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Im Palazzo sueßer Geheimnisse

Im Palazzo sueßer Geheimnisse

Titel: Im Palazzo sueßer Geheimnisse
Autoren: Lee Wilkinson
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Michele Lorenzos verächtlich verzogen. Fand er es ungehörig, dass sie ihre Verlobung einfach so abtat?
    „Waren Sie vorher schon einmal verlobt?“
    Kann er nicht aufhören, mich so kalt anzusehen?, dachte Lucy entnervt, fragte aber nur: „Warum … wollen Sie das wissen?
    „Waren Sie es?“
    „Nein“, log sie. Diesem grimmig blickenden Mann konnte sie ihre Jugendsünde unmöglich gestehen.
    Ein, zwei Sekunden herrschte eine seltsam angespannte Stille, bis er unvermittelt das Thema wechselte. „Es ist sehr spät geworden“, sagte er und bot ihr höflich, aber kühl an: „Gestatten Sie, dass ich Sie zu Ihrem Hotel zurückbringe?“
    „Das wäre nett!“
    Sie wollten aufbrechen, als eine schrille Stimme rief: „Nein, sieh mal, wer da ist …“
    Dolly Cook, ihren Ehemann im Schlepptau, stürmte auf sie zu und strahlte Lucy an: „Bestimmt haben Sie auch die Sehenswürdigkeiten abgeklappert, was? Eben noch sagte ich zu Walt, wir sollten uns um ein Wassertaxi für die Rückfahrt kümmern.“ Neugierig musterte sie den großen dunkelhaarigen Mann neben Lucy.
    Gut erzogen, wie sie war, stellte Lucy alle einander vor und ergänzte: „Mr. und Mrs. Cook wohnen im selben Hotel wie ich.“
    Plötzlich ganz Italiener, deutete Michele Lorenzo dem amerikanischen Paar eine Verbeugung an. „ Signore, Signora … ich hoffe, Sie haben einen angenehmen Aufenthalt in Venedig. Buena notte .“ Zu Lucy gewandt sagte er: „Sie kommen ja nun ohne meine Hilfe zurecht, Miss Weston. Erlauben Sie mir, dass ich auch Ihnen eine gute Nacht wünsche.“ Damit ging er.
    Lucy war wie erstarrt. Wie gern hätte sie ihn festgehalten, aber das verbot ihr Stolz. Irgendwie leer und mit allem hadernd, verspürte sie wieder – wie auf der Piazzale Roma – das Gefühl eines Verlustes.
    Durchaus mitfühlend rief Dolly: „Hoffentlich haben wir jetzt nichts zerschlagen.“
    „Aber nein.“ Lucy schaffte es, sich ein Lächeln abzuringen.
    Dolly seufzte. „Was für ein toller Mann! Kennen Sie ihn schon lange?“
    Lucy schüttelte den Kopf. „Wir sind uns zufällig begegnet. Dummerweise habe ich mich auf dem Rückweg zum Hotel verlaufen, und Signor Lorenzo bot mir seine Hilfe an.“ Um das Gespräch auf ein unverfänglicheres Thema zu lenken, sagte sie: „Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir jetzt zusammen zurückfahren?“
    Wenig später stand Lucy vor ihrem Hotelzimmer und wollte gerade mit ihrer Codekarte aufschließen, als sie bemerkte, dass die Tür einen Spalt offen stand.
    Merkwürdig. Sie hätte schwören können, dass sie diese zugezogen hatte.
    Verwundert ging sie hinein und schaute sich um. Alles schien an seinem Platz.
    Nein, nicht ganz. Die gestreifte Bluse hatte nicht oben auf ihrem Koffer gelegen.
    Nach einer raschen Kontrolle ihrer Sachen stellte Lucy fest, dass jemand sie zwar durchsucht, aber nichts davon mitgenommen hatte. Es fehlte nichts. Weder das Medaillon, das ihre Tante ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, noch ihr goldenes Armband, ihre Ohrringe, und – wie sie aufatmend feststellte – auch das Schmuckstück ihrer Mutter lag in der Sandelholzschatulle.
    Der eigenartige Clip war der kostbarste Schatz ihrer Sammlung, und Lucy liebte ihn sehr. Er hatte eine rechteckige Form, an einer Seite waren die Kanten abgerundet, an der anderen nicht.
    Vor dem blauen Hintergrund dieser ebenso ungewöhnlichen wie exquisiten Goldschmiedearbeit stand ein weißes Einhorn. Das Besondere an ihm war, dass es statt eines Horns einen goldenen Pfeil aufwies, der gen Himmel zeigte.
    Da ein Dieb so etwas Wertvolles sicher eingesteckt hätte, musste es jemand anders gewesen sein, der ihre Sachen durchsucht hatte. Aber wer?
    Das Zimmermädchen? Im Bad lagen frische Handtücher.
    Lucy erschien das die plausibelste Erklärung. Einigermaßen beruhigt, putzte sie sich die Zähne und ging ins Bett. Sie streifte ihren Verlobungsring vom Finger und legte ihn seufzend auf den Nachttisch.
    Zwar hatte sie Paul nach seinem Heiratsantrag einige Monate hinhalten können, aber schließlich hatte sie kurz vor ihrer Abreise doch noch Ja gesagt.
    Im Endeffekt aber nur deshalb, weil sie sechs Wochen oder länger weg sein würde und Paul vorher auf eine Entscheidung gedrungen hatte.
    Doch vielleicht hätte sie mehr auf ihre Tante Maureen hören sollen …
    Maureen Weston war eine kluge Frau, die sagte, was sie dachte. Und sie war eine Menschenkennerin. Nach dem Tod ihres Bruders – Lucys Vater – hatte sie seine Londoner Kunstgalerie zusammen mit ihrer
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