War es nicht ungeheuerlich, dass ein Fremder eine so heftige Reaktion bei ihr auslösen konnte?
    Um sich selbst zu beruhigen, betrachtete sie ihren Verlobungsring mit dem Diamanten, ehe sie weiterging.
    Am Bootsanleger angekommen, schaute sie über den Canal Grande, der viel breiter war, als sie ihn sich vorgestellt hatte. Unzählige Wassertaxis schaukelten dort neben Vaporetti , Motorbooten mit Gemüsekisten und Gondeln. Und beidseits der Ufer standen barocke Kirchen, verzierte Marmorpaläste und wunderschöne alte Häuser.
    Das startklare Vaporetto hupte, und wenig später stand Lucy bereits an der Reling, ließ sich vom Fahrtwind ihre Wangen kühlen und blinzelte in die Sonne, die auf dem Wasser glitzerte und mit ihrem Farbenspiel eine Heiterkeit verbreitete, die auch auf sie übergriff und sie ihre Reise über den vielbefahrenen Kanal mit allen Sinnen genießen ließ.
    Ob es noch weit ist bis zum Hotel?, fragte Lucy sich, als sie die berühmteste Brücke der Stadt, die Ponte di Rialto, mit ihren beiden Ladenzeilen passierten. Gerade wollte sie die Wegbeschreibung aus ihrer Tasche holen, da steuerten sie schon die Haltestelle Sant’ Angelo an, und Lucy reihte sich mit den anderen Passagieren, die aussteigen wollten, in die Warteschlange ein. Im Gedränge auf der Gangway nahm sie flüchtig einen großen dunkelhaarigen Mann wahr – und war wie elektrisiert.
    Verwirrt machte sie einen falschen Schritt und stolperte. Als sie sich wieder gefangen hatte und sich umsah, war er – wenn er es wirklich war – fort. Ohne zu wissen, warum, fühlte sie sich enttäuscht.
    Nur wenige Gehminuten vom Anleger entfernt, lag das Trevi an einem ruhigen Seitenkanal. Auf den ersten Blick wirkte der Stuckbau mit seinem abblätternden Fassadenputz und seinen Fensterläden aus Holz wie ein verwaistes Fabrikgebäude.
    Leicht ernüchtert blickte Lucy auf die schweren Eingangstüren aus Rauchglas. Aber einmal in der Lobby, wurde sie angenehm überrascht: Fußboden und Treppen waren aus exquisitem Marmor, und Kristalllüster schenkten luxuriösen Glanz.
    Weiter staunend ging Lucy zur Rezeption und sah das Ehepaar Cook im Gespräch mit dem Angestellten. Der glatzköpfige Mann versuchte offenbar, den beiden Amerikanern etwas auf Italienisch zu erklären.
    „Kann ich helfen?“
    „Hoffentlich!“ Halb verzweifelt trocknete sich Walt die Stirn mit einem großen bunten Taschentuch. „ Damned , könnte ich nur verstehen, was er sagt.“
    Höflich lächelnd wandte sich Lucy an den Rezeptionisten und teilte ihm mit, dass sie Italienisch sprach.
    Der Mann bedachte sie mit einem erleichterten Lächeln und erklärte ihr alles in einem Wortschwall.
    „Es liegt eine Doppelbuchung vor“, übersetzte sie. „Ihr Zimmer mit Bad ist belegt. Als Ersatz bietet man Ihnen eins mit Etagendusche.“
    Notgedrungen stimmte das Paar zu. Walt bedankte sich bei Lucy und fragte: „Woher können Sie so gut Italienisch?“
    „Meine Mutter war Italienerin.“
    „Also, das hätte ich jetzt nicht gedacht“, rief Dolly aus. „Wo Sie einen so hellen Teint haben und helle Augen … Obwohl Ihr Haar ja recht dunkel ist. Sicher ist dann Ihr Vater Engländer, oder?“
    „Ja. Obwohl ich mehr meiner Mutter ähnele. Mamma wurde gar nicht weit von hier in Mestre geboren“, erklärte Lucy, verabschiedete sich und kümmerte sich um ihre eigene Hotelreservierung.
    Wenig später schon musterte sie neugierig ihr Domizil: ein helles Zimmer mit Terrazzofliesen und Blick zum Kanal. Sie ging zum Fenster und schaute hinaus.
    Die Abendsonne ließ das grünliche
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