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Im Netz der Meister (German Edition)

Im Netz der Meister (German Edition)

Titel: Im Netz der Meister (German Edition)
Autoren: Carla Berling
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und das im September.
    Zeit verging, sie wusste nicht, wie viel.
    Kein Laut drang in den dunklen Raum. War Rule nebenan und würde gleich zurückkommen? Oder ließ er sie einfach hier hängen?
    Bei dem Gedanken daran, dass er sie in dieser Wohnung allein gelassen hatte, sie womöglich eingeschlossen war und sich nicht aus den Ketten befreien konnte, wurde Simone siedend heiß.
    Ich bin aber auch zu blöd. Wenigstens hätte ich mich covern lassen sollen. Wenn der Typ abgehauen ist, hab ich schlechte Karten. Dann muss ich um Hilfe schreien, bis mich jemand in diesem Aufzug hier findet.
    Sie lachte auf, als sie sich eine Bild-Zeitungs-Schlagzeile vorstellte: »Perverse Bonner Buchhändlerin aus Ketten und Korsett befreit«.
    Immer auf der Jagd nach dem letzten Megakick und jetzt hänge ich hier. Scheiße.
    Die Tür öffnete sich fast lautlos.
    Rules Silhouette wirkte mächtig. Ruhig und bestimmt kam er auf sie zu. In seiner Hand hielt er eine Lederpeitsche.
    Simone stockte bei dem Anblick der Atem.
    Wortlos trat er hinter sie, ließ die Peitsche auf ihren Arsch sausen, so fest, dass Simone aufschrie vor Schmerz und Schreck. Noch einmal, zweimal, fünfmal, zehnmal.
    Schweigend verließ Rule den Raum und schloss die Tür.
    Simone keuchte, zu überraschend war dieser Auftritt gewesen. Was war denn das für eine Nummer? War der verrückt geworden?
    Es dauerte, bis sie wieder ruhig atmen konnte und das schmerzhafte Brennen ihrer Haut ein wenig nachließ.
    Sie lauschte. Nichts war zu hören. Wo war er? Was tat er? Würde er jetzt immer wieder ins Zimmer kommen, sie zehn Mal schlagen und stumm wieder hinausgehen?
    Was für eine Session sollte das werden?
    Rules sichere Art und sein Schweigen erinnerten sie an Mark. Aber das war eine andere Geschichte, daran wollte sie jetzt nicht denken.
    Der lässt sich wirklich Zeit .
    Sie drehte den Kopf ein wenig und beobachtete die Flammen der Kerzen. Ihre Handgelenke schmerzten und die hohen Schuhe drückten ihre Zehen zusammen. Sie versuchte, so entspannt wie möglich zu stehen, um die Position auszuhalten.
    Sie war ihm total ausgeliefert. Wie hatte das passieren können? Hatte sie das wirklich gewollt? Hatte sie es so gewollt?
    Nur ein Tag war es gewesen, ein profaner Zufall, der ihr Leben völlig verändert hatte. Nichts war danach mehr so, wie es einmal war. Simone ließ die Anfänge ihres neuen Lebens Revue passieren.
    Nebenan saß ein Mann in schwarzer Lederkleidung auf dem Rand der Badewanne. In der einen Hand hielt er eine Lederpeitsche, in der anderen eine schwarze Maske. Seine Haare waren zerzaust und verschwitzt, und über sein Gesicht liefen Tränen .

Hals über Kopf

    Vordergründig hatte sich alles durch einen Zufall ergeben. Simone hatte damals am Computer in ihrer kleinen Buchhandlung gesessen und etwas im Internet gesucht, ein bestimmtes Buch, eine Information für einen Kunden, sie wusste später nicht mehr, was es gewesen war.
    Als die Mädchen aus dem Gröbsten raus waren, hatte sie sich ihren Traum erfüllt und in der Bonner Altstadt »Simones Bücherecke« eröffnet. Sie bot überwiegend Taschenbücher an, Frauenliteratur, Belletristik, Lyrik, Koch- und Kinderbücher. Simone war gern in ihrem Lädchen, es war ihr eigenes Reich, das sie stolz hegte und pflegte. Der Verkaufsraum war hell gestrichen, die Bücher standen in modernen Kieferregalen, es gab eine gemütliche Sitzecke, in der die Kunden bei einer Tasse Kaffee in den Büchern stöbern konnten. Zu zahlreichen Stammkunden hatte Simone ein fast freundschaftliches Verhältnis. Ebenso wie zu ihrer Mitarbeiterin Karin Köhr: Die beiden Frauen mochten dieselben Bücher, hatten ein gemeinsames Faible für Gedichte und waren fast gleich alt. Karin sprang immer dann ein, wenn Simone etwas zu erledigen hatte, einen freien Tag brauchte oder im Urlaub war.
    »Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen soll«, hatte sie damals oft zu Karin gesagt. Karin war zweimal geschieden, drei ihrer vier Kinder waren inzwischen fast erwachsen.
    An diesem Vormittag, an dem alles begann, suchte Simone also irgendwas im Internet. Ein oder zwei falsche Klicks, versehentlich, und sie geriet zufällig als Gast in einen offenen Flirt-Chat. Simone hatte noch nie zuvor gechattet, sie kannte das Procedere solcher Kommunikation gar nicht, und sie wäre wohl auch nie auf die Idee gekommen, »so etwas« zu versuchen. Die Plaudereien, deren Leserin sie an diesem Tag ungewollt wurde, empfand sie als unfassbar und witzig zugleich: Da warf ein
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