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Im Netz der Meister (German Edition)

Im Netz der Meister (German Edition)

Titel: Im Netz der Meister (German Edition)
Autoren: Carla Berling
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die Ausprägung seiner Neigungen nicht im Unklaren gelassen. Und sie war gekommen, trotz all ihrer Erfahrung.
    Er packte Simone mit beiden Händen an den Oberarmen und schob sie in die Mitte des Zimmers. Sie zuckte zusammen, als sie das Leder seiner Handschuhe auf der Haut spürte. Er schob sie unter die Haken an der Zimmerdecke; vor ihrem Gesicht schwangen die Ketten leicht hin und her. Sie atmete tief ein und aus. Ihr Puls ging nun schneller, das scharfe Kribbeln im Bauch war da, endlich, endlich wieder.
    Er strich über ihre Haare. Einen Moment lang ließ er die Hand an ihrer Wange und sie war versucht, sich anzuschmiegen. Aber nein, das wäre zu vertraulich, zu aufdringlich, zu früh ...
    Wieder lächelte Simone ihn an. Wann würde er die Maske abnehmen? Wie sah er aus? Und wie würde seine Stimme klingen? Sie hatten vorher nie miteinander telefoniert.
    Was hatte er vor? Wie würde er anfangen?
    Er drehte sich um und verließ das Zimmer. Simone wagte nicht, sich zu bewegen, zu aufregend war die Situation. Reglos blieb sie stehen, nicht mal den Kopf bewegte sie, um sich noch einmal im Zimmer umzusehen.
    Nur einen Moment später kam er zurück und legte ihr breite Ledermanschetten um ihre Hand- und Fußgelenke. Sie zitterte ein wenig.
    Rule nahm ihre linke Hand und befestigte die Lederfesseln an einer der Ketten. Dann die andere Hand, dieselbe Prozedur.
    Sie spürte seinen Atem an ihrem Hals. Simone wusste, welches Bild sich dem Mann in schwarzem Leder nun bot: eine schlanke Frau, halb nackt in hohen Schuhen, deren hoch ausgestreckte Arme über ihrem Kopf angekettet waren.
    Rule stieß mit seinen schweren Stiefeln an die Innenseiten ihrer Pumps. Ja. Sie verstand. Sie sollte die Beine spreizen. Simone folgte dem stummen Befehl.
    Ja. Noch weiter.
    Eine Metallstange lehnte an der Wand gegenüber. Eine Spreizstange, dachte Simone, der Bursche wollte das volle Programm. Rule hockte sich vor sie und befestigte ihre Fußfesseln an den Enden der Stange. Dann stand er auf, sehr langsam. Wie ein Phantom, eine unwirkliche Figur, sah er in seiner Lederkluft aus; die Situation erschien Simone irreal und traumhaft.
    Mit schweren, bedächtig wirkenden Schritten ging er um sie herum, betrachtete sie von allen Seiten. Sie suchte seinen Blick, wollte kommunizieren, ihm Zeichen geben, seine Zeichen lesen.
    Wann würde er endlich beginnen? Hatte er keine Peitsche? Keine Gerte, keinen Rohrstock? Sie konnte nichts dergleichen sehen.
    »Du wirst alles bekommen, was du brauchst, Chatterley«, hatte er ihr geschrieben. Wusste er wirklich, was sie brauchte?
    Wie lange gab es diesen neuen Kontakt? Seit zwei, drei Wochen? Simone erinnerte sich nicht genau daran, wann sie zum ersten Mal Mails getauscht hatten, aber sie erinnerte sich noch an den ersten Satz, den er ihr geschrieben hatte: »Guten Tag, Chatterley. Es ist die Zeit für ein Gespräch. Rule.«
    Es war ihr erstes Blind Date. Sie wollte es wagen, einen ihr absolut unbekannten Mann in einer fremden Wohnung zu treffen, ohne Sicherheiten, ohne jemandem gesagt zu haben, wo sie war, ohne ein Safe-Wort vereinbart zu haben, und sie wollte damit einverstanden sein, dass er sie fesselte und sie sich ihm auslieferte.
    »Du wirst dich in meine Hände begeben, mir absolut zu Willen sein, und das wirst du so genießen, wie du nie zuvor genossen hast«, hatte er geschrieben.
    Als er ihr mit behandschuhter Hand erneut über den Rücken strich, bekam sie Gänsehaut. Er stand ganz nah hinter ihr, ein Finger nur, der ihr nun vom Nacken die Wirbelsäule herunter fuhr, bedächtig, zärtlich fast. Simone seufzte.
    Unvermittelt ging er aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Er wollte sie schmoren lassen, Spannung erzeugen.
    Okay , dachte Simone lächelnd, ich habe noch mehr als vier Stunden Zeit, ich kann warten.
    Vereinbart war ein Treffen von zehn Uhr morgens bis nachmittags um drei, um vier musste sie spätestens wieder im Laden sein. Hoffentlich würde er sich daran halten.
    Simone bewegte sich ein wenig, die Schuhe drückten, und sie hätte sich gern gesetzt.
    Als sie die Arme streckte, erklang das diskrete Geräusch der Ketten, ein leichtes, elegantes Klirren, der dicke schwarze Teppich schien jeden weiteren Laut zu dämpfen.
    Im Licht der Kerzen konnte sie die Tür erkennen. An der gegenüberliegenden Wand hingen bodenlange Vorhänge und verdeckten offensichtlich das einzige Fenster. Es war warm im Zimmer, Simone spürte, dass sich Schweißperlen auf ihrem Nacken bildeten. So eine Hitze,
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